In diesem Abschnitt erfahren Sie mehr über die Diagnose und
Behandlungsmöglichkeiten einer Schluckstörung (Dysphagie) sowie einer Sprechstörung (Dysarthrie). Essen und Trinken bietet jedem einzelnen Menschen ein hohes Maß an Lebensqualität, da die tägliche Mahlzeit nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch soziale Interaktion und Kommunikation ist. Die Erfahrung, nicht mehr richtig essen und trinken zu können,
führt bei Menschen mit Parkinson zu einer erheblichen Einschränkung ihres Alltags. An Stelle von Genuss tritt die Angst vor dem Verschlucken oder sogar der Verzicht auf eine natürliche Nahrungsaufnahme. Nicht mehr an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnehmen zu können, birgt zudem die Gefahr der sozialen Isolation. Schwere Schluckstörungen, die häufig erst sehr spät erkannt werden, können unter Umständen sogar lebensbedrohlich sein. Schlucken ist eine
angeborene Fähigkeit, die phasenweise abläuft und willkürliche (bewusst gesteuerte) sowie reflektorische (willentlich nicht beeinflussbare) Anteile aufweist. Eigentlich passiert Schlucken nebenbei, ungefähr 600 bis 2.000 Mal in 24 Stunden, nachts schluckt man weniger als am Tag. Die Auslösung des Schluckreflexes (Triggerung) ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Speichelproduktion. Wichtig sind auch die Größe des Bissens (Bolus) und seine
Beschaffenheit (Konsistenz) sowie das Kauen: Bei normalem Zahnstatus und Speichelfluss beträgt die Kaufrequenz bis zur Auslösung des Schluckreflexes durchschnittlich ca. 20 bis 30 Kauvorgänge. Gestörtes Schlucken wird mit dem Fachbegriff "Dysphagie" bezeichnet. Das Wort leitet sich ab vom griechischen Wort "phagein" (essen) und "dys" (gestört). Störungen des Schluckvorganges können in allen Phasen auftreten. Die Gefahr dabei ist, dass Speichel, Nahrung und Flüssigkeiten nicht
in den Magen, sondern in die Atemwege und damit in die Lunge gelangen ("Aspiration"). Wenn aspirierte Nahrung tiefer in die Lunge rutscht, kann sie dort eine Lungenentzündung verursachen und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Normalerweise schützen wir uns durch Husten vor einer Aspiration. Dieser wichtige Schutzreflex des Körpers ist bei Parkinson oft abgeschwächt, was die Gefahr somit verdoppelt: Die Betroffenen verschlucken sich häufiger und haben
gleichzeitig einen verminderten Schutzreflex. Gerade die orale Phase des Schluckens ist bei Menschen mit Parkinson gestört. Durch die verminderte Rotationsbewegung des
Kiefers und die Abnahme der Beweglichkeit/Kraft der Zunge kann der Speisebrei (Bolus) nicht richtig geformt und der Transport der Nahrung beeinträchtigt werden. Die Speise verbleibt zu lange im vorderen Mund, der Schluckreflex wird zu spät oder gar nicht ausgelöst, was zum unkontrollierten Überlaufen der Nahrung oder Flüssigkeiten in den Rachen führt (Leaking). Weiter führen Bewegungseinschränkungen im Rachen- und Kehlkopfbereich zu einem verlangsamten
Nahrungstransport durch den Rachen und zu einem reduzierten Kehlkopfverschluss, der dringend nötig ist, um den "falschen Weg" der Nahrung in die Luftröhre zu verhindern. Nahrungsreste verbleiben im Rachen und werden aufgrund von Wahrnehmungsproblemen nicht bemerkt.
TIPP Wenn Sie sich akut verschlucken, versuchen Sie Ruhe zu bewahren! Ihre Angehörigen können Ihre Ausatmung unterstützen, indem Sie die Hände an Ihren seitlichen Brustkorb (rechts und links an den Rippenbögen unterhalb der Achseln) legen und Sie bei einem sehr kräftigen und wiederholten Husten unterstützen. Bei akuter Erstickungsgefahr kann Ihnen Ihr Angehöriger mit der flachen Hand gezielt zwischen die Schulterblätter schlagen, während Sie Ihren Oberkörper deutlich nach vorne beugen! Husten Sie mehrmals kräftig! Trainieren Sie dieses "Manöver" auch einmal ohne Verschlucken! Symptome einer Schluckstörung (Dysphagie)Eine Dysphagie ist nicht immer eindeutig erkennbar, aber es gibt Erfahrungswerte und Anzeichen, die deutliche Hinweise auf beginnende Schluckprobleme liefern können. Indirekte Anzeichen können darauf hinweisen, stellen sich jedoch nicht bei jedem und vielleicht zeitlich verzögert ein:
Direkte Anzeichen treten unmittelbar beim oder nach dem Essen und Schlucken auf:
Zuviel oder zu wenig Speichel?Menschen mit Parkinson schlucken deutlich weniger als gesunde Personen. Aus diesem Grund leiden etwa 70 Prozent der Betroffenen an einem verminderten Abschlucken von Speichel bzw. störendem Speichelaustritt aus dem Mund. Erstaunlicherweise kann man bei Parkinson neben einem verstärkten Speichelfluss auch das Phänomen der zum Teil akuten Mundtrockenheit beobachten (Xerostomie), die aufgrund einer verminderten Produktion von Speichel entsteht. Sowohl für ein Zuviel als auch für ein Zuwenig an Speichel gilt: die Balance für eine angemessene Speichelproduktion wiederherstellen. Neben therapeutischen Maßnahmen können Sie bei der Nahrungsaufnahme folgende Hinweise beachten:
TIPP Liegt Ihr Problem in einer verminderten Schluckrate sollten Sie versuchen, bewusst zu schlucken, auch wenn Sie weder essen noch trinken. Üben Sie 2x täglich mit dem "Schluck-Wecker": Stellten Sie sich alle zwei Minuten über einen Zeitraum von 30 Minuten einen Wecker - schlucken Sie bei jedem Klingeln Ihren Speichel. Die Schluckfrequenz erhöht sich damit nach drei Wochen und der Speichelfluss wird weniger. Diagnose der SchluckstörungDurch die Klinische Schluckuntersuchung (KSU) soll das Vorhandensein sowie die Schwere von Schluckstörungen festgestellt werden - gegebenenfalls werden weitere Untersuchungsverfahren eingeleitet. Eine klinische Diagnostik durch einen Logopäden umfasst:
BehandlungsmethodenDysphagietherapie in der KlinikIn vielen Parkinson-Fachkliniken sowie neurologischen Rehabilitationskliniken in Deutschland wird eine fundierte und standardisierte Dysphagiediagnostik und -therapie angeboten. Der Vorteil in der Klinik besteht darin, dass interdisziplinär gearbeitet wird. Dies bedeutet, dass Spezialisten verschiedener Berufsgruppen (Sprachtherapeuten, geschulte Pflegefachkräfte, Physiotherapeuten sowie Ärzte) Sie vor Ort gemeinsam über die Therapie einer Schluckstörung und die weitere Versorgung im häuslichen Umfeld beraten. Ambulante SprachtherapieIn Deutschland können Sie über Ihren Hausarzt oder Neurologen, aber auch vom HNO-Arzt eine Heilmittelverordnung zur Schlucktherapie bei einem Logopäden/Sprachtherapeuten erhalten. Die Leistung wird von der logopädischen Praxis über Ihre gesetzliche Krankenkasse abgerechnet. Schluckstrategien im EigentrainingEs gibt verschiedene, zielgerichtete Behandlungsmethoden und Übungen, um bestehende Schluckstörungen zu überwinden. Diese lassen sich in drei Gruppen unterteilen:
Lassen Sie sich Ihre speziell ausgewählten Übungen - passend zu Ihrem individuellen Schluckproblem - möglichst von einem Schlucktherapeuten zeigen oder probieren Sie sie allein oder mit Ihren Angehörigen aus. Üben Sie je 10x und machen Sie nach jeder Übungssequenz eine Pause. Restituierende Verfahren (RV)
TIPP Die Multi-Übung für "Jedermann" Kompensatorische Verfahren (KV)
TIPP Menschen mit Parkinson haben häufig eine gestörte Atem-Schluck-Abfolge und atmen nach dem Schlucken ein anstatt aus, was zur Aspiration führen kann. Das "Supraglottische Schlucken" kann diese Abfolge wieder ins Gleichgewicht bringen: Führen Sie diese Übung ohne Nahrung im Mund aus! Senken Sie das Kinn gegen die Brust. Atmen Sie tief durch die Nase ein. Halten Sie die Luft fest an. Schlucken Sie, halten Sie die Luft weiter an. Husten Sie sofort nach dem Schlucken. Schlucken Sie leer nach. Zwischen Schlucken und Husten darf kein Atemzug liegen! Adaptierende Verfahren (AV)
TIPP Sitzen Sie beim Essen aufrecht und halten Sie Ihren Kopf dabei so gerade wie möglich. Konzentrieren Sie sich auf das Essen und vermeiden Sie Ablenkung, z. B. durch den Fernseher. Bereiten Ihnen harte Nahrungsmittel beim Schlucken Schwierigkeiten, versuchen Sie nicht, diese mit Flüssigkeit hinunterzuspülen - greifen Sie besser nach weicheren Alternativen. Dicke Soßen und Dips können zusätzlich helfen, die Nahrung im Mund besser unter Kontrolle zu bringen. Erleichtern Sie sich das Trinken mit einem dicken Strohhalm. Lassen Sie sich Zeit beim Essen und schlucken Sie lieber einmal zu viel als einmal zu wenig. Grundsatz ZuletztIm Laufe der Parkinsonerkrankung entwickeln bis zu 90 Prozent der Betroffenen eine Stimm- und Sprechstörung. Durch die Beeinträchtigung der Verständlichkeit kommt es zu häufigem Nachfragen, was zu Sprechangst, Sprechvermeidung und Frust führt. Leider wirkt die medikamentöse Therapie beim Sprechen in der Regel kaum. Deswegen ist es wichtig, dass man möglichst direkt nach der Diagnosestellung "Parkinson" ein Stimm- und Sprechtraining beginnt. Studien haben eindrucksvoll bewiesen, dass der Erhalt einer gut verständlichen Sprechweise dann am größten ist. Morbus Parkinson im Alltag Schluckstörungen im
Alltag Sprechstörung (Dysarthrie) im Alltag Aktiv trotz Parkinson im Alltag
Tipps für den Alltag Was tun wenn man sich an seiner Spucke verschluckt?Zunächst forderst du den Betroffenen auf, kräftig zu husten. Hilft das nicht, kannst du mit der flachen Hand bis zu fünf Mal kräftig auf den Rücken zwischen die Schulterblätter schlagen. Am besten beugt sich der Betroffene dabei leicht nach vorn und überprüft nach jedem Schlag, ob sich der Fremdkörper gelöst hat.
Warum verschlucke ich mich immer an meiner Spucke?Schluckstörungen sind Beeinträchtigungen des Schluckens und / oder der oralen Nahrungsaufnahme, beim Trinken und Essen oder sogar beim Schlucken des eigenen Speichels. Sie entstehen durch neurologische Störungen oder durch strukturelle Veränderungen im Mund-, Rachen- und Halsbereich.
Was tun gegen Speichelfluss in der Nacht?Zudem sollte der Kopf in der Nacht in einer geraden bis leicht aufrechten Position ruhen. Hierbei können kleine Kopfkissen oder die Hände als Unterstützung dienen, um den Mund leicht erhöht zu halten. Somit sollte der Speichel selbst bei geöffnetem Mund nicht herausfließen können.
Was ist die stille Aspiration?Bei der stillen Aspiration kommt es zum Eintritt von Fremdmaterial in die Lunge, ohne dass es von dem Betroffenen bemerkt wird und ohne das Einsetzen der Schutzreflexe wie Husten oder Räuspern. Es ist eine der Hauptgefahren der Dysphagie, häufig entsteht hieraus eine Lungenentzündung.
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