(n.), bildhaftes Zeichen, das über sich selbst hinaus auf einen höheren, geistigen Bedeutungszusammenhang verweist. Im Gegensatz zur willkürlich gesetzten Allegorie ist die Beziehung zwischen Bild und Sinn im Symbol nicht rational auflösbar, sondern offenkundig, wenn auch oft nur vor einem gemeinsamen kulturellen Hintergrund verständlich, in dem das Symbol tradiert ist (Kreuz = Christentum, Taube = Frieden); das Symbol zielt statt auf den Intellekt eher auf eine Gefühlswirkung ab; und Symbole sind ganzheitlich, d.h. ihr Sinn addiert sich nicht aus ihren Bestandteilen (vgl. Allegorie). Das im Besonderen des Symbols durchscheinende Allgemeine lässt sich so meist nicht endgültig fassen und auf einen Begriff bringen; nach Goethe verwandelt die Symbolik die Erscheinung in Idee, die Idee in ein Bild, und so, daß die Idee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich bliebe (in: Maximen und Reflexionen).
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Das Symbol ist ein bildkr�ftiges Zeichen, das stellvertretend f�r eine Idee oder eine Handlung steht. Es ist nur denjenigen verst�ndlich, die wissen, was es bedeutet, oder die aufgrund ihrer kulturellen Pr�gung die m�gliche Bedeutung assoziieren k�nnen. Symbole sind nur selten mit einer eindeutigen Aussage verkn�pft.
Definition
Symbol (gr. symbolon = Kennzeichen, von symballein = zusammenf�gen) nennt man in der
Literaturwissenschaft ein bildkr�ftiges Zeichen, das stellvertretend f�r z. B. eine Idee, eine Handlung, ein Ereignis oder eine geistige Atmosph�re steht. Das Symbol hat � �brigens nicht nur in der Literatur, sondern
auch dar�ber hinaus � die Eigenschaft, immer nur jenen Menschen verst�ndlich zu sein, die wissen, was es bedeutet, oder die aufgrund ihrer kulturellen Pr�gung die m�gliche Bedeutung assoziieren k�nnen.
Das Erkennen von Symbolen und die Entschl�sselung des Sinngehalts gelten als wichtige Voraussetzungen f�r das Verst�ndnis und f�r die Interpretation von literarischen Werken?. Den gesamten Komplex von Symbolen innerhalb der Literatur oder eines einzelnen literarischen Werks? nennt man Symbolik? (Lehre von den Symbolen, ihrer Bedeutung, Herkunft und Wandlung). Auch die Sprachwissenschaft � hier vor allem die Semiotik � untersucht Art und Weise der Symbolverwendung.
Die �blaue Blume� � Symbol der Sehnsucht
Symbole sind in der Welt der
Literatur selten mit einer eindeutigen Aussage verkn�pft, h�ufig sind verschiedene Interpretationsweisen m�glich � ja vom Autor sogar erw�nscht! Dabei ist f�r die Art und Weise der
Interpretation nicht zuletzt der literarische Horizont und der Gem�tszustand des einzelnen Lesers ausschlaggebend. Das h�ngt haupts�chlich damit zusammen, dass viele Symbole ihre volle Bedeutung ausschlie�lich assoziativ
entfalten und folglich beim Leser einen mehr oder minder reichen Fundus an literarischen Vergleichs- und Ankn�pfungspunkten voraussetzen.
Eins der bekanntesten Symbole ist die �blaue Blume�, die stellvertretend f�r die romantische Sehnsucht steht. Theoretisch kann alles als Symbol verwendet werden: Orte, Farben, Tiere, Handlungen, Gegenst�nde, Krankheiten � unverzichtbare Voraussetzung ist allerdings, dass der Leser das Symbol erkennt und die Bedeutung versteht. Die Grenzen zwischen Symbol, Bild, Emblem?, Zeichen und Metapher sind � vor allem in der modernen Literatur � flie�end. Bild und Zeichen sind in ihrer Aussage jedoch oft eindeutiger als das mehrdeutige Symbol.
Foto: Angelika Lutz/ www.pixelio.de.
Entstehung
In der Antike war ein Symbol urspr�nglich ein in zwei H�lften gebrochenes Erkennungszeichen, das Eheleute oder Vertragspartner miteinander tauschten, wenn sich ihre Wege f�r l�ngere Zeit trennten. H�ufig handelte es sich dabei um die H�lften eines Ringes,
eines Stabes oder einer M�nze, die bei einer sp�teren Wiederbegegnung als Beglaubigung dienen und das fr�her gegebene Versprechen erneuern sollten.
Von diesem praktischen Zweck ausgehend, fand das Symbol auch in einem �bertragenen Sinn in Literatur und Kunst Verwendung � und zwar als bildkr�ftiges Zeichen, das �ber sich selbst z. B. auf eine philosophische Idee, eine verbotene Handlung oder ein historisches Ereignis hinausweist. Bereiche, in denen Symbole bis in die Gegenwart eine wichtige Bedeutung haben, sind u. a.: Religion (Taufe), Milit�r (Fahnenweihe), Selbstdarstellung (Wappen), Psychoanalyse (Tr�ume).
Entwicklung
Seit der Klassik besch�ftigten
Dichter und Schriftsteller sich verst�rkt mit dem Symbol und seiner Verwendung � und nicht selten sind sie dar�ber in Streit miteinander geraten! Johann Wolfgang von Goethe denkt in seinem
Werk? (z. B. �Maximen und Reflexionen�, 1833) mehrfach �ber Wesen und Funktion des Symbols sowie dessen au�ergew�hnlichen Wert f�r die
Literatur nach. Goethe ist der Meinung, dass im Grunde alle Dichtung symbolisch verstanden werden kann, das hei�t: als Darstellung geistiger Regungen im Wort. Zudem handelt es sich f�r
Goethe nur dann um wahre Poesie, wenn ihre Symbole das Allgemeine repr�sentieren, das hei�t: Dichtung als symbolische Umwandlung der sinnlich wahrnehmbaren Welt.
Neben
Goethes Reflexionen gab und gibt es bis heute noch ungez�hlte andere Theorien - nicht nur in der Literaturwissenschaft, sondern auch in der Theologie, Psychoanalyse und Soziologie. Das f�hrte zu h�chst unterschiedliche, teilweise auch widerspr�chlichen Erkl�rungen. Allen �berlegungen ist jedoch ein gemeinsamer Grundgedanke eigen: Das Symbol weist immer �ber sich selbst hinaus und steht
stellvertretend f�r etwas, das auf andere Weise entweder �berhaupt nicht oder nur unvollkommen ausgedr�ckt werden kann. Im religi�sen Kontext gilt �berdies, dass dieses andere, auf das das Symbol verweist, im Symbol auch wirkm�chtig ist.
In der Romantik, noch zu
Goethes Lebzeiten, machte der Symbolbegriff eine tiefgehende Wandlung durch: weg von der erfahrbaren Welt, hin zu den unerkl�rlichen Geheimnissen des menschlichen Lebens und der Natur. Doch schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts war das kunstvoll aufgebaute, mystische Symbolsystem der
Romantiker �berlebt. Dichter und Schriftsteller verzichteten nun gr��tenteils darauf, �ber die sichtbare Wirklichkeit hinausgreifende Symbolkomplexe zu errichten. In den folgenden Jahrzehnten ging die Entwicklung �hnlich rasant
weiter: Der am Ende des 19. Jahrhunderts aufkommende Stilpluralismus (Realismus, Naturalismus, Symbolismus,
Impressionismus?, Avantgardismus) brachte ein nahezu un�berschaubares Nebeneinander von gegens�tzlichen, im Grunde unvereinbaren Symbolsystemen hervor.
Die deutsche Literatur und Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts ist reich an namhaften Werken?, die um ein so genanntes Ding-Symbol gruppiert sind, das zum Mittelpunkt des Geschehens wird. Die Ding-Symbole klingen meist schon im Titel an. Zu nennen sind u. a.: Annette von Droste-H�lshoffs
Erz�hlung �Die Judenbuche� (1842) oder Richard Wagners? musikdramatische
Tetralogie? �Der Ring des Nibelungen� (Urauff�hrung 1876). Es gibt in der deutschen
Literatur des 20. Jahrhunderts zudem viele bedeutende Romanwerke, deren Handlung sich in einem kunstvoll geschaffenen Symbolkosmos entfaltet, z. B.
Thomas Manns �Der Zauberberg� (1924), Franz Kafkas �Der Prozess� (1925) und
Alfred D�blins �Berlin Alexanderplatz� (1929). Auch literarische Figuren k�nnen zu Symbolen werden, die beim
Leser eine Reihe von (meist vorgepr�gten) Assoziationen ausl�sen, z. B. Odysseus, Ahasver, Faust, Mephisto.
�beraus spannend ist, dass viele dieser zu Symbolen gewordenen Figuren zugleich auch mit einer langen und wechselvollen
Stoffgeschichte verkn�pft sind. Anhand der genannten Figuren kann jeder Interessierte die Herkunft, die Bedeutung und den Wandel von Symbolen studieren. Oft ergeben sich dabei erhellende Querverbindungen (Faust � Mephisto), die den Leser
immer tiefer in die Welt der literarischen Symbole hineinf�hren.
Literatur
- Droste-H�lshoff, Annette von: Die Judenbuche. Reclam Verlag, Ditzingen 2001, ISBN: 978-3150018583
- Kafka, Franz: Der Prozess. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN: 978-3518456699
- Mann, Thomas: Der Zauberberg. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2000, ISBN: 978-3596294336
Sekund�rliteratur
- Butzer, G�nter; Jacob, Joachim (Hrsg.): Metzler Lexikon literarischer Symbole. Metzler, Stuttgart 2008, ISBN: 978-3476021311
- Coope, J.C.: Das gro�e Lexikon traditioneller Symbole. Goldmann, M�nchen 2004, ISBN: 978-3442216673
- Kretschmer, Hildegard: Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst. Reclam, Ditzingen 2008, ISBN: 978-3150106525
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