Wann ist ALG 1 zu wenig?

Raus aus der Arbeitslosigkeit, rein in den neuen Job – das klingt gut. Doch was tun, wenn die Stelle deutlich schlechter bezahlt ist als Deine Tätigkeit zuvor? Bietet der neue Arbeitgeber Perspektiven, solltest Du ernsthaft darüber nachdenken. Und wenn die Firma doch nicht die richtige ist und Du wieder arbeitslos wirst? Bekommst Du dann weniger Geld von der Agentur für Arbeit als zuvor? Nicht unbedingt, denn es gibt einen Bestandsschutz.

Was bedeutet Bestandsschutz beim ALG 1?

Wieviel Ar­beits­lo­sen­geld Du bekommst, richtet sich nach Deinem Brutto-Gehalt der vergangenen zwölf Monate vor der Arbeitslosigkeit – das ist der Bemessungszeitraum (§ 150 SGB III). Daraus leitet sich Dein Bemessungsentgelt ab – das ist das durchschnittlich auf einen Tag entfallende Gehalt, das Du in den letzten zwölf Monaten bekommen hast (§ 151 SGB III).

Je höher Dein Gehalt in den letzten zwölf Monaten war, desto mehr Ar­beits­lo­sen­geld steht Dir zu. Hast Du weniger verdient, verringert sich auch die Höhe der Leistung. Das ist eine Grundregel. Es gibt allerdings eine wichtige Ausnahme: der Bestandsschutz (§ 151 Abs. 4 SGB III).

Verlierst Du Deine Arbeit und hast innerhalb der letzten zwei Jahre schon einmal Ar­beits­lo­sen­geld bezogen, steht Dir mindestens das Ar­beits­lo­sen­geld in der bereits bewilligten Höhe zu. Bestandsschutz beim Ar­beits­lo­sen­geld bedeutet für Dich dementsprechend, dass Du die Arbeitslosigkeit auch durch eine schlechter bezahlte Beschäftigung beenden kannst, ohne dass Du befürchten musst, bei einem erneuten Jobverlust weniger Ar­beits­lo­sen­geld zu bekommen. Du kannst also durch eine neue Stelle die Höhe Deines Leistungsanspruchs verbessern, aber nicht verschlechtern – egal, wie wenig Du in den letzten zwei Jahren verdient hast.

Ist das Bestandsschutzentgelt für Dich günstiger, berechnet sich dementsprechend Dein Ar­beits­lo­sen­geld. Bei der Berechnung wird dann gerade nicht auf Dein durchschnittliches Gehalt in den letzten zwölf Monaten abgestellt.

Welche Voraussetzungen gelten für Bestandsschutz?

Um Dich auf den Bestandsschutz berufen zu können, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Du musst arbeitslos sein (§ 138 SGB III).
  2. Du musst Dich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben (§ 141 SGB III).
  3. Du musst die Anwartschaftszeit erfüllt haben, also in der Rahmenfrist von 30 Monaten mindestens zwölf Monate als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sein und Beiträge für die Kran­ken­kas­se, Pfle­ge­ver­si­che­rung und Ren­ten­ver­si­che­rung gezahlt haben (§ 142 SGB III). Dann entsteht ein neuer Anspruch auf ALG 1. Hast Du die Arbeitslosigkeit unterbrochen und weniger als zwölf Monate gearbeitet, entsteht kein neuer Anspruch auf ALG 1. Der alte Leistungsbezug von Ar­beits­lo­sen­geld lebt in gleicher Höhe wieder auf, so dass Du Dich nicht auf den Bestandsschutz berufen musst.

Beispiel: Albert ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er verdiente zuletzt 3.500 Euro brutto im Monat. Seit 1. Januar 2021 ist er arbeitslos und erhält rund 1.700 Euro Ar­beits­lo­sen­geld. Er nimmt am 1. März 2021 eine mit 2.800 Euro schlechter bezahlte Stelle an. Zum 1. April 2022 wird er erneut arbeitslos. Er erhält weiterhin Ar­beits­lo­sen­geld auf der Grundlage des höheren Bruttoeinkommens, da der Bestandsschutz zum Tragen kommt. Statt 1.400 Euro bekommt er weiter Leistungen von rund 1.700 Euro im Monat.

Stammrecht und Bestandsschutz

Keine Voraussetzung für den Bestandsschutz ist, dass die Agentur für Arbeit das Ar­beits­lo­sen­geld auch tatsächlich ausgezahlt hat. Es reicht, dass ein Bescheid vorliegt, aus dem sich Dein Anspruch auf Ar­beits­lo­sen­geld und das tägliche Bemessungsentgelt ergibt. Dementsprechend schadet es auch nicht, wenn Du zum Beispiel wegen einer Sperrzeit noch keine Auszahlung bekommen hast. Denn ein sogenanntes Stammrecht ist bereits entstanden.

Das zeichnet sich dadurch aus, dass Du bereits ein subjektives Recht innehast, weil alle gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf ALG 1 vorliegen.

Nimmst Du in dieser Konstellation nach einiger Zeit eine schlechter bezahlte Arbeitsstelle an, verringert sich die Höhe Deines Ar­beits­lo­sen­gelds nicht, falls Du es innerhalb von zwei Jahren erneut beantragen musst. Für den Bestandsschutz reicht das Stammrecht aus (BSG, Urteil vom 7. Mai 2019, Az. B 11 AL 18/18 R).

Auch ein rechtswidrig zu hoch festgesetztes Bemessungsentgelt kann die Agentur für Arbeit binden, solange und soweit der frühere Bewilligungsbescheid hinsichtlich der Höhe des Ar­beits­lo­sen­geldes nicht mit Wirkung für die Vergangenheit oder die Zukunft aufgehoben worden ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Mai 2021, Az. L 9 AL 139/19).

Wie lange gilt der Bestandsschutz beim ALG 1?

Die Höhe Deines Ar­beits­lo­sen­gelds ist für zwei Jahre durch den Bestandsschutz geschützt. Die Frist beginnt am Tag vor der Entstehung des Anspruchs und läuft kalendermäßig ab.

Arbeitest Du länger als 24 Monate mit weniger Gehalt nach einer Phase der Arbeitslosigkeit, dann entfällt der Bestandsschutz. Die Höhe des Ar­beits­lo­sen­gelds berechnet sich danach wie üblich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Monate. Du kannst nach zwei Jahren Arbeit also auch weniger Ar­beits­lo­sen­geld bekommen, falls Du erneut arbeitslos wirst.

Was tun, wenn der Bestandsschutz nicht gewährt wird?

Bei der Berechnung des Leistungsentgelts kann die Agentur für Arbeit die Bestandsschutzregelung übersehen. Falls Dein Leistungsbescheid nicht das alte Bemessungsentgelt berücksichtigt, obwohl Du darauf Anspruch hast, solltest Du innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid einlegen.

Ist die Widerspruchsfrist schon abgelaufen, kannst Du einen Überprüfungsantrag stellen (§ 44 SGB X). Du begründest Deinen Antrag mit der gesetzlichen Regelung zum Bestandsschutz (§ 151 Abs. 4 SGB III).

Wird Dein Widerspruch abgelehnt, kannst Du vor Gericht klagen. Welches Gericht zuständig ist, findest Du in der Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Bewilligungsbescheids.

Wann darf die Agentur für Arbeit Dein ALG 1 kürzen?

Die Agentur für Arbeit darf das Bestandsschutzentgelt kürzen, wenn Du nur mit eingeschränkter Arbeitszeit zur Verfügung stehst und eine Stelle mit weniger Wochenstunden suchst (§ 151 Abs. 5 SGB III).

Beispiel: Falls das frühere Bemessungsentgelt mit einer 40-Stunden-Woche ermittelt war und für den aktuellen Anspruch das Bemessungsentgelt nach 25 Wochenstunden zu berechnen ist, kann die Agentur das frühere Bemessungsentgelt nicht in voller Höhe heranziehen. Die Agentur kürzt den Anspruch entsprechend:

Berechnung einer Kürzung

Quelle: Fachliche Weisungen der Bundesagentur für Arbeit: Bemessungsentgelt, § 151 Abs. 5 SGB III (Stand: April 2022) 

Wechsel der Lohnsteuerklasse

Hat sich Deine Steuerklasse zwischenzeitlich verändert, wird die Höhe des alten bestandsgeschützten Ar­beits­lo­sen­gelds mit der neuen Steuerklasse berechnet.

Wie hoch muss ALG 1 mindestens sein?

Arbeitslosengeld Empfänger erhalten 60 % ihres letzten Nettogehalts. Mit Kindern liegt der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei 67% des Nettogehalts.

Was tun bei zu wenig ALG 1?

Reicht Ihr Arbeitslosengeld nicht zum Leben, kommen zusätzlich Wohngeld, Kinderzuschlag oder Arbeitslosengeld II infrage..
Schulausflüge..
Mittagessen in der Kita oder Schule..
Sportverein oder Musikschule..

Wann Arbeitslosengeld 1 aufstocken?

Um diese Förderung in Anspruch zu nehmen, muss jedoch eine Einkommensgrenze eingehalten werden: Sie können das ALG I durch Kinderzuschlag aufstocken, wenn Ihr Einkommen bei mindestens 900 Euro liegt. Für Alleinerziehende gilt dabei eine Grenze von 600 Euro. Wird weniger verdient, ist ein Kinderzuschlag nicht möglich.

Wie weit kann ALG 1 gekürzt werden?

Unter welchen Umständen die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zu kürzen ist: Ruht der Bezug von ALG I - Leistung aufgrund einer Sperrzeit, so wird auch die Bezugsdauer um mindestens 25 % gekürzt (siehe § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).