Kann man mit einer Fistel leben?

Eine Geburtsfistel ist eine verheerende Geburtsverletzung, die Frauen und Mädchen inkontinent macht, die Betroffenen starker Stigmatisierung aussetzt und sie von ihren Familien und Gemeinschaften isoliert. Ein Leben in Würde ist für Frauen mit Fisteln nicht mehr möglich. Die Wiederherstellung dieser Würde war der Antrieb zur Gründung von Women’s Hope im Jahr 2003.

Hintergrund

Weltweit leben zwei Millionen Frauen mit einer Geburtsfistel. Trotz eines leichten Rückgangs von Geburtsfisteln, kommen nach wie vor jährlich 50'000 bis 100'000 neue Betroffene dazu.

Eine Fistel (vesico-rectovaginale Fistel) ist eine Verletzung, die bei einem stark verzögerten Geburtsverlauf ohne angemessene fachliche Betreuung entstehen kann. Es bildet sich dabei ein Loch zwischen Blase und Scheide oder zwischen Blase und Rektum, welches Inkontinenz der Frau zur Folge hat.

Die Folgen einer Geburtsfistel sind für die Betroffenen nicht nur physisch, sondern insbesondere auch psychisch sehr belastend. Die Frauen oder Mädchen entkommen einerseits nicht nur knapp dem Tod, sondern verlieren auch ihr Kind. Zusätzlich leben sie aufgrund diverser Stigmata meist sozial isoliert, ausserhalb ihrer Dorfgemeinschaft. Denn der unkontrollierte Verlust von Urin oder Stuhlgang führt oft zur Ausgrenzung der Betroffenen aus ihrer Heimat. Ein Leben in Würde ist in diesem Zustand nicht mehr möglich.

Kann man mit einer Fistel leben?

Ursachen von Fisteln

Die tieferliegenden Ursachen für Fistelverletzungen sind unter anderem auch im tieferlegenden gesellschaftlichen Stellenwert der Frau zu finden. Wenn Mädchen beispielsweise gegen ihren Willen in jungen Jahren zwangsverheiratet werden, steigt die Wahrscheinlichkeit bei der Kindesgeburt eine Fistel zu erleiden, massiv an. Fast 50% der Betroffenen sind zwischen 10 und 19 Jahren alt. Die körperliche Entwicklung zur Frau ist in diesem Alter noch nicht abgeschlossen und dementsprechend das Becken oft nicht breit genug für die Vollendung einer Geburt.
Weitere Gründe sind extreme Armut und damit verbunden oftmals der erschwerte Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung. Das nächstgelegene Spital oder Gesundheitsinstitution befinden sich teilweise in stunden- oder tagelanger Entfernung von den ruralen Dörfern. Aus diesem Grund spielt auch die Sensibilisierung von Gemeinschaften eine wesentliche Rolle bei der Prävention und Eliminierung der Geburtsfisteln. Denn wenn die Vorzeichen einer komplizierten Geburt bekannt sind, können die betroffenen Mädchen und Frauen rechtzeitig medizinische Unterstützung aufsuchen.

Engagement von Women's Hope

Eine Geburtsfistel kann durch einen chirurgischen Eingriff einer speziell geschulten Fistelchirurgin oder eines Fistelchirurgen geschlossen werden. Nach einer erfolgreichen Operation verlieren die Frauen keinen Urin respektive Stuhl mehr. Doch bevor die Frauen, die oft seit vielen Jahren mit ihrer Krankheit und ihrem Stigma leben, in einem Spital operiert werden können, müssen sie ausfindig gemacht und in die entsprechende Einrichtung transportiert werden. Da sie oft mangelernährt sind, ist vor der Operation ausserdem eine Aufbaudiät notwendig.

Nach der Operation benötigen die Frauen oftmals Physiotherapie und psychologische Begleitung. Zudem muss auf jede Frau und ihre Bedürfnisse eingegangen und individuelle Rehabilitationsprogramme zusammengestellt werden. Das Ziel ist nicht nur die Heilung der gesundheitlichen Beschwerden, sondern auch eine erfolgreiche Reintegration in ein vorhandenes soziales Umfeld oder der Aufbau eines neuen Netzwerks auf einer sicheren Lebensgrundlage.

Somit engagiert sich Women's Hope in der Identifikation, Behandlung, Rehabilitation und Reintegration von Frauen und Mädchen mit Geburtsfisteln. Betroffene Frauen können die körperlichen, psychischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen ihres Leides überwinden und so wieder ein würdiges Leben führen.

Zudem beteiligt sich Women's Hope in der Prävention und Ursachenbekämpfung von Geburtsfisteln. Dies geschieht durch Projekte der beiden Themen "Sichere Geburten" und "Starke Mädchen und Frauen".

Analfistel

Eine Analfistel  kann sich mit Schmerzen, Juckreiz und nässenden Stellen im Analbereich bemerkbar machen. Wie es dazu kommt und wie sie behandelt wird

Unsere Inhalte sind pharmazeutisch und medizinisch geprüft

Von Dr. Karoline Stürmer, Aktualisiert am 14.03.2018

Kann man mit einer Fistel leben?

Analfisteln sind "unnatürliche" Gänge, die sich im Bereich des Analkanals bilden

© W&B/Dr. Ulrike Möhle

Kann man mit einer Fistel leben?

Was ist eine Analfistel?

Als Fistel bezeichnet man eine röhrenförmige Verbindung, die sich als einzelner Gang oder als verzweigtes Netzwerk zwischen verschiedenen Organen oder Gewebeschichten ausbildet. Bei der Analfistel handelt es sich um einen vom Analkanal ausgehenden Gang.

Eine Analfistel entsteht meist als Folge einer Entzündung im Bereich der so genannten Proktodäaldrüsen. Diese Drüsen liegen am Übergang der Dickdarmschleimhaut zum Analkanal – dem letzten Abschnitt des Verdauungstraktes. Während sie bei Säugetieren als Duftdrüsen eine wichtige Rolle spielen, haben sie beim Menschen ihre Funktion verloren.

Analfisteln sind eine häufige Erkrankung. Jedes Jahr erkranken 2 von     10.000 Einwohnern neu. Betroffen sind vermehrt Männer, vor allem     zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.

Je früher eine Fistel behandelt wird, desto besser sind die  Heilungschancen. Unbehandelt kann sich eine Analfistel weiter ausdehnen,  die Schließmuskulatur schädigen und so langfristig eine Stuhlinkontinenz verursachen.

Ursachen einer Analfistel

Weil die Drüsen in das Darminnere münden, können Bakterien aus dem Darm in die Drüsen eindringen und dort eine Entzündung verursachen. Als  Folge dieses Infektes bildet sich eitriges Sekret, das sich abkapseln  und so einen Abszess bilden kann. Dieser kann bis zur Hautoberfläche durchbrechen, seltener  auch in die Harnblase oder Scheide und dabei eine Fistel bilden. In  manchen Fällen endet eine Fistel auch als Sackgasse blind im Gewebe. Eine Entzündung der Proktodäaldrüsen ist für etwa 90 Prozent der Analfisteln verantwortlich. Häufig entstehen Analfisteln nach Analerkrankungen wie zum Beispiel einer Analfissur oder nach Verletzungen im Bereich des Anorektums zum Beispiel durch verschluckte Fischgräten oder Zahnstocher. Auch Dr. Grundei, Proktologe (Enddarm-Spezialist) in München bestätigt diese Zahlen. "Bei einigen der Betroffenen ist ein kleiner Einriss der Haut oder Schleimhaut des Afters (Analfissur)  die Ursache". Infiziert sich ein solcher Einriss, kann der  Infekt am Wundgrund in die  Tiefe wandern. So bildet sich unter Umständen  eine Fistel, die den  Schließmuskel durchdringt und auch Abszesse  verursacht. Auch individuelle anatomische Gegebenheiten, wie vertiefte Analtaschen können zu einem Kotstau in diesen führen und dadurch eine Entzündung hervorrufen.

Analfisteln, die vom Rektum ausgehen, kommen selten vor (unter 10 Prozent) und sind meist Folge einer entzündlichen Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Des weiteren können Fisteln infolge von Tumorerkrankungen, Bestrahlungen oder Immunschwächeerkrankungen wie einer HIV-Infektion auftreten.

Symptome einer Analfistel

Analfistel und Abszess (Eiteransammlung in einer Gewebshöhle) werden als zwei unterschiedliche Erscheinungsbilder aufgrund der gleichen Ursache, einer Entzündung betrachtet. Häufiger kommt es zuerst zu einem Abszess und dann zu einer Fistelbildung. Seltener findet sich erst die Fistel und dann der Abszess.

Ein Abszess macht sich in der Regel durch Schmerzen im Analbereich, Schwellung und Rötung der Haut, eventuell begleitet von allgemeinem Krankheitsgefühl und Fieber bemerkbar. Wenn sich der Abszess nach außen entleert kommt es zur Beschwerdebesserung.

Analfisteln können sich durch Schmerzen, Juckreiz und nässende Stellen im Analbereich bemerkbar machen. "Rein äußerlich ähneln sie oft nur einem Pickel oder Furunkel",  sagt Dr. Tobias Grundei. Entdeckt wird eine Fistel oft erst, wenn ein  Abszess Beschwerden macht. Manche Abszesse, vor allem solche, die sich  über einen längeren Zeitraum ausgebildet haben, verursachen aber wenig  Beschwerden und können so lange unentdeckt bleiben. Auch Fisteln welche  ohne vorherigen Abszess auftreten sind eher symptomarm und finden sich  vor allem bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

Wichtig: Die beschriebenen Symptome können auch andere Ursachen haben. Generell sollten Beschwerden im Analbereich wie Schwellungen und Verhärtungen sowie chronisch nässende Stellen, Schmerzen oder Blutungen während des Stuhlgangs von einem proktologisch versierten Arzt abgeklärt werden. Insbesondere wenn Schmerzen mit Fieber oder Schüttelfrost einhergehen, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

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Am Anfang werden zunächst die Beschwerden besprochen

© Jupiter Images GmbH/Creatas, Panthermedia/Juri Arcurs

Kann man mit einer Fistel leben?

Diagnose der Analfistel

Zunächst wird der Arzt nach den aktuellen Beschwerden fragen und die betroffene Region inspizieren. Dann untersucht der Arzt den Enddarm durch Austasten und mit Hilfe eines kleinen Untersuchungsröhrchens –  Proktoskop genannt  –  nach Anzeichen eines Abszesses und Fistelöffnungen im Analkanal. Bei dieser Untersuchung können Fisteln und Abszesse, aber auch Fissuren, Hämorrhoiden und sonstige Veränderungen schonend und schmerzfrei festgestellt werden. Auch die Endoskopie zum Ausschluss einer entzündlichen oder tumorösen Darmerkrankung gehört zu der Standarddiagnostik. Manchmal werden auch Zusatzuntersuchungen wie eine Ultraschalluntersuchung über den Enddarm, transanale Endosonografie genannt, durchgeführt. Hiermit kann der Arzt selbst tiefer gelegene Abszesse und Fisteln erkennen.

Mit Hilfe von Fistelsonden und Farbstoffen lassen sich der Verlauf des Fistelgangs und der Bezug zu den Schließmuskeln gut darstellen. Diese Untersuchungen sind jedoch oft nur unter Kurznarkose durchführbar. In komplizierten Fällen, etwa bei Patienten mit Morbus Crohn, kann eine Magnetresonanztomografie über den genauen Fistelverlauf Aufschluss geben.

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Bei den meisten Fisteln ist eine chirurgische Therapie notwendig

© Thinkstock/PolkaDot

Therapie der Analfistel

Die meisten Fisteln heilen in der Regel nicht von selber ab, sagt Dr. Grundei, so daß hier eine chirugische Versorgung notwendig ist. Lediglich bei Fistelbildung im Rahmen einer entzündlichen Darmerkrankung kann zunächst eine konservative Therapie erfolgen. Daher ist eine genaue Diagnosestellung und die enstprechende Wahl der geeigneten Behandlungsmethode wichtig.

Es gibt verschiedene Operationsverfahren wie eine Fistelspaltung (Fistulotomie), Fistelentfernung (Fistelexzision) oder Fadendrainage (Einlegen eines Fadens, damit das Sekret ablaufen kann).

In den meisten Fällen empfiehlt der Arzt eine operative Spaltung der Fistel. "95 Prozent der Patienten kann allein damit geholfen werden", sagt Dr. Grundei. Dabei spaltet der Chirurg die Fistel bis zu ihrer Basis auf. Da sich eine Analfistel meist innerhalb des Schließmuskels entwickelt, muss er dazu auch den Muskel einschneiden. Je nach der Lage und Ausdehnung der Fistel kann dies die zukünftige Leistungsfähigkeit des Muskels beeinträchtigen.

Falls das Risiko einer Inkontinenz zu groß ist, kann der erfahrene Chirurg den Muskel während der Operation wieder rekonstruieren. Alternativ gibt es Operationstechniken mit plastischem Fistelverschluss: "Dabei wird die Schließmuskulatur besser geschont. Allerdings ist das Risiko, dass die Fistel wiederkehrt oder sich neue Fisteln entwickeln höher", so Dr. Grundei.

Patienten mit Morbus Crohn haben eine hohes Risiko, immer wieder neue Fisteln zu entwickeln. Um ihre Schließmuskulatur zu schonen, wird ihnen in manchen Fällen eine Langzeitdrainage empfohlen. Dabei wird ein elastischer Faden in die Fistel eingelegt, der einen Verschluss der Fistel verhindert und so den Abfluss von Sekret ermöglicht. Dadurch lässt sich eine erneute Abszessentstehung vermeiden.

Kann man mit einer Fistel leben?

Dr. Tobias Grundei

© W&B/Privat

Beratender Experte

Dr. med. Tobias Grundei ist Facharzt für Chirurgie mit Zusatzbezeichnung Proktologie (Enddarm-Erkrankungen). Nach Studium und Promotion an der Ludwig-Maximilian-Universität München absolvierte er seine Ausbildung zum Allgemeinchirurgen an der Chirurgischen Klinik des Klinikum recht der Isar der Technischen Universität München sowie in der Chirurgischen Klinik Seefeld, Oberbayern. Die Weiterbildung Proktologie erfolgte im Klinikum München Neuperlach in der Abteilung für Rektumchirurgie. Seit 2005 ist er als spezialisierter Koloproktologe in einem Enddarmzentrum in München tätig, das er mitbegründet hat.

Was passiert wenn eine Fistel nicht behandelt wird?

Je früher eine Fistel behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Unbehandelt kann sich eine Analfistel weiter ausdehnen, die Schließmuskulatur schädigen und so langfristig eine Stuhlinkontinenz verursachen.

Ist ein Fistel schlimm?

Eine Fistel im Analbereich kann sehr unangenehm sein: Betroffene verspüren meist Schmerzen und aus der Öffnung der Fistel fliesst Sekret nach aussen. Zudem kann das Gebiet um die Fistel herum aufgrund der Entzündung sich röten und anschwellen.

Kann eine Fistel abheilen?

Die meisten Fisteln heilen nicht von allein ab und erfordern eine medizinische Behandlung. Eine Fistel sollte unbedingt medizinisch versorgt werden. Ohne Behandlung können Entzündungsprozesse fortschreiten und sich neue Fistelgänge ausbilden. Die mögliche Ausbreitung macht die Erkrankung gefährlich.

Wie schnell muss eine Fistel operiert werden?

6 Wochen erfolgt. Je nach Art des Fadens kann es in dieser Zeit auch zu einem Einschneiden der Analfistel kommen, wodurch diese gespalten wird und ein weitere Operation nicht erforderlich ist.