Also wer seine werbung dahinpacken will jetzt ist noch zeit

Der gr��te Teil dieser Briefe ist in den Jahren 1887 bis 1890 geschrieben. Der Zeitraum ist kurz, aber gerade aus diesem Grunde verst�rkt sich der Gesamteindruck. Als ich sie von neuem durchlas, �berraschte es mich, welch ein lebendiges Bild sie von all dem geben, was damals B. B.’s Gem�t und Gedanken besch�ftigt hat. Und deshalb entschlo� ich mich, sie wenigstens einem engeren Kreise zug�nglich zu machen.

Die Sammlung schlie�t mit einer kleineren Zahl von Briefen ab, die aus sp�terer Zeit stammen. Sie wurden aufgenommen, weil sie in gewissen Beziehungen die Selbstschilderung der fr�heren Periode vervollst�ndigen.

Obige Zeilen waren das Vorwort zu einer Ausgabe, die nur in f�nfzig Exemplaren als Manuskript in Norwegen gedruckt wurde. Gleich nachdem diese Exemplare verteilt waren, ergingen sowohl von privater Seite wie durch die Presse eindringliche Aufforderungen an mich, die Briefsammlung �ffentlich erscheinen zu lassen. Das tue ich hiermit, nachdem ich einige wenige, aber notwendige Streichungen vorgenommen habe.

B. I.

Liebe, liebe Bergliot, als Mutter aus Deinem Briefe vorlas, Du h�ttest bei der Nachricht, da� mir mein Dichtersold entzogen sei, stundenlang weinen m�ssen, da konnt’ auch ich die Tr�nen nicht zur�ckhalten. Ich sah Dich vor mir, wie Du weich und bewegt bist; ich liebe Dein Gem�t an Dir, Bergliot, und bin stolz darauf, da� Du mich verstehst. Dank Dir f�r Dein Mitgef�hl; Du kannst mir glauben, es hat mir wohlgetan. Ich mu�te nach meiner Pflicht handeln; denn diese schlechten Menschen gingen darauf aus, mir ebenso zu schaden wie Kielland. Ich gebrauche nicht gern das Wort „schlecht“; aber hier darf ich es ohne Bedenken.

Dann waren Mutter und ich lebhaft ber�hrt von Deiner schrecklichen Angst vor einer Untersuchung. Wir f�hlen Dir nach, da� es ganz furchtbar ist. Aber wenn es sein mu�, mu� es eben sein. Ich freue mich m�chtig auf den Tag, da Du wieder von Gesundheit und Mut strotzen wirst; so warst Du, ehe diese Sache anfing, und Du mu�t wieder die alte werden. Damit ist die Schamhaftigkeit und Vorsicht durchaus vereinbar, von der das Seelenleben einer so unverdorbenen Natur, wie Deiner, beherrscht wird.

Du bist von allen unsern Kindern die vollste und einheitlichste Natur. Daher bist Du unter ihnen auch das Kind, um das ich mir die wenigste Sorge zu machen brauche. Versuche nun, von der Gesellschaft, in der Du lebst, zu lernen; sie sind so gemessen in ihren Empfindungen und Ideen; es l��t sich so friedlich und gut mit ihnen leben. Gr��e alle aufs herzlichste. Hast Du auch nicht vergessen, Hegel zu bitten, die B�ste von mir, die Runeberg auf die Ausstellung nach Kopenhagen geschickt hat, an meine Mutter nach Kristiania zu senden? — Runebergs sind jetzt auf ein paar Tage in Kopenhagen. Sie reisen nach Finnland.

Hier ist es unglaublich sch�n in diesen Tagen, durchaus nicht zu warm. Geht es Dir gut? Sobald Du untersucht bist, mu�t Du schreiben!

Entsinnst Du Dich der Longworthy-Geschichte, die ich Euch aus England erz�hlte? Von dem Menschen, der ein junges M�dchen in Belgien heiratete und recht gut wu�te, da� kirchliche Trauung nicht gen�gend war? Und sie sp�ter nicht mehr kennen wollte? Nun, er hat jetzt geantwortet (er lebt in Buenos-Aires, S�damerika), und diese Antwort ist vernichtender f�r ihn als irgend etwas, was die Frau selbst gesagt oder durch Zeugen vor Gericht bekundet hat. Solch ein ausgemachter Schurke! — Hast Du meinen Aufsatz �ber Ru�land gelesen? Oder soll ich ihn Dir schicken? Du liest „Verdens Gang“ jetzt wohl nicht? Es ist ein Brief an Dich aus Kopenhagen gekommen; sollte mich wundern, wenn er nicht vom kleinen H�ffding w�re? Du solltest es so einrichten, da� Du so lange wie m�glich in Hamburg bleibst, der Sprache wegen. Und solltest eigentlich schon jetzt deutsch lernen. — Ist es nicht drollig, da� Thommessen „Verdens Gang“ gekauft hat, so da� er nun die H�lfte besitzt und zwei andere Freunde je ein Viertel, und nun soll es eine Tageszeitung werden. — Du wei�t wohl, da� auch Garborg den Staatsrevisor-Posten verloren hat? Wir sind also nun drei norwegische Dichter, denen man das Geld wegnimmt, weil wir nicht dieselben Ansichten haben wie die Majorit�t. — Ja, leb’ wohl, liebe, s��e Bergliot! Wir wissen, Du machst uns nur Ehre, wo Du auch bist, und Du wirst heimkehren mit ungeteiltem Herzen f�r Heimat und Eltern! Dein Dir innig zugetaner Freund Vater.

Dein Bj�rnst. Bj.

Liebe, liebe Bergliot, innigen Dank f�r den Brief; wor�ber ich mich am meisten gefreut habe, war nat�rlich, da� Du selbst gutes Mutes bist und an Dich selber glaubst. Da kannst Du sehen, wie recht ich hatte, als ich meinte, Du m��test wieder sicherer werden und Dich sicherer f�hlen im Gesang, dies sei der Weg f�r Dich, um ruhigen, guten Mut zu sch�pfen. — Ja, ich freute mich so hier�ber, da� ich nicht so viel Gewicht, als ich vielleicht gesollt h�tte, auf den Umstand legte, da� Du Dich bei Deiner Dame nicht wohlf�hlst. Liebes Kind, scher’ Dich den Teufel um die Person; setzt sie Dir zu oder kannst Du Dich nicht satt essen, so geh sofort weg. Du bist Dein eigner Herr. Wenn man sich wohl f�hlen will, so ist es durchaus notwendig, da� man es zu Hause behaglich hat, und selbst wenn Dich Dein Aufenthalt weit mehr kosten sollte, als jetzt, — lieber das, als wenn Du Dich �rgern mu�t oder kaum wagst, Dich satt zu essen!

Vergi� das nicht!

Ich m�chte Dich so gern einmal hier auf der Hochschule haben; es ist die beste des Nordens, und Schr�ders sind unsre Freunde von alters her. Liebste, Du solltest die M�dchen turnen sehen! Das w�re was f�r Dich, — etwas, um ganz und gar gesund zu werden. Doch davon ein andermal.

Ich habe nun 9000 Kronen Schulden bezahlt und werde noch mehr abzahlen. Dann haben wir Ruhe. Zu Weihnachten in Kristiania (bei Bj�rns, die sich rasend freuen), und dann zur�ck nach Schweden, und aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch nach Finnland. Eine schwere Tournee, eine gro�e, gro�e Anstrengung, �ber die ich allein durch Mutters immer wache Pflege hinwegkomme. Dies in aller Eile. Wieder weiter!

Dein Freund Vater.

Gr��e die lieben Heides und Cavlings und Kiellands und Runebergs, und danke letzteren f�r die Briefe!

Liebe Bergliot, Du m��test Mutter mit Deiner B�ste herumziehen sehen, aus und ein, wie sie die verschiedensten Standorte, jede Art Beleuchtung ausprobiert; dann die Treppe damit hinauf, vor den Spiegel, wo die B�ste eine Weile stehen bleibt, dann zu mir herein, damit sie nicht entzwei gehen soll. Heute wieder von da weg — ich wei� noch nicht, wohin. Vermutlich endigt sie vor dem Spiegel im Korridor auf einem eigens dazu angefertigten Sockel. — Sie ist fein, die �hnlichkeit in einem Teil des Geistigen sicher getroffen; aber das Ganze gewisserma�en verkleinert; besonders die Unterpartie. Immerhin, — nur ein echter K�nstler konnte sie modellieren. Es ist ganz famos, da� wir sie haben. Danke ihm vielmals, und innigen Dank Dir, die sie uns geschenkt hat. — Was Du �ber Arve schreibst, freut uns; ich wu�te, er w�rde ein gro�er Meister werden. Ich habe sofort den Vater gebeten, ein Darlehen f�r Arves Rechnung aufzunehmen; sie mu� so gro� sein, wie der Junge w�nscht! In zwei Jahren mu� er es selbst �bernehmen k�nnen. — Und es freut mich in jedem neuen Brief zu lesen, da� Du Dich mit Deiner Kunst verheiratet hast, da� eine Fertigkeit nach der andern aus Deinem gewissenhaften Flei� im Zusammenleben mit ihr geboren wird. Dieses innige Zusammenleben ist notwendig. Besonders f�r Dich; denn es liegt kein, absolut kein Erbe von Virtuosit�t in Dir. Unsere Familie hat diese erarbeitete Gabe nicht; so da�, falls Du sie erlangst, es allein geschehen kann durch eine Energie und einen Flei�, der seinesgleichen in der Familie nicht gehabt hat. Ohne das geht es nie und nimmer. Und wenn Du auch Deine vier (oder viereinhalb) Jahre lang singst, Du wirst sehen, Du mu�t trotzdem noch immer weitermachen. Du mu�t das schwer erringen, Zoll f�r Zoll, was andere leicht nehmen wie im Spiel. Denn Du hast kein Erbe, das Dir als Sprungbrett dient. Da� Du bereits so viel erreicht hast, mu� Dich aufmuntern, immer weiter zu gehen! Und mit derselben treuen Behutsamkeit; — die darfst Du niemals au�er acht lassen.

Ja, ich bin so gl�cklich �ber Deine Fortschritte und Dein Gl�cksgef�hl, da� Du Dich ihrer selbst bewu�t bist, — ja, das ist gegenw�rtig mein liebster Gedanke. — Hast Du Darwin, 7. und 8. Heft gelesen? Das ist das Herrlichste in seiner Art. Stell’ Dir vor, — Einblick zu gewinnen in die Werkstatt eines so bahnbrechenden, so gro�en Werks, wie es der „Ursprung der Arten“ ist, eines Werks, das umw�lzend gewirkt hat auf das Gedankenleben der Menschen! Ich lese auch sonst viele herrliche Dinge gegenw�rtig. Und sammle Leute um mich zum Vorlesen. — Die Politik �rgert mich gewaltig; ich mag nichts �ber sie schreiben. Aber hier ist ein Keimen in der Luft; die Norweger sackt keiner ein!

Dein Freund Vater.

Ich kann mir kein rechtes Bild von den Leuten machen, in deren Haus Du bist; ich mu� Dich mir hinter langen Gardinen in einem leeren Zimmer denken, wo Kohlen im Kamin glimmen, und sehe nur Schatten an Dir vor�bergleiten. Es w�re h�bsch, wenn Du mich auch Menschen sehen und Stimmen h�ren lie�est.

Es geht uns ja nun gut insofern, als wir Geld f�r eine Menge kleinere und gr��ere Bed�rfnisse haben, die wir fr�her nicht befriedigen konnten, und dazu die Aussicht, in Zukunft sorgloser leben zu k�nnen; aber wir verdienen doch nicht so viel, wie es den Anschein hat. Und all die Menschen, die wir kennen lernen, und all die Freude, die wir erleben! Sind wir erst einmal damit durch, so wird es erg�tzlich sein, das Erlebte und Gesehene zu sammeln.

Innig geliebte Bergliot, ich sehne mich so danach, Dich wieder so gesund und fr�hlich zu sehen, wie damals, als Du aus D�nemark kamst. Hoffentlich wird es auf Aulestad so gem�tlich, wie wir es uns f�r den Sommer w�nschen; ich freue mich von Herzen darauf; aber am meisten auf die Arbeit, selber mit Steine zu brechen und dadurch mehr Erdreich zu gewinnen. Irgendeinen Sammelpunkt mu� die Familie auch nach unsern Tagen haben, und das wird wohl Aulestad sein; wir werden versuchen, es so gut in Stand zu setzen, da� es dem, der den Hof besitzt, auch etwas abwirft. Erling ist begeistert f�r die Landwirtschaft, so da� es den Anschein hat, als m�sse er die Aufgabe l�sen k�nnen.

Wir sitzen nun hier bei Hedlunds, die uns lieben und die wir wieder lieben. Wir haben an vielen Ecken und Enden der Welt Familien, die uns geistig verschwistert sind, und ohne die wir uns unser Leben nicht mehr denken k�nnen; wir m�ssen sie ab und zu besuchen. Wir denken, es soll auch einmal f�r Euch ein gutes Erbe sein, die treue Anh�nglichkeit all dieser warmen Menschen. Die Liebsten sind und bleiben uns Hedlunds.

Ich habe eine ganz m�chtige Sehnsucht, wieder an meinen Roman zu gehen! Aber alles l��t sich nicht zu gleicher Zeit tun. Wenn ich doch so gut verdiente, da� ich den Kauf von Solbakken verantworten k�nnte; dann h�tten wir eine Behausung f�r Sommerg�ste und auch f�r Erling, wenn er eine Frau nach seinem Geschmack findet. Wir legten dann Telephon zwischen den H�usern an, und auch hin�ber zu anderen, die mit uns in Verkehr stehen. Ich will zusammen mit mehreren in der Gemeinde und im Sanatorium eine Station f�r Telephon bis nach Lillehammer errichten lassen. Heutzutage meint man ohne Telephon nicht mehr auskommen zu k�nnen. — Alle Deine Freundinnen hier lassen Dich gr��en; sie erkundigen sich sehr nach Deinem Gesang; aber ich kann ja nicht viel antworten; ich wei� so wenig davon, und im Grunde wirst Du wohl selbst nicht mehr wissen. So viel scheint mir sicher, da� Du vier Jahre statt drei wirst studieren m�ssen, und ich hoffe, ich kann es durchf�hren. Meine Ansicht ist: werde vollkommen darin; was f�r einen Gebrauch Du sp�ter davon machst, ist weniger wichtig; die Hauptsache ist das Talent, und das Bewu�tsein, das Meistm�gliche daraus gemacht zu haben.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Mutter ist ein paar Tage unwohl gewesen; aber nun ist es wieder vor�ber. Dank f�r Deinen letzten Brief. Hier machte in den Zeitungen ein Brief Cavlings an „Politiken“ �ber Dich die Runde, an dem kein wahres Wort war. Das ist doch ein Satanskerl! Pack’ ihn und hau’ ihn durch! Haben sich Br�kstad und Thommessen in Paris entzweit? Warum? Sag’ es mir! Ferner, erz�hl’ uns umgehend, was Du mit Mad. Viardot-Garcia anf�ngst!

Ich bin in diesen Tagen besonders guter Laune. Ich will so viel und ich glaube, ich vermag auch noch viel. Und dann glaube ich, wir stehen wieder dicht vor einem Aufschwung; ich glaube es. Seltsame, starke ethische Kr�fte dringen von allen Seiten herein, strengere Forderungen, ehrlicherer Wille. — Was einen angewidert und dabei gepeinigt hat, die Verr�terei im gro�en und kleinen, hat seinen Hexensabbat gehabt; jetzt sollst Du sehen, es wird bald Tag. Jedenfalls kann der Mensch nicht arbeiten, wenn er nicht diesen Glauben hat. Und ich habe ihn! — —

Dein guter Freund Vater.

Deine Briefe machen uns viel Spa�, liebe Bergliot, und Deine ganze Natur tritt in jedem einzelnen klar zutage. Du bist die wiedererstandene Jugend Deiner Mutter mit dem Mehr, das Dir die Gelegenheit zu zeitiger Entwicklung gegeben hat, die ihr fehlte, die sie aber sp�ter nachzuholen wu�te; also f�r mich bist Du etwas von der Wonne, die ich in den Tagen meiner Verliebtheit empfand. — Karl Konow war hier mit seinen Geschwistern; wie der sich herausgemacht hat! Nie ist er so h�bsch gewesen, so gesund, so unterhaltend. Er hat alle Herzen erobert, Mutters, meins, Erlings und Keilhaus, der gute Karl. — Wie entz�ckend doch so ein norwegischer Winter ist; f�r mein Gef�hl �bertrifft er den Sommer. Bald sollst Du von Hegel die norwegischen B�cher bekommen, die zu Weihnachten erscheinen. Ich wollte, ich w�re mit darunter; aber ich werde bei weitem nicht fertig. Ich schreibe diesmal was Feines. Bitte keinen Schritt, um mit Lies zusammenzukommen! Ergibt es sich von selbst, ja; sonst auf keinen Fall. Vergi� ja nicht, Tschernings zu gr��en! — Sverdrup ist ja jetzt bald erledigt, soviel ich h�re. Die Rechte nimmt nun wohl selbst das Heft in die Hand?! — Erling ist t�chtig in der Wirtschaft. Aber Ejnars Brief verr�t, da� er in Footchou in zu gro�e Geselligkeit geraten ist, die gef�hrlich f�r Gesundheit und Charakter werden kann.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, nein, ich bin nicht daf�r, da� Du mit Brandes zusammentriffst. Ich meine, sch�tze nur Krankheit vor, wenn Du in dieser Zeit zu Schandorphs oder Cavlings eingeladen wirst; es ist ja auch die Zeit, in der Du am meisten zu tun hast, — falls Du durchaus den Juni �ber drau�en bleiben willst.

Schandorphs Urteil �ber Literatur und Kunst ist sehr saftig, wie sein Naturell — kognak-getr�nkt. Das Urteil der Menschen ist in der Regel wie ihr Leben, immer wie ihre Natur. — Was Strindbergs „Julie“ uns zeigt, ist das Experiment eines begabten, aber ungesunden Burschen, der dasitzt und konstruiert — und ganz und gar nicht dem Leben folgt. Folgen wir dem Leben (womit sie sich immer nur br�sten), so ist alles viel weniger �berraschend; Aufsehen wollen sie machen; das ist f�r sie Nummer eins. — Du kannst ganz ruhig sein: so wird die Literatur nicht werden; aber sie ist voll Verschrobenheit und Ziererei so lang auf Abwegen gewandelt, da� sich mit Recht ein brutaler Protest erhoben hat. Wei�t Du noch, da� Arnljot Gellines Lied, wie er seine Liebste als Beute in den Wald tr�gt, seinerzeit als unanst�ndig ausgemustert wurde; Magnhild war ein Buch �ber — freie Liebe; auch Leonarda war das! Ja, sogar „Es flaggen Stadt und Hafen“ ist unanst�ndig. Da mu�te die Natur ihr Recht wieder geltend machen, und das hat sie durch diese Menschen getan, — aber so getan, da� nun wieder protestiert wird. Es gibt nicht viele unter uns, die ihren gesunden Gang gehen! — Ja, jetzt macht der Schnee Ernst, zu schmelzen. Auf den H�hen ist schon alles kahl, hier durch den Hof geht ein Flu�; aber das Moor liegt noch unterm Schnee. Auf dem Altan den ganzen Tag alle, die nicht arbeiten. — Griegs trafst Du also nicht. Ich hatte einen Brief von Werenskjold, den ich so auffa�te, als wolle er diesen Sommer nach Bergen und Griegs malen, und erst den n�chsten nach Aulestad. Ich werde ihm antworten; aber frag’ ihn, ob ich ihn recht verstanden habe. Ich werde diesen Sommer ein Lustspiel mit Gesang schreiben, und ich denke so halbwegs, Grieg zu bitten, da� er hierher kommt und zusammen mit mir arbeitet. Aber das hat noch gute Weile. Das Lustspiel ist nur ein einziger langer, sehr langer Akt, psychologisch ungemein interessant und hei�t „Der K�nig kommt“! Es steckt mir schon mehrere Jahre im Kopf. Davon sollst Du n�chsten Winter in Paris leben. Ich m�chte aber nicht, da� Cavling etwas hier�ber in irgendeine Zeitung bringt; vergi� das nicht! Ach, ist das hier ein Wetter! Von morgens bis abends, Tag f�r Tag, Woche f�r Woche wundervoll! Ach, wie ich mich in Norwegen wohl f�hle! Meine s��e, liebe Bergliot, alles, was Du von Deinem Gesang schreibst, freut mich unb�ndig. Du sollst auch auf Solbakken ein Klavier haben!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, gestern hatten wir einen Brief von Ejnar; es scheint ihm in jeder Hinsicht ausgezeichnet zu gehen; er schickt eine Photographie von sich selbst mit f�nf anderen zusammen, bis auf einen alles Zollmenschen; es scheinen brave, gutm�tige Leute zu sein; aber aus den Gesichtern zu schlie�en, scheint Ejnar ihnen �berlegen; er hat sich �berhaupt sehr herausgemacht. Es hat auch den Anschein, als w�rden ihm schwierige Arbeiten zugewiesen, bei denen eine Verantwortung ist, und er ist stolz darauf. Von seinen Geldverh�ltnissen schreibt er, sie st�nden gut. — Wir haben jetzt „Fr�ulein Julie“ gelesen. Ob wirklich in der Welt ein Mensch glaubt, da� das wahrscheinlich ist? Hat es jemals irgendwo zwei Menschen gegeben, die dieses Zwiegespr�ch gehabt und sich in einer einzigen Nacht so aufgef�hrt haben? Oder hat es irgendwelches Interesse, es sei denn, Sensation zu machen mit etwas, was sonst nicht die Regel zu sein pflegt? Auch Ibsens Poesie f�llt meines Erachtens allzu stark unter das Ungew�hnliche und rein Unm�gliche, um auf die Dauer, d. h. wenn die Sensation verflogen ist, das allgemeine Interesse bewahren zu k�nnen. Aber mag es damit sein, wie es will, — Strindbergs Poesie ist obendrein schmutzig. Er ist selbst ein bedenklicher Kerl, und das spiegelt seine Dichtung wieder. Es gibt zwei Arten von B�chern, — solche, die in den Menschen die Freude am Leben, die Sehnsucht nach dem Guten steigern, und solche, die das nicht tun; die ersten sind gut, die anderen sind schlecht, so ausgezeichnet und genial sie auch in Einzelheiten sein m�gen. — Es hat mich rasend gefreut zu h�ren, da� es „brillant“ geht mit Deinem Gesang. Ja, das hat mich gefreut wie nichts anderes augenblicklich. Mein lieber Schatz, wie sich das ganze Haus dar�ber gefreut hat! Das mu� ich Dir sagen: — Du kannst Dir nicht vorstellen, wie gespannt ich bin, was daraus werden wird. Nicht auf die �u�erliche Entwickelung, die es nehmen wird, ob Du Operns�ngerin wirst usw.; das mag seinen nat�rlichen Lauf haben; nein, ob Du die Gabe erringst, die ich mir f�r einen Norweger ersehnt habe — die Gabe, uns hinzurei�en, uns in einen Sch�nheitstaumel zu versetzen. Uns regelrecht zu verzaubern. Noch hat keiner sie gehabt. Erringst Du die, so werde ich wieder jung und froh, — froher, als �ber irgend etwas, was ich selbst oder ein anderer geleistet hat. Mutter sitzt und schreibt f�r mich ab in diesen Tagen, da� ihr die Finger steif werden und der K�rper krumm und lahm; aber es ist doch ihre liebste Arbeit. Es ist ein Jammer mit meinem Buch, da� es zu lang wird; aber das l��t sich diesmal nicht �ndern; es soll auch nie mehr vorkommen. Ich will fortan f�nf Jahre lang nichts anderes tun als schreiben, schreiben, schreiben. Und dann punktum finale! — Du h�ttest die Materna h�ren sollen; um jeden Preis. Sie war Richard Wagners Liebling. — Es ist wieder Schnee gekommen; also werden wir das Fest der Schmelze noch einmal haben, vielleicht sogar noch zweimal. Nett!

Dein Freund Vater.

Ich finde, liebe Bergliot, es w�re eine wahre S�nde, wenn ich Dir nicht ein paar Zeilen schriebe. —

Mir ist nicht recht klar, weshalb ich an Jonas Lie schreiben soll, nein, ich tue es nicht. Mir liegt nichts daran, da� Du mit ihnen verkehrst; Du wirst keine ungetr�bte Freude daran haben. Aber wenn Du es durchaus willst, so w�rde ich schon eine Form finden k�nnen; z. B. jetzt bei meinem neuen Buch.

Ich sehe, Br�kstad ist in Paris gewesen, um sein Geld loszuwerden, das leichtsinnige Huhn. Aber er war wohl gem�tlich? — Meine liebe, s��e Bergliot, h�rst Du auch genug Musik? Du schreibst nichts dar�ber; und es macht mir Sorge, da� Du vielleicht die Maschine nicht mit dem Verst�ndnis und dem Geschmack �lst, die wir immer aus der Arbeit anderer gewinnen. — Du sagst, wir sollen Cavlings danken. Ja, was ist ein Brief f�r ein merkw�rdig armselig Ding; weder er noch sie zweifeln an unsrer Dankbarkeit. Wir m�ssen bei Gelegenheit etwas anderes f�r sie aushecken. Aber ich wei� noch nicht was. — Jetzt beginnt der gro�e Schneeschmelzproze�, und der ganze lange, kahle Fr�hling hinterher ohne Gr�n. Haben wir einen Winter ohnegleichen gehabt, so m�ssen wir jetzt f�r ihn b��en. — Ich glaube annehmen zu k�nnen, da� Du jetzt gut franz�sisch sprichst. Ist das der Fall? Dann k�nntest Du vielleicht auch lernen, es korrekt zu schreiben? Ich sehe, Du schreibst immer noch „brilliant“ statt brillant. — Mutter wird entsetzlich taub, Du; aber prachtvoll sieht sie aus! Und so gesund ist sie! Sie behauptet, sie schlafe nicht gut, wenn sie nicht von halb zehn bis acht Uhr durchschl�ft! — Ich lese das 10. Heft von Darwin; hast Du es bekommen? Wenn nicht, so sag’ es mir oder schreibe an Husebye & Comp., Storgaten, Kristiania. Ich finde, es geh�rt zum besten, was man in der Welt lesen kann. Gibt es etwas Franz�sisches, was sich lohnt, so kauf’ es, lies es und schick’ es mir! Dann werd’ ich es Ejnar schicken. Nichts geht �ber einen gem�tlichen Schwatz; aber gleich danach kommt ein gutes Buch.

Heute habe ich nichts zu schreiben, ich sitze da mit leerem Kopf, weil das, was ich drin habe, bei der Erz�hlung ist und f�rs erste nicht heimkommt.

Dein Freund Vater.

Liebe, s��e Bergliot, die Treue, mit der Du an Frau L�rig h�ngst, ber�hrt mich sehr angenehm, — nat�rlich vorausgesetzt, da� Du sicher bist, sie kann Dich weiter bringen.

Treue und alles, was einen Menschen darin festigen kann, ist das Mittel, unser Gem�t und unsern Charakter zu erweitern. Nichts bringt so gro�es Leid, aber auch nichts so gro�e Freuden; deshalb f�hrt auch nichts so viel der Seele eines K�nstlers und dem Willen eines Menschen zu. Halt an der Treue fest, Bergliot, sie ist die Krone des Lebens! Alles andere, was die Menschen so nennen, ist es nicht, — m�gen nun Priester oder Gott wei� wer sonst es behaupten. Allein die Treue ist es. Dabei aber erhebt sich die Frage: wem schuldet man das Meiste? Also auch die h�chste Treue? Dem Vaterland. Unter diesem Namen hast Du Wahrheit, hast Du alles Gute. Pa�’ auf, da� Deine Treue gegen die Menschen niemals in Widerstreit kommt mit Deiner h�chsten Verpflichtung. Erst sie, dann alles andere! — Ich zweifle nicht, da� gerade Du hierin meinen Spuren folgen wirst, meine liebe, treue Bergliot, und obwohl die Gelegenheit, Dir das zu sagen, etwas fern liegt, so benutze ich sie doch. Du bist au�erordentlich pflichttreu (das hast Du wesentlich von Deiner Mutter) und daraus folgt die Treue gegen andere.

Falls Lies keinen Krieg, direkt oder indirekt, gegen uns f�hren, so magst Du sie besuchen; aber am liebsten in Arves Begleitung; und dann m��t ihr zusammen spielen und singen, was ihr uns vorgespielt und vorgesungen habt; so k�nnt ihr ihnen ein St�ck Sommer von uns bringen und sie gleichzeitig von uns gr��en.

Dein nerv�ser Brief an Mutter hat uns sehr erschreckt. Was, glaubst Du, wird die Folge sein, wenn Du diese Deine Nervosit�t nicht bek�mpfst? Du mu�t mehr an die Luft, Bergliot! Sag’ lieber Deine Unterrichtsstunden ab! Hast Du �berhaupt Nutzen davon?

Wir haben einen herrlichen Sp�therbst, voll W�rme und Sonnenschein, die K�he sind noch drau�en, und heute schreiben wir den letzten Oktober. Wir haben ein gutes Jahr gehabt. Aber wir haben den gro�en Kummer, da� X. nicht nur lotterig, sondern unredlich gewesen ist. Er hat mir das Geld durchgebracht zu Tausenden. So werde ich auf alle m�gliche Weise geschunden. — I�t Du jetzt gut? I�t Du Dich ordentlich satt? Vergi� nicht, das zu beantworten. Lebwohl, mein liebes, s��es M�del. Und vergaff’ Dich in keinen, sondern komm wieder als unser altes, munteres Prachtm�del!

Dein Vater und Freund
B. B.

Liebe Bergliot, das ist ein sch�ner Vorsatz, an dem Du festhalten mu�t, uns jeden Montag zu schreiben. — Deine Briefe machen uns immer Freude. Von allem, was Du erz�hlst, hat nichts mich so gefreut, wie da� Du nicht lange aufbleibst abends. Wenn Du daran festhalten kannst, wenigstens als Regel, so da� das andere zur seltenen Ausnahme wird, so hast Du darin ein Kr�ftigungsmittel, besser als die meisten anderen. — Du erz�hlst nichts davon, wie Du lebst. Du i�t doch gut bei „Deiner alten Dame“ — und genug? Erz�hl’ mir das besonders, und verdient sie es, dann gr��e sie herzlich. F�r Dein Geld, d. h. f�r das, was Du selbst verdienst, mu�t Du Musik h�ren; f�r Deinen Unterhalt und Deine Kunst sollst Du genug bekommen. — Ich m�chte gerne h�ren, ob Frau L�rig daf�r einsteht, da� das, was so eine deutsche (oder franz�sische) S�ngerin Dir sagt, auch wirklich so gemeint ist; nicht blo� gesagt als Aufmunterung oder Schmeichelei. Ist Frau L�rig der Ansicht, die andere habe wirklich das gemeint, was sie sagt, dann w�nschen auch wir es zu erfahren. — Was wirst Du in dem Kirchenkonzert singen? Ich habe es nicht recht verstanden. Und was ist es f�r eine Kirche? Das macht mir viel Freude. — Gestern, an Mutters Geburtstag, machten wir eine Spazierfahrt in unserm, mit blauem Samt ausgeschlagenen Breitschlitten, mit unserm B�renfell und zwei Pferde vor, und Erling kutschierte. Aber Mutter hat solche Angst jetzt vor dem Fahren, da� ich sie kaum wiederkenne. — Ich lasse Dir Ibsens neues Buch schicken; es scheint gro�z�gig zu sein und auch milder als die vorhergehenden. Ich habe eine patriotische Freude an dem Gl�ck, das er macht als bahnbrechender Dramatiker. — Mir selbst geht es gut mit dem Schreiben augenblicklich; Du wirst seinerzeit Freude daran haben, wenn Du es liest. — Im �brigen herrscht hierzulande eine Reaktion und eine Engherzigkeit, die alles �bersteigt, was ich bisher f�r m�glich gehalten habe. Aber wir m�ssen wieder lichtere Zeiten zuwege bringen. Jeder, der durch Kunst Sch�nheit und Lebensfreude in unser Leben legt, arbeitet daf�r. Wir werden unsre Zeitgenossen erleuchten und erw�rmen, und so beharrlich darin sein, da� wir durch den Dunst und Staub vermodernder Vorzeits�berbleibsel des Glaubens und der Sitten und der materiell und pietistisch versauerten Erde strahlend durchdringen.

Dein Freund Vater.

Liebe, s��e Bergliot, Dank f�r den Geburtstagsgru� und Dank im voraus f�r die B�ste. — Du schreibst, da� ich zu streng bin gegen Dr. N. N. Ja, wieso? Ein besseres, edleres Gem�t gibt es nicht; und eine Begabung, so fein und gro� und so reif f�r allumfassendes Denken, da� sie Seltenes leisten k�nnte. Und eine Liebensw�rdigkeit, eine S��e in Wesen und Augen und L�cheln, die ihn unsterblich macht bei allen, �ber die er sein Bild ausgegossen hat.

Aber vor lauter Selbstreflexion so unsicher, so zersplittert von eitler Gefallsucht, so eingenommen von seinen eignen Einf�llen in Selbstbewunderung und der Bewunderung anderer, da� er vor sich selber nicht mehr zur Ruhe kommt. Und, um immer in g�nstiger Beleuchtung zu stehen, so unwahr, da� er nicht zwei Personen dasselbe erz�hlt! Er kann sich gro�e M�he geben, um etwas zu erreichen; aber hat er es erreicht, so ist er dessen in der Regel �berdr�ssig. Er kann sich auch um einer Laune willen wegwerfen. Eine derartig unruhige Natur ist nie �ber den Augenblick hinaus gl�cklich und wird seine Umgebung mit sich rei�en. Ja, ich k�nnte noch lange so weitermachen. Es gibt wenige Menschen, die ich so lieb haben kann, wie solche einschmeichelnde Begabungen, die die des Geistes und des Herzens in gleich hohem Grade besitzen. Aber w�hrend ich ihn genie�e, wei� ich, da� er meiner bereits m�de ist. Und das Gef�hl l��t niemals eine Sicherheit aufkommen.

Es hat mich ge�rgert, da� Du um Dein Kirchenkonzert gekommen bist. Aber es findet sich wohl etwas anderes f�r Dich, damit Du den Mut zum Auftreten gewinnst. Du vergi�t zu erz�hlen, wie es mit Deinen Trillern geht? Ob Du es erfa�t hast? Hierzu — besonders aber zu der Fertigkeit, den Ton sicher eine Oktave zu schleudern, — dazu geh�rt eine Hundearbeit f�r Deine Art Stimme! Und das erfordert eine raffiniertere Natur als die Deine; denn es liegt wenig oder gar keine Virtuosenbegabung in unserer Familie — von meiner Seite eine alte Bauernsippe, und von Mutters Seite ein Gelehrten- und Handwerkerstamm. Soll sie aber trotzdem erreicht werden, so mu� den Mangel an Vererbung die unglaublichste Arbeit ersetzen. Und die unerm�dliche und doch vorsichtige Art, wie Du es anpackst, mu�, glaube ich, zum Ziele f�hren. — Danke f�r Zola! Das ist recht! Kaufe alles, was Aufsehen macht! Hast Du je einen Menschen gekannt wie „die Frau vom Meere“? Was? — S��e Bergliot, la� uns bald von Dir h�ren.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, das „mit Seele singen“ beruht nicht allein darauf, da� man selbst „Seele“ hat, die Gabe poetischer Interpretation von Wort und Musik besitzt, es beruht darauf, da� einer (oder eine) gearbeitet hat. Solange das Technische noch Schwierigkeiten macht, ist es au�erordentlich schwer, mehr zu erreichen als das Technische; man hat nicht Zeit zu mehr; man wird gehemmt durch das Bestreben, es „richtig“ zu machen; das �brige mu� gehen, wie es will. Aber wenn das Technische �berwunden ist, dann beginnt dem der „Geist“ der Sache aufzugehen, der Gef�hl daf�r hat. Dieses „Gearbeitet-Haben“, so da� man in jedem einzelnen Teil Herr ist �ber das Technische, und dabei die seelische Offenbarung vom Sinn des St�ckes hat, das ist Vorbedingung des „mit Seele Singen“. Wer ungeheuer viel studiert und viel Musik geh�rt hat, kommt leichter dazu; schlie�lich ist das Technische in dem Ma� �berwunden, da� man vom ersten Augenblick an einzig mit dem Geist des St�ckes besch�ftigt ist; f�r alle aber gilt es, im Augenblicke der Wiedergabe au�erdem „aufgelegt“ zu sein, die Inspiration (Beseelung) des Vortrags aus der Macht des momentanen Gef�hls zu sch�pfen. Wer ein pers�nliches Leben lebt, wer gebildet ist, so da� sein (oder ihr) Verst�ndnis feiner und mannigfaltiger ist, legt nat�rlich mehr hinein, als jemand, der blo� alle Kunstgriffe kennt und alle Variationen bei hundert anderen K�nstlern geh�rt hat. Einzig die urspr�nglichen Individuen sind es, die dauernd zu ersch�ttern verm�gen; niemand sonst.

Die „reichen“ Naturen, die, welche das gro�e Talent in den tausend Geschehnissen des Lebens ge�bt haben, deren Herz weich, deren Verstand scharf, deren Mut sicher geworden ist in K�mpfen ohne Zahl, die meistern sich selbst, wo sie auch stehen, sie beherrschen das „Aufgelegtsein“ wie Geister, die ihnen Untertan sind; denn das allein hei�t: in sich selbst zu Hause sein, ohne da� andere einen st�ren k�nnen.

Vor allem, Bergliot, will das „nicht mit Seele Singen“ nur besagen, da� entweder das St�ck so schwer ist oder Dir so neu und ungewohnt, da� Du nicht in seinen Geist eingedrungen bist, oder auch, da� Du nicht gen�gend gearbeitet hast, oder da� im Augenblick etwas Dir im Wege steht, so da� Du nicht all das herausbringst, was Du sonst in das St�ck hineinlegst.

Ich rate Dir, versuch’ in den Geist jedes einzelnen St�ckes auf Deine eigne Weise einzudringen und Dich nicht eher zufrieden zu geben; niemals aufzuh�ren bei dem ausschlie�lich Technischen. Je �fter Du auf diese Weise Dich selbst erw�rmt hast, um so wahrer machst Du es zuletzt. Um so leichter f�llt es Dir von St�ck zu St�ck.

Gestern bekam ich einen Brief von Franz Beyer, Griegs bestem Freund und Nachbar, mit den flehentlichsten Bitten, „Olav Tryggvason“ f�r ihn fertig zu schreiben. Ja, so ist es; alle wollen sie mich ausnutzen, alle, alle. Ich soll bei allem mit dabei sein, f�r die Interessen aller. — K�rzlich erhielten wir einen ungemein wichtigen Brief von Ejnar, er gibt gute Ratschl�ge f�r den Kampf des Tages hier daheim; als ob er von China aus eingreifen k�nnte! — Bj�rn hat zwei rasend am�sante Sachen im Dagbl. geschrieben unter der Spitzmarke „Ein Zivilist“.

Ja, nun rei�en sie mir den Brief weg. Hier ist Schneesturm; man sieht nicht zwanzig Ellen weit. Nett.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, jetzt bekommst Du den „Professor“! „Die Unvers�hnlichen“ von Garborg ist gar nichts wert. — Wir lesen t�glich Kiellands Blatt; es ist geschmeidig, fl�ssig und klug geschrieben. Er ist offenbar f�r Politik veranlagt. Gerade jetzt zeigt er sichere Gewandtheit, w�hrend seine ganze Familie sich insolvent erkl�rt hat; es sieht aus, als wollten sie wieder festen Fu� fassen, und dabei wird er von allen seinen mannigfaltigen Kr�ften als Leiter einer Zeitung unterst�tzt. Vielleicht gl�ckt es. „Monogamie und Polygamie“ ist in 11000 Exemplaren verkauft und verkauft sich st�ndig weiter, also Gift f�r Boh�miens.

Meine liebe Bergliot, die Sache mit Deinem Heimweh ist wohl auch ein bi�chen Verz�rtelung, weil Du niemanden hast, an den Du Dich anschlie�en kannst. In dieser Hinsicht ist Paris auch sonderbar; man kann jahrelang dort leben und kommt nirgendwo hinein. Oder es ist unsre eigne Schuld. Ich schrieb an Sansot, er solle Dich aufsuchen, vielleicht tut er es. — Danke dem lieben Werenskjold f�r seinen Brief. Dank’ ihm f�r all seine G�te und Treue in dem alten, schweren Jahr, ihm wie seiner Frau! Ich bin so �berb�rdet mit Briefen und so gedankenleer, mitten in meiner Schreiberei, da� es ihm nicht ein Jota n�tzte, wenn er einen Brief von mir bek�me. Nicht ein Jota. — Denke Dir, jetzt ist es erwiesen, da� noch bis ins vorige Jahrhundert Frauen in allen Handwerken vertreten waren (wie noch heute in Frankreich!); die B�rgerbriefe wurden auf Mann und Frau ausgestellt, und sie hatte Spielraum f�r ihre Talente; erst in diesem letzten Jahrhundert ist sie auch hier herausgedr�ngt worden. Gleichzeitig ist nachgewiesen, da� sie in der ersten christlichen Kirche Pfarrer war, die Sakramente austeilte, taufte, und da� sie erst im 7. Jahrhundert und im Mittelalter �berhaupt so gewaltig unrein und s�ndig wurde, da� sie mit etwas so Heiligem nicht mehr betraut werden konnte. Und zwei Arten von Einfl�ssen waren es, die diese Ausschlie�ung verursachten, ein heidnischer von dem Griechen Aristoteles her, der „das M�nnliche“ so hoch hielt, und ein christlicher (eigentlich ein Einflu�, der durch das Judentum in das Christentum kam), wonach die Asketen (die Selbstqu�ler) das Weib verfluchten. — Aber nun sind wir in dem gro�en Revolutionsjahr, nun soll es anders werden!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, nur ein paar Worte in aller Eile! Herzlichen Dank f�r Deine treffenden Briefe, die uns jedesmal so viel Neues erz�hlen. Du hast doch wohl das siebente und achte Heft von Darwin gelesen. Ist „Die Entstehung der Arten“ ein Weltereignis ersten Ranges, so ist ein so lebensvoller Einblick in die Werkst�tte, wo sie geworden ist, einzig in der Weltliteratur. Dieses sei die Einleitung f�r Deine Lekt�re. Es sollen Dir ein paar B�cher von hier zugeschickt werden unter der Bedingung, da� Du sie an Ejnar weiterschickst. Auch werde ich f�r Dich etwas aus dem „Dagblad“ herausschneiden, das ich �bersetzen lie� und zurechtgestutzt habe.

Wir bekommen lange pr�chtige Briefe von Ejnar, und Du kannst Dir denken, wie es uns freut. Er ist also ebenso frei von aller Art Verlobung wie Du. So kommt sie — falls sie kommen soll — um so reifer und �berlegter, so da� R�cksicht auf eine gesunde Familie und gutes moralisches und intellektuelles Erbe genommen wird. So etwas darf nicht l�nger auf gut Gl�ck und Zufall beruhen. Jonas Lies Buch �rgert mich, weil er mit seinem Talent sich zum Stile Krohgs und J�gers herabgelassen hat, der nur Eintagswert besitzt und einen d�rftigen Stoff wie die englischen Blaustrumpf-Romane in die L�nge zieht. Das hier sollst Du Werenskjold wortgetreu vorlesen. Und ihn sollst Du gr��en wie meinen Bruder, und sie sollst Du umarmen und k�ssen von mir. Peters �lteste zwei M�dels sind hier zu Besuch bei den zwei j�ngsten. Sie sind ganz pr�chtig allesamt, und ich denke bei mir selbst — wenn auch in unserer Familie Fehler sein m�gen wie in den meisten —, stolz und innerlich wahr ist sie von Grund aus. — Wie herrlich es jetzt hier ist, das spottet jeder Beschreibung mit Feder und Pinsel; das mu�t Du Werenskjold sagen. Noch ist der norwegische Winter nicht geschildert, nicht vom Landschafts- noch Figurenmaler, und am allerwenigsten vom Klein- oder Stillebenmaler. Nein, blo� ein winziges St�ck umz�unten Hofes mit Aussicht auf die Baumst�mme eines H�gels, wo sie so dicht stehen, da� der Schnee nicht auf den Boden durchschl�pfen kann! Gr��’ Inga!

Dein Freund Vater
B. B.

Liebe Bergliot, rasend wenig Zeit; aber ich mu� mich schriftlich dar�ber �rgern, da� Du zur Belustigung der Skandinavier mitbeitr�gst, was nie etwas anderes gewesen ist als undankbar, und niemals zu etwas anderem gef�hrt hat als zu schlechter, ekelhafter Kritik und Feindseligkeit und Mi�gunst. Es war ja doch abgemacht, da� etwas Derartiges nie vorkommen sollte. Und jetzt stehst Du mitten drin, und ich bin sicher, Du hast hinterdrein nur �rger davon. — Nun liegt nur wenig Schnee noch l�ngs der Wege unten auf dem Moor, sonst alles kahl. Wir haben die Maurer gehabt, die Kuhstall- und die Pferdestallmauer frisch verputzt, den Keller aufgebrochen, den inneren mit dazu genommen und zum Weinkeller gemacht, man geht l�ngs der Mauer gegen S�den hinein, gleich unterhalb der winzigen Kammer, in der das Piano steht. Der Wein liegt unter der Stube, wo Keilhau und Arve schliefen. Nun kommen die Maler, und da sollen die Gesindestube und Oles Zimmer in stand gesetzt werden. — Mit meinem Schreiben geht es gut augenblicklich und ich bin in blendender Stimmung. — Jedesmal, wenn ein Brief von Dir kommt, ist das unser H�chstes! Ist es aber blo� Gew�sch, so sitzen wir da wie die begossenen Pudel! Also das mu�t Du zu vermeiden suchen. — Erb�rmlicher als es jetzt seit einer Weile hierzulande war und ist in Moral und Politik, kann es nicht sein, sollte man denken. Doch ich habe schlimmere Zeiten erlebt. Ich habe das unredliche Regiment der Rechten erlebt, mit blo� einem Drittel des Volkes, die aber doch die Macht nicht aus den H�nden geben wollte, ehe sie B�rgschaft daf�r hatte, da� sie auch weiterhin die Macht behielte, wenigstens das zu verhindern, was sie nicht zu f�rdern w�nschte. Und was wir schrieben, war Dreck, und wof�r wir arbeiteten, war S�nde, und wir selber waren schlechte Kerle. Ich werde in mein Grab steigen m�ssen als ein schlechter Mensch — in der Vorstellung eines Drittels der Leute, mit denen ich in meinem Vaterland zusammenlebe. Das ist, was mich betrifft, das Ergebnis des langen Kampfes. Und gerade als wir gesiegt hatten, und die herrschende Mehrheit waren, spaltete sich auch dieser Haufe in zwei Teile; und wiederum sieht ein Drittel von ihnen mich f�r einen schlechten Kerl an. So steht es. — Der Hof bringt nichts ein, weder unter dem einen Verwalter noch unter dem andern. Ich mu� L�hne und Maschinen und Saatkorn zu all dem andern bezahlen; der Hof wirft nur das Essen und die Kleider ab. Auf die eine oder andre Weise mu� hier Wandel geschaffen werden. — Hier daheim ist es sehr gem�tlich; das neue Gesinde einfach entz�ckend, und es geht so gut, — wenn es sich blo� auch lohnte! Aber f�r Dich in Paris bezahlen, und den Hof hier, und dann die Schuldenlast darauf, das wird etwas zu viel f�r Deinen Freund und Vater. Trotzdem — es geht schon! — Ja, leb wohl denn! Gute Fortschritte, keine skandinavischen Narrenspossen, Arbeit und gute Musik, voil�!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Du mu�t ja nicht glauben, da� die Zeiten jetzt unsittlicher sind, als sie fr�her waren. Sie sind viel besser! Was Frankreich betrifft, so existieren Memoiren, die die gr��te Unsittlichkeit nachweisen, bis in die Kl�ster hinein; das ist heute unm�glich. Und eine Menge �hnliche Dinge, die ich nicht herbeten mag. Aber die Frau hat eine Stellung im Handwerk gehabt, die sie sp�ter verloren hat.

Ich f�r mein Teil glaube an einen Kreuzzug gegen die Unsittlichkeit wie jetzt gegen den Alkohol. Aber noch ist die Zeit nicht gekommen, obwohl immer mehr Gem�ter begreifen, da� es die Gesundheit des Geschlechts gilt.

Seitdem ich das letztemal schrieb, bin ich auf einer Volksversammlung gewesen und habe da eine der besten Reden gehalten, die ich je gehalten habe (f�r allgemeines Stimmrecht). H�tte ich nur Zeit und die Mittel dazu, so w�rde ich f�r die Sache im Lande herumreisen. Knut Forr ist hier gewesen, der aus Fron, ein angenehmer Mensch. — Morgen wollen wir fort nach Rindal in F�berg (auf der andern Seite des Mj�sen), das ganze Haus und der Gustum. Kommen Montag Morgen zur�ck. Wir haben viel Ausfahrten heuer gemacht. „Geographie und Liebe“ hat gro�en Erfolg in Kristiania gehabt; das hat mich m�chtig gefreut. — Jeden Abend spielen wir jetzt Boston; es ist sehr gem�tlich. — F�r die Uhr, die Du kaufen willst, wollen wir gern das Geld auslegen, falls Du es w�nschst; aber sie wird nat�rlich, wie alle solche alten Uhren, schlecht gehen, so da� es Dich einmal ein neues Werk kosten wird, und das sind wieder an die 300 frs. — Wenn Du Krieg oder Revolution in Frankreich bef�rchtest, so irrst Du. Es kommt bei dem Ganzen nichts heraus als viel L�rm. Du kannst Cavling von mir bestellen, es sei eine Schande von ihm, �u�erungen hinzuwerfen, wie die, da� Gambetta scrutin de liste haben wolle, um Diktator zu werden; das zeigt, wie leichtsinnig er schreibt. Gambetta tat es nur, um der Unsitte ein Ende zu machen, da� die Deputierten ihren W�hlern alles m�gliche versprachen; er dachte, wenn zehn bis zwanzig Deputierte in einem ganzen Departement gew�hlt w�rden, so h�tte es ein Ende damit und also auch mit dem �belstand, da� sie wie ein Alp auf den Ministern lagen, um durchzusetzen, was sie ihren W�hlern versprochen hatten. Aber freilich — Verzeihung! — alle die in einem Departement Gew�hlten machen es jetzt so, da� sie untereinander austauschen, was jeder von ihnen versprochen hat, und womit sie die Minister plagen wollen, — und so ist dasselbe Elend wieder da! — Sag’ ihm das! Und f�g’ hinzu, da� er in der Regel teufelswenig wei� von dem, wor�ber er schreibt; aber in Stil und Esprit nimmt er best�ndig zu. Alle Menschen m�ssen ihn lesen.

Hat Mutter Dir erz�hlt, da� wir eine m�chtig feine neue Stute gekauft, und die alte verkauft haben? Andre Neuigkeiten vom Hofe wei� ich nicht. Doch! da� wir eine neue Bergliot im Kuhstall haben; die alte wollte blo� sch�n sein und nicht recht Milch geben. Nun werden wir sehen, ob die neue ihres Namens w�rdiger ist. Nein, wie ich es Dir g�nnte, wieder einen norwegischen Winter zu sehen! Du kannst Dir solche Pracht gar nicht vorstellen! Ich werde in dem neuen Buche eine Reihe Schilderungen bringen, also erspare ich sie mir hier im Brief. — Karen war ziemlich unentschieden, ob sie bleiben sollte oder nicht. Nun wird sie bleiben, und es wird ihr zu Ehren auf dem Rollboden ein Ball gegeben, worauf sich das ganze Haus freut, d. h. sein j�ngerer Teil. — Ich m�chte gern wissen, was Mad. Marchesi �ber Deine Stimme sagt. Schreibe gleich! Du hast jetzt eine ganze Zeitlang nichts von den Fortschritten geschrieben, die Du machst, z. B. im Trillern. — Und was Du �ber Arve schreibst, ist zu wenig. Wie verhielt er sich zu den anderen Sch�lern Marzicks und zu Marzick selbst? Ma�stab! Und hat sein Spiel mehr Feinheit gewonnen, mehr sichere Gleichm��igkeit? An diesen beiden Dingen fehlte es letztesmal. Erz�hl’ genau und ausf�hrlich. Und was sagt Marzick von ihm?

Nein, was dieser Keilhau f�r ein netter, guter Junge ist! Aber schw�chlich. Er hat einen Schwindelanfall usw. gehabt, einfach Nikotinvergiftung. Nun hat er den Tabak ganz aufgegeben. Er raucht �berhaupt nicht mehr. Er geht stark mit dem Gedanken um, nach Drontheim zu gehen als Redaktionssekret�r bei „Dagsposten“. In diesem Falle gibt er sein Studium auf. Ich wei� auch nicht, was er damit soll, wenn sein Lebensberuf einen ganz andern Weg einschl�gt. — Von zu Hause mu� ich Dir erz�hlen, da� „Han“ und die Katze „Mons“ sich sterblich in sich verliebt haben; sie k�nnen einander keinen Augenblick in Frieden lassen. Sie lecken sich und spielen zusammen auf Schritt und Tritt. Aber „Han“ ist ein Bummelk�ter geworden, der sich auf allen H�fen herumtreibt. — Ja, diesen Brief mu�te ich schreiben, weil Mutter keine Zeit hatte; jetzt stehen sie alle — Sonntag morgen — und warten auf mich; die Pferde sind angespannt; wir wollen fort nach Rindalen. Leb’ wohl und verlobe Dich nicht! Verlieb’ Dich auch nicht, au�er in Deinen Gesang.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Deinen letzten nerv�sen Brief empfangen und gelesen; gleichzeitig einen sehr nerv�sen auch von Bj�rn. Ja, das ist ein Fehler bei Euch, da� Ihr so seid; aber das h�ngt wohl zusammen mit dem Geistigen und dem Gef�hlsstarken, mit dem, was die Seele der Kunst ist. — Wir am�sieren uns hier daheim, da� ich Bruun durchpr�gle. Ja, diesmal soll er Haue haben, Haue, Haue. Jetzt bin ich daheim und den Zeitungen ebenso nahe wie er. Du wirst auch Deinen Spa� daran haben, wenn Du die Zeitungen siehst. — Mein Buch schreitet rasch vorw�rts; ich hoffe, ich werde zu rechter Zeit fertig. — All diese Schweinerei, die hier zutage tritt; diese Roheit, mit der sie das Gef�hl unterdr�cken wollen und das Recht des St�rkeren predigen! Wo k�me die Welt hin, wenn es Gesetz w�rde, da� ich das Recht h�tte, einen Mann zu t�ten, den ich f�r unn�tz hielte, blo� damit ich dadurch das Geld zu etwas N�tzlichem bek�me? Wer sollte zuletzt Richter sein dar�ber, was „n�tzlich“ ist?

Mir graut nicht vor dem, was kommt; die Kr�fte m�ssen drauf losst�rmen; so lange die Reichen ihr Recht so f�rchterlich mi�brauchen, wie sie es tun, m�ssen die Vernichtungskr�fte arbeiten. Aber ich wei�, welches die Fortschrittslinie ist, und da� die Menschen niemals dar�ber hinauskommen. — Du solltest Mutter in diesen Tagen unten im Mistkeller stehen sehen, wie sie ihren Mistprinzen Mist aufladen sieht! Nun ja, er ist auch t�chtig, das finden alle; aber Mutters Schw�rmerei f�r ihn kennt keine Grenzen; wenn sie wieder hereinkommt, geht ein Duft von ihr aus, da� wir lachen m�ssen. — Denk Dir, der Mist im Keller war so eingefroren, da� wir ihn mit Sprengsch�ssen sprengen mu�ten und wegfahren wie Steine. Jetzt ist er fort. Noch nie ist es so rasch gegangen mit so wenig Hilfe. Wir sind Nummer eins im Dorf, und das ist Erlings ganzer Ehrgeiz. — Die neue Haush�lterin ist eine pr�chtige und t�chtige Person; ich habe sie Even Toft zur Frau bestimmt. Pa� nur auf! — Der Nordrum kalbt jeden Tag, wir essen Biestermilchk�se, M�del, wie andere frische Milch trinken. Und Kalbfleisch und Kalbfleischsuppe nat�rlich. — Es ist m�glich, da� Du jetzt einen Monat lang keinen Brief von mir bekommst, der Erz�hlung wegen; ich mu� jeden Augenblick ausnutzen. Aber andere werden Dich schadlos halten.

Dein guter Freund Vater.

Liebe Bergliot, Mutter hat sich im Liegen die Hand verstaucht — hast Du schon so was geh�rt? — Sie kann nicht schreiben. — Jenny ist hier und hat Anna Finsen mit, gestern gro�e Umkalfaterung im Garten, die alten Stachelbeerb�sche weg usw. Neues daf�r. — Noch kein Fr�hling ist, so lang’ ich denken kann, so sch�n gewesen in Norwegen wie dieser. 16 und 17 Grad R�aumur jeden Tag. Die H�hner im Sommerstall (wir haben fast keine mehr, Erlings Hunde haben sie gefressen; neulich fra� „Han“ noch eines!), die Fr�hjahrsbestellung fast fertig. — Wir haben die Mitte des Altans wegnehmen m�ssen und sind auf diese Weise in der Lage, sie reichlich eine Elle vorr�cken zu k�nnen, so da� wir nun Platz f�r einen Tisch und doch noch reichlich Platz zum Spazierenlaufen haben. —

Letztesmal schriebst Du einen netten, langen Brief. Nein, da� Du tanzt und Dich am�sierst, dagegen habe ich gar nichts; aber dagegen, da� Du an den �ffentlichen Vergn�gungen der Skandinavier teilnimmst; davon hat man nichts als Kritik und Undank; bist Du gl�cklicher dran — um so besser!

Nein, Du sollst Deine Zeit in Paris bleiben und keinerlei R�cksichten nehmen, weder jetzt noch sp�ter, wenn es gilt, vorw�rts zu kommen.

H�r’ nun auf, Dich um mich zu �ngstigen; ich werde schon den Mund auftun, wenn es notwendig ist. Aber ich denke, wir schaffen’s.

Wenn ich jetzt ein Bild vom norwegischen Fr�hling geben k�nnte, so wie er in diesem Augenblick durchs Fenster zu mir hereinschaut; und wenn Du’s Werenskjold vorl�sest, so k�m’ er vielleicht doch hierherauf. Er h�tte hier freie Wohnung in selbigem norwegischen Fr�hling, und falls er es obendrein bleiben lassen wollte, mich zu malen, so w�re mein Gl�ck, ihn und seine Frau hier zu haben, vollkommen. Das Bild der Schnitter den Hang hinauf, — es steht vor mir, o Gott, — wie herrlich das w�re! — In ein paar Tagen lassen wir das Vieh wieder auf die Weide; den Anblick mu�t Du einmal wieder genie�en. Bj�rn kommt auf eine Spritztour hierherauf und wird es dann sehen. Neulich kamen die kleinen M�dels, die die fremden Schafe wegjagen, bis an den Kuhstall und schrien und lachten, als man just Mittag l�utete. Die K�he fuhren — 40 bis 50 gro�e und kleine — auf hinter den Raufen; aber der L�rm weckte den Stallhund, und der Hund und der L�rm und die Glocke und die Fr�hlingsw�rme stiegen den K�hen zu Kopf, erst sprang die eine, dann die andere auf — alle br�llten der Stunde der Befreiung entgegen; ich war in der N�he; ich dachte, es sei was los; aber es war nichts weiter, als da� alle die K�pfe �ber die Raufen streckten und nach dem Engel und der Stunde der Befreiung ausschauten, w�hrend sie dabei br�llten, was ihre Lungen halten wollten! Die im Kuhstall geborenen, die noch keine Ahnung von Fr�hling und Weide haben, dr�ngten sich �ngstlich aneinander; sie begriffen die Erinnerungen und Hoffnungen ihrer M�tter und V�ter nicht und ebensowenig ihre wilden Geb�rden. — Meine Lekt�re ist zurzeit: die Entwicklungsgeschichte der Moral von Ch. Letourneau, �bersetzt von Boye (Schubothes Verlag). Das mu�t Du lesen, wenn Du heimkommst; Werenskjold sollte es auch lesen. Danke W. f�r die Mitteilung von der Geburt seiner Tochter; hol’ mich der Teufel — ich werd’ ihm schreiben. — Hier soll auf Solbakken gro�es 17. Maifest sein. Arvesen und Bj�rn kommen. Leb’ wohl, s��e Bergliot.

Dein Freund Vater.

Mein Liebling, da� Du so ganz mi�verstanden hast, was ich von Deinem Gesang erwarte? Ich habe mich ja gewehrt gegen den Glauben, Du k�nntest eine B�hnens�ngerin oder Weltber�hmtheit werden oder alles so was; aber ich erwartete, da� Dir etwas von dem geschenkt w�rde, was keine norwegische S�ngerin bisher gehabt hat; die Gabe, uns zu packen und hinzurei�en, d. i. die Macht der Pers�nlichkeit in der Stimme, lieblich, stark, jubelnd oder klagend, so da� wir den lieblichen Sommertag, die starke Lebensfreude, die nordische Wehmut f�hlten. All die anderen sind gute Stimmen — weiter nichts. Ein bi�chen Leidenschaft, ein bi�chen Z�rtlichkeit, ein Hauch von Energie, aber keine tiefere Pers�nlichkeitsbotschaft f�r uns. Das glaube ich, wird Deine Stimme haben; ja, hat es bereits.

Sei jetzt vorsichtig, liebe Bergliot! Lauf nicht zu viel allein herum, — namentlich nicht, wenn es dunkel wird! Jetzt ist allerhand Gesindel in Paris! Der Abschaum der Menschheit str�mt jetzt dort zusammen — aus ganz Frankreich, England, Amerika, Deutschland, Italien.

Wir sind mitten in der Fr�hjahrsbestellung. Aulestad unter Erlings Leitung ist all den anderen H�fen in Gausdal und F�berg voran. Er ist sehr stolz darauf!

Wie freue ich mich jedesmal, wenn Deine Briefe kommen und uns erz�hlen, da� Du Fortschritte machst in Deiner Arbeit, Lebensmut f�hlst und Dich nicht ducken l��t oder hemmen!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, diese Zeilen heute, um mit Dir �ber Deinen jetzigen Zustand zu reden.

Bist Du so schwach, da� Du ein Jahr aussetzen willst? �berleg’ es Dir!

Sprich in diesem Fall mit Mad. Marchesi dar�ber.

Da� Du Dich so unendlich einsam f�hlst, ist nat�rlich auch nur Schw�che — das gleichfalls. Ich w��te nicht, da� jemand leichteren Zutritt h�tte zu der besten franz�sischen Gesellschaft als Du durch (Mademoiselle) Breslau und ihre Freunde. Aber Dein ganzer Brief ist nur schwarz in schwarz.

Herrgott, wie sonderbar Du bist! Begabt mit einer bezaubernden Stimme, mit der M�glichkeit, sie auszubilden, mit Sprach- und Menschenkenntnissen, in guter Umgebung, mit den Mitteln zu allem, was Du an Essen, Kleidern, Vergn�gen brauchst, und dabei in einer kohlpechrabenschwarzen Laune! Und glaubst blo� an einen Menschen, Frau Cavling!

Mu�t Du nicht selbst lachen �ber die Unnat�rlichkeit und die �bertreibung, die darin liegt?

Mutter ist ganz verzweifelt, kannst Du Dir denken; denn sie macht alle die Spr�nge Deiner Laune mit; ich halte mich viel tapferer; aber zuletzt mu� ich mich ja auch besiegt geben, wenn es blo� immer schlimmer wird.

Liebe Bergliot, hat Deine Gesundheit darunter zu leiden, oder sind Deine Fortschritte infolge der Gesundheit unbefriedigend, dann mache kurzen Proze�, das ist meine Meinung. Du bist jung und kannst es nachholen.

Wenn Du auf dem Wege warst, Dich zu verlieben oder zu verloben, dann k�nnte ich ja verstehen — teilweise wenigstens. Aber ich hoffe, das h�ttest Du uns doch gesagt. Ich hoffe, Du hast Dich frei gehalten, wie Du einmal �bers andre versichert hast.

Also mu� es unbedingt Schw�che sein, und da bedarfst Du des Ausruhens. Am liebsten m�chte ich, Du besorgtest das auf der Askov-Hochschule, da k�nntest Du einen gr�ndlichen dreimonatlichen Turnkursus durchmachen. Meines Erachtens w�rde nichts Dir so helfen wie das.

Und Du willst Dich besiegt geben, Bergliot? Schwarz sehen und Tinte spucken? Mut in der Brust, M�del!

Dein bester Freund Vater.

Liebe, s��e Bergliot, die Geschichte mit dem naseweisen Prinzen hat mich furchtbar ge�rgert. Du mu�t doch einsehen, das ist keine Ann�herung — durch einen Brief! Solche Leute haben irgendeinen, der ihr Konzert veranstaltet, und durch den Betreffenden oder die Betreffende erfolgt dann die Ann�herung. Soll sie nicht durch so jemand erfolgen, sondern direkt, dann kommt man auch direkt, und ist man unverheiratet, mit der Person, die im Hause repr�sentiert. Ich kenne Dich gar nicht wieder, da� Du auch nur einen Augenblick von dem f�rstlichen L�mmel Notiz genommen hast. Du h�ttest zu Sansot (rue Clauzel 23) gehen sollen; er ist ein Franzose und ritterlich.

Die Sache mit den Amerikanern gef�llt mir gut, wenn Du jedesmal ehrenwerter Leute und ehrenvoller Behandlung sicher bist. Du mu�t Dich selbst vor der �ffentlichkeit behaupten lernen, und Du darfst nicht glauben, da� Du das kannst ohne lange �bung im �ffentlichen Auftreten. Aber es darf Dir nicht zu viel Zeit wegnehmen und nicht zu gro�e Toilette erfordern; denn sonst ist es nicht lohnend genug und viel zu fr�h; jetzt hast Du Deine Zeit n�tig. Ja, liebe Bergliot, es freut uns ungemein, da� man also — und zwar Leute, die sich auf Gesang verstehen — Dich schon jetzt auffordert, vor den Amerikanern zu singen. Also hast Du Deine Zeit in diesem Winter gut angewandt. Ich verlasse mich darauf, da� Du in diesen Gesellschaften Dich freih�ltst von allem, was nach Absichtlichkeit oder Koketterie aussieht; so etwas liegt kaum in Deiner ehrlichen, schlichten Natur. Und ich bin �berzeugt, da� die Besten dies auch sofort einsehen werden, und die anderen allm�hlich dahinter kommen. — Ganz gewi� hat Frau L�rig Recht darin, da� vier Monate ohne Gesang zu viel sein w�rden. Aber bist Du noch nicht so weit, da� Du anderthalb Monate ohne Lehrerin �ben kannst, — ich meine durch Tonleitern die Stimme auf der H�he und gleichm��ig erh�ltst, und Dir durch Einstudieren norwegischer Lieder ein sch�nes Repertoire zulegst? Dar�ber mu�t Du sofort und bestimmt mit ihr reden, h�rst Du! Dar�ber ins reine zu kommen, d�rft Ihr nicht aufschieben, h�rst Du!! Ich glaube nicht, da� es f�r Dich gut sein wird, bis Ende Juni zu bleiben; ich glaube es wirklich nicht. Das ist wichtig f�r Dich, weil die Gesundheit ein schwerwiegender Faktor ist in den Dingen, die Deine Studien zu einem hohen Ziel f�hren sollen. — Jennys Beschreibungen mu�t Du buchst�blich nehmen, also genau so, wie sie es sagt; — denn das ist die Seite, die sie �rgert; die andre, die sie erg�tzt, vergi�t sie, — bis man in ihre N�he kommt und sieht, wie vergn�gt und frisch sie selbst ist. — Liebe, s��e Bergliot, wie sehnen wir uns nach Dir; aber das darf Dich auch nicht einen Tag Deiner �bungen kosten! es gilt einzig und allein die R�cksicht auf Dich selbst, auf Deine Gesundheit. — Wieder kalte Tage, die das Fest der Schneeschmelze aufhalten! Wieder blitzende Keilereien mit Bruun; aber er ist jetzt zahmer. Ja, ich f�hle mich nun hier daheim behaglich, so wie es nun einmal ist. Wenn blo� unsre �ffentlichen Zust�nde gesunder w�ren. Aber auch das renkt sich wohl noch ein. — Wir haben aus dem Kutschwagen einen Char-�-banc gemacht und uns einen kleinen zweir�drigen Federwagen und einen gro�en dito (auch auf zwei R�dern) f�r Gep�ck, den Wein und derartiges, angeschafft.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, ich denke mir, Frau L�rig und Du seid wieder gute Freunde, wenn Du diesen Brief bekommst. Das ist ja zu kindisch im Kern! An Lehrern oder Lehrerinnen soll Deine Zukunft nicht scheitern. Aber wenn es in Deinem Brief aussehen soll, als wollest Du gegen Deine �berzeugung nachgeben, nur um vorw�rts zu kommen, so soll der Teufel den Wisch holen. Nein, gib da nach, wo Du unrecht hast, und meinetwegen auch in allerhand Dreck und Bl�dsinn und sonst was; aber nicht da, wo Du recht hast und es Deine Selbstachtung direkt angeht. Mag dies Erbe Deines innern Wesens Dir auch mancherlei zu schaffen machen, so hast Du doch auch Freude davon und seelische Entwicklung. Es ist ja etwas in Dir, das Du lernen mu�t zu beherrschen. Und es ist schlimm, da� Du in Deiner n�chsten Umgebung Streitigkeiten hast, wo Du Frieden haben solltest. Im Hause n�mlich. Es ist auch schlimm, da� Du niemand hast, zu dem Du gehen kannst, und der jetzt f�r Dich eintreten k�nnte. Ich habe es Dir schon fr�her gesagt, und ich sage es Dir wieder, das ist falsch. Wir m�ssen alle so dastehen, da� wir gegebenenfalls Verteidiger haben. Aber Du verkehrst nicht mit Runebergs, nicht mit Sansots, nicht mit Tschernings, also mit keinem von denen, die Dir in unserm Namen Ratgeber und Besch�tzer sein k�nnten.

Dies mu� anders werden! Beherzige das!

�brigens nimmst Du das Ganze zu tragisch. Sie ist ein Dummkopf, — das habe ich ja immer gesagt, und mit einem Dummkopf mu� man Nachsicht haben.

Willst Du nach Hause kommen, um Dich vor all dem zu retten, so tue es.

Wir haben Dikka hier gehabt.

Sie war einfach s��. Dann ist Arvesen hier gewesen zum 17. Mai — unvergleichlich! Er wird immer pr�chtiger. Gute Laune, �berlegne Ruhe bei allem Eifer, — pr�chtig!

Erling machte seine Sache als Preisausteiler und Festordner und Leiter vorz�glich.

Wir stehen vor einer Reise nach Lillehammer, wohin wir Keilhau folgen werden; er reist heute mit Dikka und Arvesen.

Der Brief ist faselig. Aber Du verstehst ihn schon. Hier im Hause ist es so unruhig. — Vergi� nie — in was f�r Dummheiten Du auch hineinger�tst, und was Du selbst auch f�r Dummheiten machst —, stets mu�t Du die feste �berzeugung haben: wir glauben dann, da� Du bei Deiner pr�chtigen Natur einfach ungl�cklich bist, und wir werden nicht b�se, sondern selbst ungl�cklich sein und Dir helfen nach bestem Verm�gen. Denke daran, Bergliot, da� Du niemals etwas tun kannst, aus dem Dir herauszuhelfen wir nicht mit aller Kraft versuchen werden. Habe vor allem und unbedingt in Dir die Sicherheit, die das Bewu�tsein gibt, da� Du unersch�tterlich treue Freunde an uns hast, in Freud und Leid, in Gl�ck und Schande, in unwandelbarer, ausharrender Liebe. Mutter gr��t und k��t Dich, lieber Schatz, und ebenso

Dein Freund Vater.

Ja, das sieht aus wie flott hingeschrieben; aber Du wei�t, es ist guter alter Wein, nur zu hastig eingeschenkt; sie dr�ngen mich.

Liebe, s��e Bergliot, Dein Brief vom 16. Mai hat einen Jubelsturm hervorgerufen heute; wir bekamen ihn noch im Bette, oben bei Lundes. Heute, das hei�t Montag; wir sind gestern, Sonntag, um 11 Uhr hier angekommen, — so zeitig, da� eine kleine Deputation mit Blumen, die von Balberg aus uns entgegenkommen wollte, zu sp�t erschien; sie waren mit auf dem Solbakkefest gewesen und wollten ihre Dankbarkeit beweisen.

Tausend Dank f�r Deinen Brief! Mutter und Dagny sind beim Zahnarzt, und ich habe versprochen, Dir ein paar Worte zu schreiben.

Liebe, s��e Bergliot, Du sollst in Licht und Hoffnung leben; Du sollst es gut haben. — Ich habe mich sehr gewundert, da� Du nicht mit bei dem Ausflug der skandinavischen K�nstler nach Meudon warst. Ich wundere mich sehr, da� Du nichts �ber Thommessens schreibst, die lange Zeit in Paris gewesen sind. Am 17. Mai bekamen wir ein Telegramm von ihnen, und Dein Name war nicht mit dabei; also warst Du auch nicht da. Das geht aber doch nicht an, da� Du so ganz au�erhalb lebst, wenn etwas Derartiges vor sich geht! Hast Du keine skandinavischen Freunde sonst als Cavlings? Hast Du zu niemand Vertrauen? Du bist so exklusiv.

Von Lundes die herzlichsten Gr��e! Von allen, allen! Freude dar�ber, Dich bald wiederzusehen! Wonne dar�ber, da� es Dir gut geht! Herrliche Sommertage, pr�chtige Stimmung! Leb wohl!

Dein Freund Vater.

Ich w�nsche Dir Gl�ck, Du geliebtes Menschenkind! Alle Fahnen gehi�t an dem herrlichsten Sommersonntag! Der Hahn kr�ht in dem hohen Gras, die K�ken, die kleinere Brut, piepsen in neunstimmigem Chor in ihrem pr�chtigen Gela� unter der Treppe zum Vorratschuppen, und die gr��ere Brut auf dem Hofe drau�en, beide unter der weisen Leitung ihrer M�tter; sechs Schweine singen Ba� und Bariton weiter weg im Schweinegehege, Elster und Kr�he machen einen Heidenl�rm dicht davor; von B� her Knall auf Knall vom Sch�tzenfest; Erling ist Vereinsvorstand; die Schellen der Pferde ert�nen vom Tal unten herauf, zwei Hengste halten oben im Stall die gute Laune aufrecht, sie wiehern um die Wette nach einer Stute, die den letzten Tag dort steht (sie soll unter der Obhut eines Hengstes auf die Weide); Gro�mutter geht herum und knickst „gratuliere“! Oline ist angekommen und huscht umher, stiller als ein M�uschen, und r�umt auf, Karen hat die H�lfte von Mutters sechs Paar Str�mpfen aufgefressen und tut ganz geschwollen vor Scham und Reue, Dagny trappelt im Hemde umher mit staubigen F��en noch von gestern, Erling streckt seine verbundenen Finger von sich und �berlegt, ob er zu Amtmanns fahren und um Marit anhalten soll (Karoline ist gekommen); Petter reist hinter Keilhau her; — und Sonne und Fliegengesumme und Hahnenschrei und Stille und Flaggen — und

Dein Vater,
der schreibt.

Liebe Bergliot, wir sind ganz entsetzt, da� Du in dieser Sonnenhitze von Pontius zu Pilatus rennst nach Zeugnissen; im n�chsten Brief bist Du wohl gar bei Pr�sident Carnot und Madame Marchesi gewesen. Vom Champ de Vincennes nach tour d’Eiffel und Mad. Viardot! Und Du behauptest, Du seiest nerv�s? Das glaube ich; das wird man von weniger! Allein die arme Madame L�rig l��t Du sitzen und sich die N�gel kauen. Und im �brigen heidi — in einem cours triomphal! Hast Du nie Deinen alten Drachen mit oder ihren Hund oder ihr Dienstm�dchen? L�ufst Du allein umher? Nein, es ist ja wahr, Mad.selle Breslau war ja einmal mit, und ein andermal eine geheimnisvolle englische Dame, und in Vincennes Cavling, jedesmal weranders! Ich hoffte, von Sansots zu h�ren; aber nicht ein Wort! — Du bist so betriebsam geworden, da�, wenn jemand mir erz�hlte, Du h�ttest vor Ambroise Thomas gesungen in Gegenwart des Schahs von Persien, ich es f�r ganz wahrscheinlich halten w�rde. Du endigst mal als Operndirektrice; der unternehmende Geist Deiner Mutter ist in Dir wiedergeboren, und sie h�tte eigentlich das Bon march� oder Les grands magasins du Louvre leiten sollen. — Unsre T�chter werden sicher noch mal unsern Jungens die Butter vom Brote nehmen; denn nun glaub’ ich, auch Dagny wird K�nstlerin, — entweder Schauspielerin oder Schriftstellerin, oder beides. Auch sie f�ngt an, diese nerv�se Unverzagtheit an den Tag zu legen, die Du hast. — Ja, im Ernst — ich fange an, auch in Dagny so was zu ahnen. — Mein s��es M�del, in ein paar Tagen bist Du hier; und ist das Wetter wie jetzt, so kommst Du wie im Schlafe angeschwommen. Gib Dich nicht dazu her, den Leuten an Bord was vorzusingen, so da� wir den ganzen norwegischen Klatsch h�ren m�ssen, lang eh Du selber kommst! Mein Rat; aber tu Du, wie Du willst. Das Piano bereits in Lillehammer; jetzt schaffen wir es hier herauf, da� es dasteht, wenn Du kommst. — Arvesen hat angek�ndigt, da� ein amerikanischer Freund von Arve hierher kommt und Arve selber. — Ich freue mich nicht auf all den Klimbim. Je �lter ich werde, desto weniger. Im �brigen ist die Luft so voll Elektrizit�t, da� ich kaum arbeiten kann. — Mutter berichtet wohl von Erlings Unfall. Mir imponiert es m�chtig, da� er es wagt, sich einem scheu gewordenen Pferd entgegenzuwerfen und es zum Stehen zu bringen. Dazu geh�rt ein Mut, wie ihn nicht viele haben; und denk Dir, er hatte sich dabei an dem anderen Pferde die Hand so abgeschunden, da� er mit dem roten Fleisch das tolle Tier anpackte, das ihm mit dem Wagen auf einem Rad entgegenkam! Tapferer Bengel! Ja, wenn dies also der letzte Brief ist, ehe Du kommst, — Dank f�r all Deine Montagsplaudereien, liebe, s��e Bergliot! Und mach’ die entsetzliche Hitze daf�r verantwortlich, da� Du wieder nichts bekommst als Unsinn.

Dein Freund Vater.

Ich habe nicht von Erling berichtet, weil ich nicht zuhause war und es nicht gesehen — sondern blo� geh�rt habe und nicht genau wei�, wie es zuging.

Wahltag in Paris; wenn er blo� gut abl�uft.

Lieber, lieber Schatz, Du mu�t doch nicht immer die wechselnde Laune eines anderen Menschen so tragisch nehmen, wie Du’s bei Madame Marchesi getan hast, oder es so auffassen, als sei nun alles, was ein anderer sagt, auch seine endg�ltige Meinung. Du mu�t von Dir selbst wissen, wie leicht Deine eigne Meinung wechselt nach Deinen eignen Stimmungen, und selbst die st�rksten Menschen sind nicht immer so neutral, so selbst�ndig unbeeinflu�t, da� ihr Urteil v�llig ihr eignes ist. Stell’ Dir vor, Du kommst bei Madame Marchesi an die Reihe nach einer Stimme, die wie ein Meer von Klang ist? Dann hast Du ja eine „kleine“ Stimme; stell’ Dir vor, da� dieses Meer oder etwas andres Privates sie ge�rgert hat, — dann sagt sie Dir, da� Du „eine kleine“ Stimme hast. Das hast Du ganz und gar nicht. Zu den „gro�en“ geh�rt sie nicht; aber sie wird (wenn sie nie forciert, nie bis zur Grenze ihrer Leistungsf�higkeit angespannt wird, sondern immer in vollem Wohlklang ist) sich �berall gro� genug anh�ren, sei es in der Oper oder im Volkskonzert; ihre intensive Klarheit wird es schon mit weit gr��eren Stimmen aufnehmen k�nnen.

Auch ich, wenn ich die Stimme zum erstenmal h�rte und von allem Pers�nlichen in ihr und in Dir abs�he, w�rde sagen, ganz unbedingt sagen: es ist eine lyrische Stimme, keine dramatische. Kannst Du Dich erinnern, wie ich Dir sagte, Madame Marchesi w�rde zweifellos den Versuch machen, sie f�r die feinsten Sachen auszubilden? Und Du w�rdest deshalb jedenfalls zwei Jahre bei ihr singen m�ssen statt einem? — Sei ganz sicher, — an dem Tage, an dem sie Dich frei von der Leber weg hat singen h�ren oder �berhaupt Dich richtig erfa�t hat — wenn auch nur als Pers�nlichkeit — wird sie ihre Ansicht �ndern. Vorl�ufig ist es ja auch ganz gleichg�ltig f�r Dich, was sie �ber Deinen zuk�nftigen Beruf denkt. Richte Du Dich ein, wie es Dir nach Deinem eigenen Gef�hl am besten erscheint; nimm Unterricht in Plastik usw.

Die Hauptsache ist ja doch, da� Du Dich vervollkommnest in der Gesangskunst, und das kannst Du am leichtesten, am allseitigsten (jedenfalls was das Technische betrifft) als „lyrische“ S�ngerin. Dein Temperament, Deine ganze Veranlagung weisen Dich auf den Weg zur Oper; und den betrittst Du, wann Du selbst es willst, — hast Du erst die ganze Kunst, die ganze, ganze Kunst bis ins Feinste und Letzte weg. Und dahin mu�t Du kommen!

Selbst das �rgert Dich, da� sie will, Du sollst ganz im kleinen anfangen. Nat�rlich geschieht das deshalb, um die Fehler in Deiner Stimme zu packen. Es sind T�ne da, die Du nicht so frei nimmst wie andre T�ne, die Du quetschst; z. B. mit dem „l“, in das Du ein „i“ oder was �hnliches hineinbringst, ehe Du es nimmst. �brigens habe ich nie von einem Musiklehrer geh�rt, der nicht von seinen Sch�lern verlangt h�tte, sie sollten wieder von vorn anfangen; da ist sicher auch viel Wichtigtuerei mit im Spiel!

Du mu�t es bei Dir selbst f�hlen, Bergliot, was wir, die Dich h�ren, wissen: da� in Deiner Stimme etwas ist, das durch seine Klarheit, seinen Ausdruck, seinen Liebreiz bezaubert oder „vertrollt“, wie es auf norwegisch hei�t. Und auf dem Ankergrund dieses Bewu�tseins sollst Du Deine Arbeit befestigen, da� niemand daran r�tteln kann. Du sollst Dich ruhig und sicher r�sten f�r Deine Fahrt —, wohin sie f�hrt, wird sich schon zeigen. Da� Du aus Deinen ganz besonders sch�nen Mitteln gemacht hast, was sich daraus machen l��t, darauf kommt es an; denn dadurch hast Du selber Sicherheit und wir anderen Gewi�heit. Wenige m��ten sich so gl�cklich und arbeitsfreudig f�hlen wie Du, Bergliot.

Hier ist mannigfarbiger Herbst, sch�ner denn alle andre Jahreszeit. Von den gem�tlichen, warmen Stuben aus sehen wir ihn oder wir genie�en ihn auf Spazierg�ngen. Sonntagmorgen; Mutter just aus dem Bett, Gro�mutters Geburtstag, alle Flaggen gehi�t, Sonnenwetter, aber noch im Morgennebel; oben Dagny und Inga im lustigsten Vogelgezwitscher, Gro�mutter kommt eben strahlend heraus, ich laufe und k�sse sie, und wieder hinein zu Dir, um es Dir zu erz�hlen. Erling, mit dem ich zusammen gefr�hst�ckt habe, ist mit seinen zwei Hunden unten auf dem Schie�stand (eben kommt er heim); Hermann Anker hat ihm seinen feinen H�hnerhund „Lord“ geschenkt. Alles auf dem Hofe eingeherbstet, die Felder herbstgr�n, Pferde und Vieh drau�en zum Morgengetummel; Dienstag kommt die Herde von der Alm zur�ck; aller Almsegen ist eingebracht.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, wir haben heute schmerzlich auf die Post gewartet, um zu sehen, ob Du noch ebenso mi�mutig seist. Das warst Du also nicht; obwohl ich mich gr�ndlich �rgere, da� Du so schwach bist, — so schwach, da� die Stimme darunter leidet! Was in aller Welt ist denn das nur, Bergliot? Du, die fr�her ein H�ne war. — Ich glaube, Du mu�t Dir ein paar Hanteln anschaffen und Dich auf etwas kr�ftigere Gymnastik legen. Das st�rkt die Muskeln und den Appetit. — Prachtvoll ist es, da� Du zu netten Leuten gekommen bist. Da� Du keinen aufregenden Spektakel hast, meine ich. I�t Du nun auch gut dort? Liebling, antworte mir hierauf! Die Sache mit den Eiern ist schon recht sch�n; aber die Mahlzeiten m�ssen kr�ftig und appetitlich sein; gel�hmte Leute nat�rlich essen wie H�hner auf der Stange; wenn sie Dich nach ihrem Ma�stab messen, dann gnade Dir Gott! — I�, i�, i�! Schreibe an Jakob Hegel, Klareboderne 4, Copenhague, Danemarc, um Geld. Dort liegen mehrere Tausende zu Deiner Verf�gung, liebe Bergliot. Du mu�t stark und froh werden. — Zwei B�cher sollst Du kaufen, sie selber lesen und sie dann mir schicken (Du kannst sie billig bekommen, wenn Du es klug anstellst, z. B. sie durch einen Agenten, z. B. Fougner, kaufst). Un caract�re par L�on Hennique. Und Un amour artificiel par Jules Case. Bj�rn und Jenny sind nun bei Dir gewesen; ich habe blo� Angst, Du kannst Arbeit und Vergn�gungen nicht vereinigen, wenn sie Dich tags�ber mit sich schleppen. Jetzt gilt es f�r Dich, die anderen einzuholen, und so lange mu�t Du mit Deinen Kr�ften haushalten. — Hier ist nichts Neues; ich habe ein Herbstlied geschrieben, das ich Dir bei Gelegenheit schicke; das Wetter war zu herrlich; es lockte mich. Ole Nordrum und die K�he sind hier; Oles Zimmer ist get�felt und gemalt und sieht aus wie eine Puppenstube; jetzt wird das von Karen und der Jungfer neben Erlings frisch beworfen und gemalt; die Gesindestube ist get�felt und gemalt. Ich liefere also die Geb�ude in vorz�glichem Zustand ab (ausgenommen die Einrichtung des Viehstalls). Meine Lekt�re war ein Buch �ber den hervorragenden englischen Geist Carlyle (sprich Carleil). H�ttest Du Zeit und Lust f�r dergleichen, so w�rde ich es Dir schicken; es ist vorz�glich gemacht von einem jungen Bergenser Troye. Dann werde ich Dir drei Exemplare des „Dagblad“ senden; ich habe �ber den „Bettelsack“ auf Schwedens R�cken geschrieben; das wird Spektakel machen! — Leb’ wohl f�r heut abend, liebe B. B.! Deine Mutter sendet Dir wohl auch ihr Teil. Ich freue mich �ber die Wahlen in Frankreich! Oh, wie ich mich freue! Gr��’ Deine Alten!

Dein Freund Vater.

Nein, wie ich gelacht habe �ber Deine verr�ckte Alte beim Besuch bei Euch!

Inga Bj�rnson ist das Prachtvollste, was Du Dir denken kannst.

Gr��e Cavlings.

Wahltag. Bin gespannt!

Liebe Bergliot, nun also der Brief war schon heiterer. Mad. Marchesi hat Dich nicht umgebracht, Deine Stimme ist nicht eingerostet, Du selbst bist nicht in die Seine gesprungen, Paris ist auch nicht untergegangen. Das letztemal sah es recht tr�be aus. Es w�re doch sehr nett, wenn es wenigstens etwas g�be, was fest bestehen bliebe, selbst wenn Deine Laune zum Teufel geht. Aber wenn die ganze Welt aus den Fugen gehen soll, so oft die Marchesi den Mund verzieht, so kann mir die Welt nur leid tun. Wenn Du nur z. B. Dir selber klar w�rdest, da� Deine Stimme von einem Klang und einer Reinheit erster Klasse ist, so lie�e sich ja der Gedanke ertragen, da� sie nicht gro� ist oder an augenblicklicher Schw�che leidet. Und wenn es festst�nde, da� Du seltene dramatische Schwungkraft und Illusion in Dir hast, so w�re es ja wohl m�glich, mit der Entscheidung der Frage: wozu? zu warten, bis die Stimme v�llig ausgebildet ist. Selbst wenn es etwas l�nger dauern sollte: die vollst�ndige Ausbildung der Stimme ist das Erste.

Auf Zweierlei bin ich sehr gespannt jetzt: findest Du, da� Du Fortschritte machst, etwas lernst, das Dir ganz besonders vorw�rts hilft, Fehler ablegst, Neues aufnimmst, — und ferner auf den Preis! Du mu�t Dir doch einmal dar�ber klar werden, was der Spa� kostet. — Erling und Anna sind gestern abend gekommen, und Freitag, den 11., soll die Hochzeit stattfinden, so gibt es viel zu tun hier; darunter mu�t auch Du leiden. Alles soll umgekrempelt werden; wir glaubten, es sollte am 14. sein; also Mutter ist b�se und hat keine Zeit zum Schreiben. Anna ist wirklich lieb, so ganz unber�hrt; sie m��te f�r eine ganz bedeutende Entwicklung empf�nglich sein, und es ist eigentlich eine S�nde, da� das alles nun in der Sorge ums t�gliche Brot aufgehen soll, — wenn wir auch das Unsrige dazu tun werden, da� es nicht so wird.

Du wolltest die Frauenzimmer in der Rue Labic (oder wie sie hei�t) aufsuchen, nur ein Fr�hst�ck im Hause, nur ein Zimmer; erkundige Dich! Das Paar meldet seine hohe Ankunft telegraphisch. Sie m�chten gern irgendwo in Ternes wohnen; Du hast freie Hand, Vorsehung zu spielen.

Wir haben einen neuen Ochsen aus Telemarken, eins der sch�nsten Tiere, das man je hier gesehen hat, 130 Kronen, 1� Jahr alt. Ullmanns Knecht hat ihn gebracht. Dann haben wir unsern eignen Ochsen und eine F�rse verkauft — ohne da� das den Preis f�r das Biest aus Telemarken eingebracht h�tte. — Mutter, Erling und Anna sitzen und schreiben die Einladungen zur Hochzeit. Blo� Annas Eltern, Fyksens, Pfarrers, B�rresens, Even Toft und K�tnerleute von hier. Lundes und Mejdells aus Lillehammer und mein Bruder mit Frau aus Xania. Die Neuverm�hlten fahren Freitag um 5 Uhr von hier nach Lillehammer ins Victoria-Hotel — ha! wie Bergliot schreibt! — Wir haben das allermildeste Wetter. Wir pfl�gen f�r n�chstes Jahr im voraus und lassen den Stall und den Schweinekofen inwendig bewerfen, ebenso Karens Raum (oben neben Erlings), und eins wird w�rmer als das andre. Alle Geb�ude instand zur �bergabe au�er der Einrichtung des Kuhstalls.

Hier ist ein solcher Wirrwarr, da� das Schreiben gar keinen Sinn hat.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, das Haus ist noch immer voll von G�sten; Peter und Laura, Sigurd und Lina, Frau Mejdell, Frau Lunde und Elisabeth Konow sind alle hier.

Da� Du es entgelten mu�t, das kann nicht anders sein. Du mu�t einen Ersatz daf�r in Erlings und Annas Besuch diese Woche sehen. Morgen abend (Montag) reisen sie von Kristiania ab.

Also am Hochzeitstag war gutes Wetter mitten in der Regenzeit. Gutes Wetter, klarer Himmel f�r die Flaggen. Am Abend vorher waren Sigurd und Lina gekommen und Peter und Laura und Arvesen; so da� das Haus in Festlichkeit erwachte; und die Flaggen verk�ndigten es sofort; auch B� hatte geflaggt.

Um halb eins kamen die G�ste, alle in Wagen mit zwei Pferden, Fyksens und Annas Eltern, Konows, Amtmanns, B�rresens, der Landrichter und Lundes. Ohne Verzug ging es zur Trauung. Hier im Arbeitszimmer war alles hergerichtet (das beschreibt Mutter). Die Leute vom Gut waren auch da, und als die beiden treuherzigen, lieben, jungen Menschen sich erhoben und „Ja“ sagten, da brachen wir alle, die ihnen die n�chsten sind, in Tr�nen aus, und ich weine jetzt wieder, w�hrend ich das schreibe. Die Handlung war feierlich, nicht ein unwahres Wort dabei. Und der alte Mejdell so r�hrend, und stellte die Fragen an Erling wie an einen Sohn, mit „Du“ und mit solcher W�rme und Teilnahme! Und Anna war so unglaublich niedlich in ihrem schwarzen Atlaskleid und so freudig und so ger�hrt. Und das waren wir samt und sonders. Wir waren mit einemmal eine Gemeinschaft.

Keines von uns vergi�t den Tag; er hinterlie� eine Stimmung, von der wir noch heute zehren. — Aber ich mu� Dir noch vom Essen erz�hlen, es war so angeordnet, da� jede einen Tischherrn hatte (Inga, Elisabeth, C�cilie Mejdell und Dagny die K�tner), da sagte Ole Dokken, wie er so dasa�, mit einemmal zu seiner Dame, Inga, so da� es alle h�rten: „Nee, nu mu� ich ’n bi�chen raus“, und damit ging er ab und kam kreuzvergn�gt und harmlos wieder herein. Seitdem hei�t es hier im Hause: „Nee, nu mu� ich ’n bi�chen raus!“ jedesmal, wenn einer aufs �rtchen mu�. Und dann mu� ich Dir erz�hlen, da� das Tintenfa�, das beim Unterschreiben des Kontrakts benutzt wurde und ebenso die Feder (eine Goldfeder mit Diamantspitze) meine Jubil�umsgeschenke waren, und wir machten aus, Du und Dagny d�rften sie auch benutzen. Und der Brautschleier war Mutter ihrer, und den sollt ihr, Du und Dagny, auch tragen.

Elisabeth, Inga und Dagny machen einen Heidenl�rm �ber mir, ich kann fast nicht schreiben. Nein, ist diese Inga eine Perle! So ein gediegener, verst�ndiger, guter, entz�ckender Mensch! — Na, ich wei� ja, Du erf�hrst alles m�ndlich, also will ich lieber einen langen Spaziergang machen mit Peter und Sigurd, anstatt mit Dir zu schwatzen heute. Mir ist auch so weinselig im Kopf. Dein letzter Brief gab ein Bild davon, da� Du Dich �ber Deine Fortschritte freust. Erz�hl’ etwas von Deinen Klassenkameraden, und wie es dort zugeht. Singt Ihr Euch gegenseitig vor? Wie lange dauert es dann? Ihr m��t also mehrere Stunden hintereinander da sein?

Dein bester Freund, Dein Vater
B. B.

Liebe Bergliot, Deinen n�chsten Brief mu�t Du nach Kristiania richten, denn gleichzeitig mit diesem reisen Deine Mutter und ich dorthin. Ich habe einen so herzlichen Brief von Grieg bekommen, und dann will ich mir die Ausstellung ansehen und „Olaf Trygvason“ h�ren, und sehen, was in aller Welt Thommessen vorhat, und noch so allerhand andres. �brigens ist es eine Schande, da� ich meine unterhaltsame Arbeit unterbrechen mu�. Deine Erk�ltung hat mich erschreckt. Zwei Dinge verbiete ich Dir, n�mlich, Dich zu verloben und Dich zu erk�lten. Denn beides ist unm�glich, wenn man es nicht selbst will. Durchaus unm�glich. Das ist auch das erste Mal, da� Du von Erk�ltung schreibst und eine S�ngerin mu� lernen, sich nicht zu erk�lten, und streng befolgen, was sie durch Erfahrung dar�ber gelernt hat. Wer von seiner Kehle leben will und doch sich erk�ltet, dem geh�ren Pr�gel. Das ist meine Meinung. Ich bin das ganze Jahr nicht erk�ltet.

Bj�rns gro�er Erfolg in Kopenhagen hat uns und alle m�glichen Menschen erfreut. Ein voller Triumph! Die da drinnen (in Kristiania) wissen nichts davon, da� wir jetzt kommen. — Wir freuen uns rasend. — Lies nun endlich Letourneau von Anfang bis Ende. Wenn Du diese Dinge kennst, so kommst Du eher zum Ergebnis der Geschichte als eine Menge Menschen, die Weltgeschichte zum Abiturium studiert haben. Und m�chtest Du es lieber auf norwegisch haben, weil es Dir unangenehm ist, es auf franz�sisch zu lesen, so sollst Du es sofort haben. Versprich mir das! Aber wo bleiben die zwei B�cher, die ich Dich bat zu kaufen? Bei denen eilt es sehr mit dem Lesen, sieh zu, da� ich sie bekomme, nicht beide auf einmal, aber eins nach dem andern. — Hier oben sind sie dabei, den Bauplatz zu graben, Bauplatz, Bauplatz, Bauplatz! �brigens h�bsch, da� man wei�, da werden sie wohnen! — Sage Erling und Anna, da� sie nicht lange wegbleiben d�rfen, lieber ein andermal wieder fort, wenn vielleicht wir auch fort sind. Du mu�t ein bi�chen von ihnen erz�hlen; sie kommen wohl nicht dazu, selbst viel zu schreiben. Sag’ Erling, da� wir im Handumdrehen gro�e Ersparnisse machen. Dem Baumeister geben wir 3 Kronen t�glich bei eigner Bek�stigung, und er macht f�r uns die Akkorde mit den anderen. Wir streichen eine ganze Menge von dem, was der Architekt hingeschmiert hat; will man es sp�ter nachholen, so ist immer Gelegenheit dazu. Wir legen Schieferboden in den Kellern anstatt Ziegel, legen keinen Zinkboden im Badezimmer, bauen keine Veranda, richten es aber so ein, da� einmal eine gebaut werden kann, wenn es gerade pa�t. Und die Fensterrahmen erneuern wir nicht; das kann auch ein andermal geschehen. Wir graben auch keine Abflu�rinnen durch die Keller; der Grund ist vorz�glich, und das sind �berfl�ssig angeordnete Dinge. Wir mauern die Keller nicht aus; das wird rasend kostspielig und ist sicher ganz unn�tig. Auf diese Weise sparen wir viele tausend Kronen. Und der Baumeister steht daf�r ein, da� das Haus auch ohne das gut und sch�n wird. Das hier mu�t Du den „Jungen“ vorlesen und ihnen sagen, da� wir alle Tage von ihnen reden, und sie, sobald sie sich losrei�en k�nnen, wieder zu Hause haben m�chten. — Ich habe mich gefreut, in Deinem letzten Brief einiges von der Klasse und dem Unterricht zu lesen; Du solltest Dich darin �ben, mehr derartiges zu sehen und wiederzugeben; es wird Dir selbst Freude machen, es zu k�nnen; denn Du hast zweifellos Anlage; aber es geh�rt �bung dazu. — Es hat mir dieser Tage Spa� gemacht, von der Begegnung zwischen dem deutschen Kaiser und dem russischen zu lesen. In der zierlichsten Form die entschiedenste Werbung und die entschiedenste Ablehnung. Und beide dachten bei jedem Wort, das sie sagten, an Frankreich, obwohl der Name nicht genannt wurde. Wenn Du die Reden gelesen hast, so verstehst Du, was ich meine.

Wir haben einen langen Brief von Ejnar gehabt und haben ihm wieder lange Briefe geschickt und die Zeichnungen vom Haus, h�bsch ausgef�hrt, und einen Deiner Briefe und Sansots letzten Brief und noch allerhand sonst. — Mit Inga und Dagny geht es ausgezeichnet. Diese Inga ist pr�chtig. Ich habe ihnen zum Fr�hjahr eine Spritztour nach Kristiania versprochen. Dagny soll wenigstens einmal im Jahre nach Kristiania, ins Theater usw. Wenn wir sie doch nach Paris schicken k�nnten! Du mu�t wirklich Deine alten Leute von uns gr��en; ich freue mich so sehr dar�ber, da� Du bei guten, gebildeten Menschen bist, die Dich gern haben. Und wie ich mich freue, da� Du so gut schl�fst! Mehr als dar�ber, da� Du arbeitest! — Ist ja wahr, Du mu�t Erling erz�hlen, da� „Han“ ein ausgelernter Dieb geworden ist. Er mu� zweifellos aus einer Diebsfamilie stammen. Nicht allein, da� er hier stiehlt, darauf spannt, wenn die anderen gegessen haben und der Tisch unbeaufsichtigt ist, und dann auf den Hinterpfoten herumgeht, mit den Vorderpfoten auf den Tisch, die Teller abschleckt, alles nimmt, was ihm zusagt; sondern er geht auch auf andere H�fe und stiehlt; auf einem Geh�ft erwischte er einen Ziegenk�se, auf einem andern fra� er eine Sch�ssel kalten Brei aus, Frau B�rresen stahl er Fleisch, — und so die Runde herum, zum Schrecken der Leute. Das wird noch sein Verh�ngnis werden, armes Tier. — Erz�hle, da� hier jetzt gedroschen ist. Wenig, aber vorz�glich. Der Kleesame ist v�llig mi�raten; wir haben ihn nicht einmal durch die Maschine gehen lassen. Tausend Gr��e von uns allen!

Dein Freund Vater.

Ich schicke kein Buch.

Cavlings. Er ist ja in Kopenhagen, und ich wei� seine Adresse nicht.

Liebe Bergliot, ich habe eine arbeitsreiche Woche hinter mir, es geht nun flott mit der Erz�hlung. Und mitten in der Arbeit mu�te ich mich �ber Dich freuen, mein keckes M�del, da� Du es das erstemal, wo Du aufgetreten bist, so gut gemacht hast. Cavling strich Dich nat�rlich zu sehr heraus; aber es war so gutherzig und warm geschrieben, da� ich es den andern nicht vorlesen konnte, sondern es Keilhau geben mu�te. Die Namen der beiden Damen, von denen Du schreibst, da� die eine mit Dir, die andre mit Madame L�rig gesprochen hat, kann ich nicht lesen. Du mu�t ein einziges Mal versuchen, deutlich zu schreiben. — Herrgott, Bergliot, Du solltest blo� wissen, was es hei�t, etwas Sch�nes �ber seine Kinder zu lesen, und dabei sicher zu sein, da� es wahr ist. Das �bertrifft alles, was man �berhaupt lesen kann. — Nun f�ngst auch Du an, uns diese Freude zu bereiten. — Propstens sind vor kurzem hier gewesen; die M�dels sind nach Bergen gereist, um unter die Haube gebracht zu werden, und ich habe ihn b�s geneckt. — Sonst keine Neuigkeiten von hier, au�er da� N. N. vor die T�r gesetzt ist. Sie hatte eine Nasenspitze, die trippte gerade ins Essen hinein, und dar�ber entzweiten sich Karen und sie, und noch hundert andre Dinge kamen dazu, und schlie�lich wurde sie ganz unm�glich. Wir setzten den Koffer und die Kommode und die Tasche und das Weibsbild und die Trippnase auf einen Langschlitten und fort damit, adieu! — Gro�e Freude im ganzen Hause. Gro�er Spektakel mit Geschichten �ber sie, seit sie weg ist. — Ich habe nichts geh�rt, ob Du jetzt Darwin liest. Ich schickte Dir das �ber die Vererbung; das solltest Du nach Dir Frau Runeberg lesen lassen; es wird ihr gro�es Vergn�gen machen, und Du k�nntest gleichzeitig herzlich f�r den Brief danken. Glaube mir, der war reizend. — Jetzt sind wir des Abends vom Whist zum Boston �bergegangen, und wei� Gott, die M�delchens sind dabei ebenso pfiffig wie wir! — Heute wurde Peters Mutter begraben; der Sarg wurde hier gemacht, und die Pferde gingen von hier, so da� die ganze Gesellschaft von Baklien aus in Schlitten zur Kirche fuhr, alle Dienstboten und K�tner. Und die M�delchens kamen mit ihren Handschlitten zur Kirche hinauf, und weil der Leichenzug nicht rechtzeitig kam, schlitterten sie den neuen Weg hinunter bis nach Solhejm; und dann sa�en sie bei der Leiche auf bis oben und fuhren vor dem ganzen Leichenzug noch einmal hinunter! Keilhau und Erling mit zur�ck, wo gro�e Gesellschaft war, und sie spielten Whist mit Fedje und Peter (der vielleicht au�er Erling der beste Whistspieler in Gausdal ist) und kamen um 7 Uhr heim und waren sehr erbaut von der Fahrt und der Gesellschaft. Aber es sieht so aus, als ob Peters j�ngstes Kind (3 Wochen alt) ebenfalls dran glauben mu�, also gibt es noch ein Begr�bnis. Auch Mathias’ Frau, die Ingeborg, stirbt gewi� bald. Wir haben ihm mit Geld und Essen und Kleidern f�r die Kinder helfen m�ssen, obwohl er das gr��te Anwesen des Gutes, vielleicht des ganzen Kirchspiels hat; es geht r�ckw�rts, wenn die Frau krank liegt. Also, Ihr taugt doch zu etwas, Ihr Frauensleute, selbst wenn ihr uns nicht vorsingt. Ja, Du bist doch unsre einzige herrliche Bergliot, Du! Oh, wie ich Dich lieb habe, ganz gleich, zum Teufel, ob Du eine ber�hmte Tochter wirst oder nicht.

Gr��e Mad. L�rig und Deine alte Dame. Du kannst Geld f�r die Uhr geliehen bekommen.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, hast Du den „Professor“ gelesen? — Falls nicht, so schicken wir Dir das Buch, und Du es Ejnar! Dank f�r alles, was Du mir schickst! Es freut mich erstens an und f�r sich, und dann, weil es von Dir kommt und zeigt, da� Du selber Anteil nimmst und willst, da� auch wir Anteil nehmen. Ich lese noch immer t�glich „Le Temps“. Fertig mit „Le r�ve“, nachgemachte, gut nachgemachte Legenden-Poesie, aber unwahrscheinlich. Ja, liebe Bergliot, wenn Du jetzt Sehnsucht hast, so vergi� nicht, da� in ihrer unklaren Arbeitszeit das alle haben, und am meisten diejenigen, die ihrer Arbeit wegen sich abschlie�en m�ssen. Die Belohnung kommt sp�ter. Sei nicht ungeduldig. Aber sag’ uns alles, was sich Dir in den Weg stellt, zeichne alle Wolken, die Dir dr�uen, selbst nur momentan; schon sie abzeichnen zu k�nnen, ist der halbe Weg, sie los zu werden.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Dank, tausend Dank f�r Deinen Brief! Die Stelle �ber Hanka als Mezzosopran war allerliebst! Sag’ ihr von mir, da� sie einen Mann heiraten mu�, der um ein Viertel gr��er ist, und der die Liebhaberpartien singt, sonst kann sie sich auf keiner B�hne sehen lassen. — Was Du �ber die Aussprache des Franz�sischen schreibst, ist richtig. — Du mu�t auch noch lernen, das Norwegische auszusprechen. Wer einen herzlichen Eindruck machen will, mu� die Worte genau so sagen, wie wir selbst sie sagen, wenn wir am nat�rlichsten sind.

Hier zu Hause ist es so gem�tlich. Voller Winter, Schnee, Schnee, Schnee; in diesem Augenblick dichter Schneefall bei nebligem Wetter, als w�ren grauwei�e Gardinen vor den Fenstern drau�en. Herrlich in der warmen, behaglichen Stube. — M�glich, da� Bj�rn und Peter, vielleicht L. Holst zu Weihnachten herkommen. Denk nur, wenn Du es w�rst! Denk nur, wenn Du wieder Schlitten fahren kannst! Wenn Du Deinen Gesangskursus hinter Dir hast (mutma�lich in anderthalb Jahren), dann kannst Du wohl ein Jahr lang Ferien machen; oder soll’s gleich losgehen? — Ich stimme f�r Ferien und Allotria ein Jahr lang, damit Du zu Kr�ften kommst. Aber alles zu seiner Zeit; — Schlittenfahren mu�t Du, M�del, und frische norwegische Winterluft einatmen so bald als m�glich; denn das ist das K�stlichste, was wir haben, die Winterluft! Ebenso wie das Land im Schnee das Sch�nste auf der Welt ist. Aber die Menschen, Du, wie die kalt sind und starr! Genau wie eine nicht durchgearbeitete Stimme, so ist der ganze Mensch. Ich leide Herzensqualen vor Sehnsucht nach W�rme und Glauben an irgend eine Kraft in ihnen. Herzensqualen. Ich warte von Jahr zu Jahr; aber hie und da ein kleines Aufflackern, dann weg, erloschen, trocken, nichts. — Leb’ wohl, liebe Bergliot, leb’ wohl!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, nur ein paar Worte. Dies ist die Parnell-Woche gewesen; alle Zeitungen schreiben, alle Leute reden von nichts als Parnell, den man seit l�nger als einem Jahr beschuldigt, zusammen mit seinen Freunden heimlich auf seiten derer zu stehen, die die Sache Irlands mit Mord und Raub verteidigen, w�hrend er �ffentlich sich als der Mann g�be, der streng auf dem Boden des Gesetzes st�nde. Nun liegt die ganze Verleumdung (und die Times, die sie angezettelt hat) im Schmutz! Alles war Lug und Trug!

Diese Woche geh�rt zu den frohsten, die ich erlebt habe. Ich habe auch in diesen Tagen ausgezeichnet geschrieben, und ich werde ein pr�chtiges Buch fertig bringen Fr�hjahr, glaub’ es mir!

Hier ist es noch immer ganz wundervoll! Heute Sonntag sitze ich und lese meinen zweiten Artikel �ber Norwegen in Harpers Monthly; heute Nachmittag wollen wir zum Propst im Breitschlitten mit zwei Pferden vor. Hurra! — Also nun ist Frau L�rig wieder brav; — ja, ihr Weibervolk! — Wenn Du turnst, hast Du da eiserne Hanteln zum Heben? Du kannst sie kaufen, wo die Av. des Ternes mit dem Faubourg Honor� zusammenst��t.

Carl Keilhau hat angefangen, Bruun zu studieren, um eine Reihe Aufs�tze zu schreiben �ber seine „Bruniana“. Er verdient, da� er einmal unters Schermesser kommt, der alte Zopf! — Hier zu Hause freuen wir uns m�chtig �ber Sverdrup, da� er nun endlich erledigt — und der Verachtung aller Menschen preisgegeben ist. Jetzt ist „V. G.“ der rechte Ausdruck f�r das, was fast alle f�hlen, sogar manche Ofted�ler. Vater Fougner war eines Sonntags hier, und sagte dasselbe. — Arbeit n�tzt doch etwas.

Von Bj�rn nichts in letzter Zeit. Von Kielland vergn�gten Brief. Seine Zeitung geht. Siehst Du, ein paar Zeilen hab’ ich doch zuwege gebracht f�r mein einzig s��es M�del!

Dein B. B.

Gr��e Cavlings!

Liebe Bergliot, es gef�llt mir ungeheuer, da� Du nur den rechten Weg zum Ziele gehen willst, nicht l�gen, nicht schmeicheln, nicht feig sein; sondern treu und gehorsam und wahr. Ich glaube zwar nicht, da� Du auf die Dauer die K�nstler-Charakterlosigkeit und die Intrigen aush�ltst; aber ich sehe nichts Schlimmes darin, wenn Du nicht auf die Dauer Operns�ngerin wirst. Wenn Du blo� ein t�chtiger Mensch wirst, der seine Sache kann bis zur Meisterschaft, und durch die pers�nliche Macht Deines Gesanges hinrei�t; dann h�ngt das �brige von Dir ab; dann kriegen sie Dich nicht unter.

Schon wieder ein langer Brief von Ejnar. Sie hatten gerade die Nachricht von Parnells Rechtfertigung erhalten, und da die meisten dort Konservative sind, die die sch�rfsten Ausdr�cke �ber ihn gebraucht hatten, so erz�hlt Ejnar, da� er die „Ziegenb�cke“ in ihrem eigenen Fett hat braten lassen. Ja, necken kann er. — Hierzulande zurzeit nur Doktor Nansen; — sein Einzug mu� gro�artig gewesen sein.

Der Ha� zwischen Norwegern und Schweden wird immer heftiger. Ich darf wohl behaupten, da� die Stimmung jetzt f�r offenes Entgegenarbeiten gegen die Umwandlung der Union in einen Bund ist. Selbst die Rechte schlie�t sich bald an. — Wie es mich freut, da� Hejmann endlich etwas zu tun hat. Denn zum Kinderm�dchen pa�t er gewi�. Na ja, im �brigen wei� ich nicht; es wird ihm wohl auch das leid werden! — Einen �hnlichen Fr�hling hat noch kein Mensch, nicht der aller�lteste erlebt. Nachts Regen, Tags Sonnenschein! Wie die K�h’ auf die Alm sind ’zogen, habn’s ’tanzt! Nein, wie sch�n die Herde geworden ist! Schade, da� Du sie nicht sehen kannst, — nie sehen, wenn sie ausgetrieben wird, nie, wenn sie weidet, nie, wenn sie heimkehrt. Das ist das Sch�nste von allem, was das Landleben in Norwegen bietet.

Andere haben Dir wohl schon geschrieben, da� Gro�mutter gekommen ist, und da� kein Mensch die geringste Ver�nderung an ihr bemerkt; auch derselbe pr�chtige Humor! — Jetzt solltest Du die K�ken sehen in ihrem Stall unter der Treppe des Vorratsschuppens mit Drahtnetz dar�ber, einem gro�en Raum, mehrere Ellen lang und anderthalb breit, und an dem einen Ende eine von Bj�rns Hundeh�tten, frisch rot angestrichen. Jeder steht davor und schwatzt mit den K�ken und wirft ihnen Gras hinein oder gibt ihnen Wasser oder Futter. Und vorn auf der Veranda, die nun gestrichen ist, ein Schwalbengezwitscher, Bergliot, und bald wird der w�rzige Duft vom Klee kommen. Und die herrlichen Sonnenunterg�nge �ber den Bergen �ber Bleike! Und das Bad wartet auf Dich und ein neuer Hengst, Spellet wie aus dem Gesicht geschnitten, nur breiter. Du sollst selbst von Lillehammer heimkutschieren! Ja, komm nun! Du sollst sehen, die See ist ausnahmsweise einmal artig.

Dein guter Freund Vater.

Hurra dem Fr�hling auf Aulestad!

S��e Bergliot, ich habe so wenig Zeit; aber ich mu� Dir doch sagen, wie sehr uns Dein letzter Brief erfreut hat. Wenn Du gut i�t, gut schl�fst, gut singst, ... dann ist Sonnenschein und Festtag. Und dann sind Erling und Anna hier und erz�hlen von Dir und dem reizenden gichtbr�chigen Manne, bei dem Du wohnst, und wie Du in Deinem Element bist, wenn Du gut gegen ihn sein kannst. Und ich finde es so h�bsch, da� Du st�ndig Deine Herzensw�rme �bst an denen, die der Hilfe bed�rfen. Das Herz mu� ge�bt werden, mindestens ebenso sehr wie der Geist und der Charakter; aber darauf legen die Menschen kein Gewicht. Und als S�ngerin singt man mit dem Herzen genau so viel wie mit der Stimme selbst; es mu� die Stimme und die Worte durchdrungen haben. Darum mu� es auch reich genug sein, um durch Schule, fremde Sprache, Verlegenheit vor der �ffentlichkeit, Nichtaufgelegtsein hindurchzudringen mit der impulsiven Naturmacht der Stimmung.

Was f�r Sachen singst Du? Ist die Marchesi freundlich zu Dir? — An Hegel mu�t Du solange im voraus schreiben, da� Du ger�stet bist, selbst wenn er es ein paar Tage oder so vergi�t.

Erling und Anna sind so entz�ckend, so entz�ckend, Du, da� ich mich gar nicht satt an ihnen sehen kann. Sie sind so dumm und k�stlich und so voll frischen Glaubens an sich selbst und an die Zukunft. Sie machen mir riesigen Spa�. Und obschon Mutter nicht wohl war, ist dies doch der fruchtbarste Aufenthalt gewesen, den wir je in Kristiania gehabt haben. So t�tig und mit so viel Erfolg t�tig bin ich noch nie gewesen. Und wer glaubt, er k�nne mich zu Boden werfen, oder k�nne vorbeigehen an dem, wof�r ich mein Leben eingesetzt habe, der hat wieder umlernen m�ssen.

Ja, zu mehr habe ich nicht Zeit.

Dein Freund Vater.

Sonntag, Mutters Geburtstag.

Mutter hat ausgezeichnet geschlafen und ist heute auf, um alle ihre Geschenke entgegenzunehmen — von den Kindern hier Kleinigkeiten zum Backen und derartiges, und von Jenny ein Paar franz�sische Lederpantoffeln, von Bj�rn eine gro�e tiefe blaue Kruke zum Regenschirm-Hineinsetzen, von Ida Lie einen k�stlichen, k�stlichen Maigl�ckchentopf, von Erika wundervolle Rosen, und es kommt wohl noch mehr; ich beeile mich, zu schreiben, ehe die Besuche hereinbrechen. — Per Stejne hat mir geschrieben, sein Vater Ivar sei gestorben, und der Alte habe gew�nscht, nicht Konow sollte die Trauerrede halten, sondern ich. Selbstverst�ndlich fahre ich hin. Am Tage nach meinem Geburtstag reise ich. — Gro�mutter ist unwohl gewesen, ist aber nun wieder munter. Sonst keine Neuigkeiten von dort. Hier gro�er Aufstand und Spektakel in der Verteidigungssache, die man in Kristiania auf die hysterische und unnat�rliche Art betreibt, die dieser Stadt eigen ist. Du mu�t auf das „Dagblad“ abonnieren von Neujahr ab, wir werden es besorgen; „V. G.“[1] (d. h. eigentlich Vullum) nimmt einmal �bers andere Gelegenheit, was ich schreibe, zu verzerren und dar�ber L�gen zu verbreiten. Du mu�t also um Neujahr herum in einem liebensw�rdigen Brief daf�r danken, da� Du das Blatt bekommen hast, und Dir die weitere Zusendung verbitten.

Keine Zeit zum Schreiben. Sie kamen, die Besuche, sehr zeitig. Peters, Lies, Welhavens usw., St�rmer usw. usw. Zum Abend werden Julie Nielsen, Rolfsens (aus Bergen) und Peters hier sein, Mutter ein wenig angegriffen von all dem L�rm. Und weil ich sehe, da� es sie mitnimmt, bin ich auch m�de. — Bj�rn spielt „Olav Trygvason“ von Grieg; Du sollst es haben (d. h. geborgt), damit Du siehst, was das f�r eine herrliche, gro�artige Musik ist.

Jetzt geh’ ich daran, „Mariannes Kaprizen“ mit Bj�rn in der Hauptrolle einzustudieren (leihe Dir ein Heft Alfred de Musset und lies das St�ck!). Ich will eben sehen. Ich hoffe, es geht. Auch dieser Theatermonat ist gut gewesen. — Der alte Jahn in Bergen, Mutters Pflegevater, h�tte heute goldene Hochzeit feiern k�nnen, wenn seine „Catterin“ noch lebte. Wir telegraphierten. Es geht ihm so armselig, da� wir ihm helfen m�ssen. — Du hast wohl gesehen, da� mein Buch jetzt in zweiter Auflage erscheinen soll. Es hat noch immer �berall den gr��ten Erfolg. Keins meiner B�cher hat so gro�en Erfolg gehabt, vielleicht �berhaupt keins in unserer neueren Literatur. Erste Auflage 7000, zweite 2000. Was Du �ber Dich und Deinen Gesang schreibst, ist mir immer das Wichtigste und das Liebste. Da� die anderen �ber Dich lachen, beweist wohl, da� Du selbst freundlich und fr�hlich bist; hast Du geschrieben defendu de touch�, dann haben sie auch �ber Deinen grammatikalischen Fehler gelacht. Aber was halten sie von Deinem Gesang? Hast Du sie dar�ber reden h�ren? Hast Du �berhaupt Dir selbst einen Ma�stab geschaffen nach dem Gesang der anderen? Kannst Du objektiv oder nach dem ruhigeren Urteil anderer Dir eine Meinung dar�ber bilden, was Dein Gesang in Umfang, Ausdruck, Wirkung jetzt ist? — Leb’ wohl denn, lieber Schatz, la� uns w�nschen, da� Mutter bald wieder gesund wird; ich werde schreiben, falls die Besserung anh�lt, oder etwas Gutes sich ereignet; sofort schreiben.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, also Du bist krank? Das geht wei� Gott nicht! Was soll denn das hei�en? Werde wieder gesund, h�rst Du, raff’ Deinen Willen zusammen und sei vorsichtig! — Mutter ist jetzt wieder ganz wohlauf, aber mager; es geht t�glich vorw�rts. Was f�r ein herrliches Wetter! Der Wald �berzuckert und glitzernd im Sonnenschein, — unbedingt der sch�nste Naturanblick, den es gibt. Ein Bild der feinsten, reinsten, lautersten Gef�hle des Herzens. — Und „Der Handschuh“ auf der Freien B�hne in Berlin! Folgendes Telegramm bekam ich von der Leitung und deren Freunden (es ist eine Vereinigung, die Neues auf dem deutschen Theater einf�hren will); sie waren hinterher zu einem Fest versammelt: „Lebhafte, herzliche Aufnahme. Wiederholter, starker Beifall bei offener Szene, vortreffliche Darstellung. Trotz Meinungsverschiedenheiten (�ber die Tendenz) hielt das Werk alle in seinem Bann. Die versammelten Leiter und Freunde der Freien B�hne gr��en Sie in froher Dankbarkeit.“ Otto Sinding telegraphiert: „Der Handschuh st�rmischer Beifall, ausgezeichnetes Spiel.“ Fr�ulein Klingenfeld, die �bersetzerin: „Der Handschuh gro�er Erfolg, ausgezeichnete Wirkung.“ — Die Freie B�hne spielt ein St�ck nur einmal. Dies ist von allen, die gegeben wurden, das erste, das einen durchschlagenden Erfolg gehabt hat. (Also auch nicht Ibsens, trotz allem Geschreibe, hat das gehabt! Nun kommt die Wahrheit zutage!) Das bedeutet, da� nunmehr verschiedene B�hnen es haben wollen; ein gro�er Schauspieler, Reicher, hat bereits gesagt, mit dem Riis, den er gespielt hat, w�rde er durch ganz Deutschland ziehen! Ferner bedeutet das, da� ich meine anderen St�cke folgen lassen kann! Ach, wenn ich das blo� k�nnte! — Dann wird man einsehen, da� ich zuerst Ibsen den Weg gebahnt habe und da� er ihn jetzt mir gebahnt hat. Wenn es doch gl�ckte! es sah einmal so hoffnungslos aus. — Ich reise f�r etwa vierzehn Tage durch das Gudbrandsdal und halte politische Vortr�ge. Ich bin im Grunde nicht sehr erbaut dar�ber. Aber wen haben wir sonst? — Ich werde Dir Alexander Kiellands Brosch�re �ber die Verteidigungsfrage zusenden lassen. Besseres ist in Norwegen nicht geschrieben worden. Herrgott, ist das ein Aufwaschen! Da stie�en sie auf einen alten Groll, der seine Zunge zu brauchen wei�! Ich habe nie etwas �hnliches in unserm heimischen Kampf gelesen! — Und jetzt wird er dem Journalismus untreu! — Werde wieder gesund und schicke uns gute, lichte, frohe Nachrichten, Du unser Sonnenvogel!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, da� Poesie in einem Gesang ist, das will besagen, da� die Stimme durchleuchtet ist von einer ansprechenden Pers�nlichkeit; au�er dem Ton und dem Wort h�ren wir die Sehnsucht, das Weh, die Freude, den Feuertrieb einer Seele; die Kunst selbst steht hier im Zusammenklang mit dem Wesen des Menschen vor uns; das ist es, was uns ergreift und hinrei�t, die St�rke des Gef�hls oder des Willens oder der Phantasie des Menschen und da� sie zum Durchbruch kommen in seinem Gesang. Eine gro�e Stimme, die aber nicht erf�llt ist von diesen Dingen, n�tzt nichts; und umgekehrt, die gr��te St�rke der Pers�nlichkeit n�tzt nichts, wenn der Gesang nicht f�r sie ausreicht.

Hat Mad. Marchesi Dir jetzt „Halleluja“ gegeben, so meint sie damit, da� in Deiner Stimme eine Wasserklarheit ist, die einen reinen Sinn widerspiegelt, eine Innerlichkeit, die sph�rische, phantastisch hinblauende Wege geht. Daneben aber m��test Du ein Gesangsst�ck voll Leidenschaft und Willen haben und eins voll Schelmerei. Das kommt auch wohl. Hast Du mit ihr �ber das gesprochen, was Du Dir w�nschtest, weil sie getroffen hat, was Dir gef�llt? oder hast Du einfach so frei herausgesungen, da� sie einsieht, wo Deine St�rke liegt? Antworte mir hierauf. — Die Dachsparren auf Erlings und Annas Haus sind errichtet; nun liegt das Haus mit ausgebreiteten Fl�geln da; sie decken all das schicksalreiche Erbe von V�tern und M�ttern her bis zur�ck zur Kindheit unsres Volkes, ein Erbe, das ausgebr�tet werden soll und geh�tet unter seinem Schutz — sie decken alles Leid, das da weinen wird, alle Freude, allen Leichtsinn, die da lachen werden, alle Kr�fte, die geweckt werden und arbeiten sollen, alle Ausschweifung in S�nde und Gedanken, alle Dummheit, alles edle Streben, alle Befriedigung, alle Reue und gr�belnde Verzweiflung. Es wird wohl bald da etwas wachsen, was die Ehre unsres Namens schirmt oder ihn sch�ndet, entweder blo� unsre starken Triebe erbt und nicht zugleich auch unsern Arbeitsmut und unsre Selbstbeherrschung. Von allem ist in unsrer Sippe etwas, und auch in Annas Familie soll es so sein; obendrein sto�en sie schon fr�her zusammen, sie haben sich schon ehedem gekreuzt. Ich sehe auf die Haussparren wie auf die Rippen in einem Schicksalk�rper, dem langen, vielnamigen des Geschlechts. M�ge er mehr werden als blo� Fischbrut, m�ge er etwas ans Licht tragen von dem Vielen, das ich f�r dies Land gedacht habe, sich kraft dieser Gedanken aufrichten als ein st�rkerer Wille, denn die Gegenwart ihn hat, und so ein gesundes Erbteil kundtun! Dies ist der h�chste Wunsch f�r mich selbst, den ich auszudr�cken vermag. Und da es unser Familiensitz ist, so wird das Haus wohl starke M�chte gegen sich haben, abbrennen oder �hnliches; aber wieder auferstehen! sch�ner und bequemer! Also auch darin mu� das Asyl des Geschlechts dem Geschlecht gleichen.

Deine zwei letzten Briefe waren ausgezeichnet; Deine Schilderungen des Gesangs in der Klasse, aller derer, die in der Matinee mitwirken sollen usw., sowie �ber Dein eignes Verh�ltnis zu Mad. Marchesi sind so gezeichnet, da� wir alle eine Vorstellung davon haben. — Die Menschenscheu, die Du beschreibst, ist eigentlich nicht das, sondern die Lust und der Drang, viel allein zu sein, und das ist ein Erbe von mir (der es von Vater hat). Aber das Mi�trauen, das ist nicht von mir. Vater hatte es. Du irrst auch darin, da� die meisten Menschen falsch und unwahr seien; es sieht so aus, wenn sie bald diese Meinung haben und bald jene; aber die Sache ist lediglich, da� sie gar keine Meinung haben, sondern von dem ansteckenden Einflu� der Umgebung sich zu allem und jedem verleiten lassen, was nicht gegen die Gewohnheit geht, denn die Gewohnheit ist st�rker als alles andere. Aber nun liegt es gerade in der Gewohnheit des Franzosen, Komplimente zu machen, da� es nur so hagelt, und nicht aus Falschheit tun sie das, sondern aus „gutem Ton“ und unter dem Einflu� der Umgebung. — Runebergs Brief habe ich schon beantwortet. Er lobte Deine Stimme und Deinen Vortrag und freute sich an Dir. Nein, Runeberg l�gt nicht; zu seinen Fehlern geh�rt es auch nicht, sich von der Umgebung beeinflussen zu lassen — er ist eine sehr selbst�ndige Natur. — Da f�llt mir ein, Du k�nntest diesen Brief und den Brief �ber Kiellands dem Ejnar zum Lesen schicken, damit er sich in den Gedankengang und die Zust�nde hier hineinversetzen kann. Du kannst ihn bitten, sie zur�ckzuschicken. — Ich hatte keine Lust, ihm zu schreiben, so lange diese monatelangen Verfolgungen anhielten. Jetzt, da sie so vollst�ndig mi�gl�ckt sind, ist es mir widerlich, nur daran erinnert zu werden. Aber dadurch kommt er um mancherlei vom Gegenw�rtigen, was vielleicht gerade diese zwei Briefe am besten geben. — Wir wissen im Grunde nichts �ber ihn; er schickt ein paar Betrachtungen und ein bi�chen was �ber allgemein-chinesische Verh�ltnisse; nie ein Wort �ber sich selbst, au�er z. B., da� er nicht mehr schreiben k�nne, er m�sse in Gesellschaft; oder er sei sehr besch�ftigt. Wir kennen weder seinen Umgang, noch seine Besch�ftigung in oder au�erhalb des Amts, nicht sein Gedankenleben und seinen Gem�tszustand, so da� wir eigentlich blo� an ein Portr�t schreiben. Und da erstirbt die Lust, Bilder von der Heimat zu geben, wenn wir nicht f�hlen, wem wir sie geben. —

Alles hier auf Aulestad ist nach und nach sehr gem�tlich geworden. Ich freue mich, da� es der sch�nste Hof im Gudbrandsdal ist dem Aussehen nach, und da allm�hlich auch alle Ger�te, Tiere und Einrichtungen ebenfalls erstrangig werden, so ist es hier gut sein. Jetzt fehlt nur, der Hof wird wirtschaftlich so gehoben, da� er wie ein Garten ist; er hat alle Vorbedingungen dazu. Dann kann er 60 Milchk�he ern�hren, B� ern�hrt jetzt auch nicht mehr; wir ziehen heuer 10 K�lber auf, um es (nach dem schlechten Vorjahr) wieder auf �ber 40 zu bringen, wie es fr�her war. Blo� noch einige Morgen Land und besseren D�nger, dann ern�hrt der Hof schon jetzt 50 Milchk�he. Mit einem solchen Hof und dem, was sie an Rente haben, k�nnen Erling und Anna selbst gut leben und gut f�r die neue Familie sorgen. Leb’ wohl, s��e Bergliot (und Ejnar!) und denk an

den Freund Vater.

Frohes neues Jahr, Du unser lieblicher Singvogel! M�gest Du lange und weithin zwitschern! Und das Gl�ck haben, die �bung des Herzens im Guten, die Vorbedingung!

Kam Mittwoch den 8. abends nach Hause, — unerwartet — und fand Mutter im Bett, Erling und Anna auf Vestad bei M�hlums und alle mehr oder weniger unwohl — entweder noch mitten im Kranksein oder eben dar�ber weg. Karen ist sehr unwohl; eine Dr�senanschwellung, die gef�hrlich ist; und Mutter aufs neue angegriffen; heut aber wieder auf und schreibt ein bi�chen f�r mich ab; Gro�mutter und ich die einzigen auf dem Hofe, die gesund waren (und sind).

Meine Reise ein einziger gro�er Erfolg von Anfang bis Ende. Peter und die Pferde im h�chsten Wohlbefinden, ich frisch wie ein Fisch, �berall so gestopft voll von Menschen, als ihre kleinen Stuben mit den ansto�enden Kammern und Dielen nur fassen konnten. �berall ist die Linke im Aufschwung, und „V. G.“s Richtung abgelehnt. Das Volk will reinliche Verh�ltnisse haben. Es freut mich, da� Du den Grieg-Rummel mitgemacht; aber mir ist dies des Guten viel zu viel, das ist sicher. Na, — hat es Dir Vergn�gen gemacht, so ist es gut und sch�n. — Du mu�t uns erz�hlen, wie Du lebst, Bergliot. I�t Du gut? Schl�fst Du gut? Ist Madame freundlich gegen Dich? Auch das M�dchen? — Es freut mich sehr, da� Du Mademoiselle Breslau und ihre Freunde, die ja auch die Deinen sind, wieder getroffen hast. An denen solltest Du festhalten. Und dann solltest Du Sansots wieder aufsuchen. Runebergs habe ich ein Buch geschickt. — Da� Du „leichtere“ Sachen mit Mad. Marchesi singen sollst, bedeutet, da� sie glaubt, Du hast esprit und bon sens, und Dir tut nur noch mehr Geschmeidigkeit not. Alle die feinsten Geheimnisse der Kunst liegen in dem leichten Gesang. Was Du innig und leidenschaftlich singen mu�t, damit hat es bei Dir keine Gefahr, jedenfalls ist das kein Gegenstand des Studiums in demselben Grad wie der leichte Gesang mit all seinen Anforderungen an technische Vollendung und Stil. Und singst Du so, da� sich Seele darin offenbart, dann gehst Du zu gr��eren Dingen �ber. Denn Seele dr�ngt nach mehr Seele, beim Lehrer wie beim Sch�ler.

Ich bin einigerma�en gespannt auf Erlings und Annas Reise. Sie werden Annas Sachen einpacken, und viele davon sind t�glich auf Vestad im Gebrauch gewesen, so da� es wohl sein k�nnte, es setzt saure Mienen und vielleicht gar Zweifel �ber die Abrechnung. Selbst schienen sie an so etwas nicht zu denken, und ich wollte nichts im voraus sagen, aber es wird sich schon zeigen. Sie sind beide sehr hitzig; ich hoffe, M�hlum ist es nicht. Wahrscheinlich kommen sie heute (Sonntag) abend nicht nach Hause, denn es schneit entsetzlich, und die Schlittenbahn ist zu schlecht f�r Jakob; aber ich bin sehr gespannt darauf, was sie erz�hlen. — Die Frau oben auf Lunde liegt im Sterben; �ber f�nfzig an Lungenentz�ndung in Gausdal. X. Y. und Frau telegraphierten an Torstein Lunde und baten ihn, zu kommen. Er antwortete, seine Frau sei krank. Worauf X. Y.s antworteten: „Dann kommen also wir!“ Dann legte sich auch Lunde, — und X. Y.s kamen! — Ich soll Dich von Lina und Sigurd und den Kindern gr��en. Nein, wie es gem�tlich dort ist, und wie artig die Kinder sind und wie h�bsch! Die alte Frau, die Mutter des K�sters, liebt Dich und bat mich, Dich zu gr��en. Hast Du ihr Dein Bild geschickt? Liebling, es freute mich so, zu h�ren, was f�r Erwartungen sie in Dich setzt. Sie war bei Sigurds als K�chin die Tage, als wir dort waren. — Bei Forr auf Forr in Fron waren wir auch (Castberg und ich); es ist das gr��te und stattlichste Haus im Tal, und die Menschen dort sind meine besten Freunde. Wir m��ten an einem Sommertag hinfahren. Tausend Gr��e von allen durch

Deinen Freund Vater.

Liebe Bergliot, diese Woche also ist Hejbergs „K�nig Midas“ gestiegen. Die Wirkung war „au�erordentlich“, sagt man, und wir werden nun sehen, ob sie andauert. Ferner, ob die Sache zu guterletzt mir wirklich zum Schaden gereicht.

Ich h�tte dar�ber schreiben sollen; aber ich hab’ es in mich selbst hinuntergeschluckt; so habe ich Dir nichts davon abzugeben.

Wie findest Du das — zu tun, als ob dies kein Angriff auf mich sei; und es damit zu verwechseln, da� ein Dichter eine Figur entlehnt, und hiermit zu verwechseln, da� man eine bekannte Pers�nlichkeit nimmt und sie beschimpft, indem man ihr Eigenschaften andichtet, die sie nicht hat, und Handlungen, die sie niemals begehen k�nnte!

Nein, ein konsequentes Leben zu leben, etwas in der Welt zu wollen, es mit Ernst zu wollen, das kostet was! Und hier in Norwegen gewi� mehr als anderswo. Ich k�nnte Dir manches davon erz�hlen, liebe Bergliot; meines Erachtens hast Du auch etwas von derselben Art, und das Theaterleben wird deshalb zu schwer f�r Dich sein; also ich bin nicht gerade begeistert, da� Du da hineinwillst.

Schatz, wie ich Dich darin wiedererkenne, da� Du nicht „mit Gef�hl singen“ kannst, ehe Du zwanzigmal ohne Gef�hl gesungen hast. Noch kannst Du nichts aus Dir selbst; sondern erst nach der hartn�ckigsten �bung. Mit Mut aufzutreten, das will auch ge�bt sein, und von Dir mehr als von irgend jemand anders, weil Du so mi�trauisch bist, und alle, die das sind, f�hlen sich am leichtesten unsicher.

Nichts �ber oder von Mademoiselle Breslau und den Leuten? Und Sansots, die so freundlich gegen Dich sind, und Runebergs. Nun schreibe ich bald an ihn und antworte ihm auf seinen langen, pr�chtigen Brief. Aber es ist gar nicht so einfach, an einen zu schreiben, der seinem Lande Kaiser[2] wie Kunst und Wissenschaft und Industrie schenkt. — Sansot antworte ich auch. Er hat mir einen h�chst interessanten Brief geschrieben.

Hier haben wir einen Schneefall gehabt, da� Gott erbarm’! — Kein Wunder, da� der Wald M�rchen erz�hlen kann. Wir gingen in der D�mmerung hinunter ins Nevr�dal, der Schnee hatte alle Laubb�ume geebnet, da� sie wie ein schneewei�es gestricktes Tuch in Wellen sich weithin breiteten, und hie und da ragten Fichten daraus auf, trutzig, rank, dunkel innen, jung, stark wie ein Hurra; nie hast Du etwas Keckeres und Anmutigeres, etwas Anmutigeres und Keckeres gesehen. — Das Haus schreitet nun rasch vorw�rts, wir sind alle oft stundenlang dr�ben. — Das Heu, das wir gleich nach dem Schnitt einbrachten, fressen die K�he lieber als alles andere. So da� es geradezu ein Ereignis geworden ist. — Abends ist es immer so gem�tlich; wir spielen drau�en am Tisch auf der Diele Boston und essen Apfelsinen und lesen und schwatzen. Jetzt erwarten wir Forrs hier und Blekastads. — An den Sonntagen werde ich k�nftighin immer aus sein und Vortr�ge halten. — Anna gedeiht so gut unter uns und ist in jeder Hinsicht eine echte „Bj�rnson“ geworden. Und ihr Vater, der anfangs fraglos gegen die Verbindung war, hat uns recht lieb gewonnen. Ja, es erhebt sich eine hohe Mauer von Verleumdung um den Mann in Norwegen, der Er selbst sein will, und versucht, andre dahin zu bringen. — Wenn Du schreibst, mu�t Du uns immer, wie jetzt, damit tr�sten, da� es Dir inbezug auf Essen und Schlafen gut geht und da� Du Fortschritte bei der Marchesi machst. — Aber ich f�r mein Teil sehne mich grenzenlos nach dem Tage, da das Unmittelbare und Frische Deiner Natur in Deinem Gesang zum Durchbruch gekommen sein wird, so da� er alle ergreift und fesselt. Dahin mu� es kommen, mu� es kommen.

Jetzt mu�t Du Zeugnisse sammeln, Kind, f�r das Gesuch um ein Stipendium. Es eilt nicht; aber Du darfst es nicht vergessen. (Doch, es eilt, sehr sogar — denn jetzt mu� es geschehen!) Kann nicht auch Dein Freund Gouzien (oder wie er hei�t) Dir eins geben?

Dein Freund Vater.

Liebes Kind, heute mu� ich nach Helleberg, Svartum und einen Vortrag halten, zwei Meilen von hier. Aber ich habe nicht besonders gut geschlafen heute nacht vor lauter Zeitungen und Infamie und L�gen. Na, ich werde schon damit fertig; aber da� ich insofern alt geworden bin, da� ich nicht immer einschlafen kann, das ist schlimm.

Der „Olav“ f�r Grieg �rgert mich. Das liegt so weit ab von meinem Weg, und ich m�chte am liebsten f�r mich selber arbeiten. Was tut Grieg f�r andere? Aber da� sie gut zu Dir waren, war pr�chtig.

So, also Du willst Mutter bei Dir haben! Das glaube ich! H�tten wir nur die Mittel dazu! Aber Du kostest uns so viel jetzt, weil Du alles haben sollst, was Du brauchst, da� wir hier zu Hause so sparsam sein m�ssen, wie wir k�nnen. Wir kommen ohnehin nicht aus. Also, wenn wir noch mehr f�r Dich tun sollen und Dir die Mutter schicken, dann bittest Du um mehr, als wir verm�gen.

Ich war so froh �ber Deinen Brief, was den Gesang betrifft. Das ist der erste Brief in diesem Jahr, der meldet, da� es so geht, wie Du und Mad. Marchesi es w�nschen. Der erste. Ich habe mich sehr danach gesehnt. — Aber noch immer nichts dar�ber, ob Du mit Mademoiselle Breslau verkehrst. — Ich wu�te ja freilich, da� der Flei� den Ausschlag geben w�rde, wenn es galt, „Seele“ hineinzulegen. Du erz�hlst, da� Du mehr als je arbeitest, und da� Mad. Marchesi jetzt zufrieden ist. Erz�hl’ mir ein wenig von der Kopka. Ist sie eine gro�e S�ngerin, ist sie wirklich freundlich zu Dir, und was h�lt sie von Dir? Ich sehe nie so recht klar, wie Du mit den Leuten stehst. Ich sehe Dich nicht mitten unter ihnen. Cavlings werden jetzt wohl bald abreisen; die sind die einzigen, �ber die Du ordentlich Bescheid gibst; bei denen sehe ich Dich. Liebes Kind, schreibe so, da� wir sehen!

Hier bereitet man wieder eine Schlittenpartie vor. Ich kann gar nicht sagen, wie unvergleichlich die Bahn ist! Ich habe sie nie besser gesehen.

Du solltest nur den herrlichen Klebersteinofen sehen, den ich jetzt in meinem Arbeitszimmer habe! Aber ich f�rchte, er hat leider keinen guten Zug. Der Ofen von hier oben ist in die Stube unten umgesetzt worden. — Am n�chsten Sonntag spreche ich auf Haug, Sonntag darauf im Gemeindehaus zu �jer. Ich bin immer auf der Walze; denn jetzt m�ssen die Ansichten der Linken durchdringen. — Wir sind so froh dar�ber, da� Du Dich in Deinem Zimmer und mit den zwei Damen und dem Dienstm�dchen wohlf�hlst. Alles was wir das letzte Mal von Dir h�rten, klang so heiter. — Das Haus f�r Erling und Anna schreitet nicht schnell genug vorw�rts; aber von morgen ab kommen mehr Arbeiter. Anna ist sehr lieb, aber t�chtig verzogen. Die Zwei sind ein gutes Gespann, glaube ich, aber ich will sie erst sehen, wenn sie beide m�de werden. Er arbeitet nichts heuer, f�hrt blo� das Leben eines Gro�bauern, die H�nde in den Taschen, und kommandiert vom „Oberhof“ die Leute auf dem „untern“. Aber das gibt sich wohl wieder, hoffe ich.

Zurzeit lese ich Carlyle (Carlejl), den gro�en englischen „Propheten“, der Seele fordert f�r alles Leben und Materialismus und Snobismus und Affektation und Eigenbr�delei und kirchlichen Dogmenkram ha�t. Ich w�nschte, Du w�rst f�rs Lesen, dann w�rde ich Dir seine Lebensbeschreibung schicken; denn darin steckt der ganze Kerl, weil darin so viel von ihm zitiert wird. Er ist eine Gr��e durch die Initiative, den Schwung, die er in den Menschen weckt. Aber er ist grenzenlos willk�rlich. Dann lese ich von neuem den „Ursprung der Arten“ von Darwin und ein gut Teil Belletristik.

Ich bin heute nicht aufgelegt, wie Du siehst, und ich bin mit meinem Vortrag besch�ftigt. Am Dienstag, an Landrichter Mejdells 70. Geburtstag, soll ich die Festrede halten.

Dein Freund Vater.

Liebes Kind, das Zeugnis war ja „brillant“. Wir freuten uns. Auf solch ein Wort habe ich gewartet; ich hoffe, da� Mad. Marchesi die Wahrheit sagt. Denn ich erinnere mich noch, da� sie auch Y. eine gro�e Zukunft prophezeite; ich widersprach und sagte, ein Mensch, der keine Seele habe, w�rde auch nie eine bekommen, und ich habe recht behalten. Aber der Irrtum war von ihrer Seite ganz nat�rlich; denn sie h�rte einzig auf die Stimme, und die war gro� und sch�n. Ich freue mich �ber das Zeugnis, denn wenn sie das von Dir glaubt, so setzt sie sicher alle ihre Arbeit daran, Dich vorw�rts zu bringen, und dann b�rge ich daf�r, da� auch Du arbeitest. Ich freue mich auch aus dem Grunde, weil Dir das Bewu�tsein, sicheren Boden unter den F��en zu haben, das Leben leichter macht. Selbstvertrauen geh�rt dazu, und nicht das des Trotzes, sondern das der Freude.

Mein lieber Schatz, ich bin seit langem nicht so froh gewesen.

Deine Somnambule ist eine Gedankenleserin, die f�hlt, was der Mensch, dessen Hand sie h�lt, denkt. Voil� tout.

Forr ist mit Frau und T�chtern ein paar Tage hier gewesen, und wir haben uns gut unterhalten. — Der Dreck mit „K�nig Midas“ ist doch blo� zu meinem Vorteil ausgeschlagen. Das wu�te ich im voraus. „V. G.“ hat keine Seide damit gesponnen.

Meine Sonntagsvortr�ge hier in der Nachbarschaft nehmen meine Zeit und Gedanken gefangen, und Du mu�t ein bi�chen darunter leiden, Bergliot. Aber da ich einmal schreibe, m�chte ich f�r die Auskunft �ber Schlaf und Essen danken, und bitten, jedesmal eine �hnliche zu schicken. Also: schl�fst Du gut? I�t Du gut? Stehst Du Dich gut mit den Leuten des Hauses? Du bist nicht heftig, ungeduldig gegen irgendeinen von ihnen? Diese beiden Fehler sind Deine Lieblingss�nden. — Hast Du bei Mademoiselle Breslau �fters die Gr�fin Martel („Gyp“) getroffen? Ich sehe, sie war vor Gericht, wegen ungeb�hrlicher Einmischung in die Wahlen (in der Normandie). — Du solltest Dir noch ein oder zwei weitere Zeugnisse verschaffen; wir behalten dies und reichen es zusammen mit dem Gesuch ein, das bald abgehen soll. Es kommen mehrere Stipendien zur Verteilung, so da� wir um mehrere auf einmal nachsuchen. — Wir haben das allerherrlichste Wetter; Sonnenschein und Schlittenbahn Tag aus, Tag ein. Unsre Schlittenpartie (mit f�nfzehn Pferden) und gro�em Ball hinterher auf Rokvam war vorz�glich gelungen; also diese Woche war voller Vergn�gungen f�r die Jugend; dann waren wir ja auch auf Mejdells siebzigstem Geburtstag. Wir fuhren mit drei Pferden bei vorz�glicher Bahn in 1� Stunden hin. Es waren 130 Menschen. Mejdells waren sehr vergn�gt. Anna und Erling schenkten ihnen eine S�ule und eine antike Figur. — Heute ist Torp hier gewesen und hat Annas Kardialgie untersucht. Nichts von Belang. Forr und Erling sitzen hinter mir und lesen die Zeitung, also ich habe nicht viel Ruhe. — Brief von Ejnar; er schimpft immer �ber das eine oder andere, und lebt in gro�er Geselligkeit, �ber die er nichts berichtet. Ein sonderbarer Bengel. — Jetzt hat das Haus anderthalb Mannsh�he, und jetzt erst begreifen die Leute, wie gut der Platz gew�hlt ist. Die Leute, d. h. Smehus und Even, sind wegen Annas Sachen in Vestad gewesen. Als sie zur�ckkamen, erz�hlten sie, da� im ganzen Tal kein Hof so sch�n sei wie Aulestad. Und auf dem ganzen Weg h�tten die Bauern gesagt: „Nee, was f�r G�ule!“ Wenn sie so pikfeine G�ule h�tten, meinten sie, das w�re famos! Uff, ich sitze hier und kann blo� tratschen, — zu mehr kann ich mich nicht sammeln. Hast Du Dr. Sigurd Ibsens Aufsatz im „Dagblad“ bemerkt? Da kannst Du die Union in all ihrer H��lichkeit sehen! Ja, an so was hat man seinen Halt! — Und mich verfolgt man, weil ich kein Blatt vor den Mund nehme. Einmal werden die Leute sich schon sch�men m�ssen. — Ach, Du h�ttest diesen Wintertag sehen sollen, Bergliot! Aber sehen, ohne unter norwegischer Geistesenge, Feigheit und Mi�gunst zu leiden.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot in Paris! Wer an das Verh�ltnis zur Kirche und das Verh�ltnis zu Schweden (und dem K�nig, denn der K�nig ist Schweden) r�hrt, der ist ehrlos! Nun soll Sigurd Ibsen auch ehrlos gemacht werden. Ich habe ihn eben willkommen gehei�en unter der Zahl der Ehrlosen! Da� sie sich sofort gegen uns wehren m�ssen durch derartige h�mische Versuche, beweist deutlich, wie falsch das Verh�ltnis ist, wie in der Wurzel unecht. — Eine gro�e Hilfe war mir das in meinem Kampf um die Forderung, da� eine Vereinigung, die an sich neu unter den V�lkern ist, sich auch neue Formen schaffen mu�! Unsre Vereinigung ist andern ein Beispiel geworden (�sterreich-Ungarn); schafft sie sich eine neue Form in dem Verh�ltnis zum Ausland, so wird auch das ein Beispiel werden. Der einzig m�gliche Versuch, die Vereinigung als solche fortbestehen zu lassen, ist, eine Teilung der ausw�rtigen Angelegenheiten anzustreben und jedes Land seine eignen f�hren zu lassen. Damit ist nicht gesagt, da� nicht vieles gemeinsam bleiben kann; aber es mu� jedesmal auf freier �bereinkunft beruhen. Zwei Minister des �u�ern, jeder verantwortlich f�r sein Volk.

Ich lese zurzeit Carlyle (Carleil) „Die franz�sische Revolution“. Die schicke ich Dir. Ich h�tte eher daran denken sollen, da� Carlyle etwas f�r Dich sein mu�! Da� Du so leselustig bist, ist ein gro�es Gl�ck f�r mich. — Ich sitze wie auf Kohlen, weil ich mich fertig machen mu� zur Reise. Ich will n�mlich heute nach �jer, d. i. fast drei Meilen, bei der vorz�glichsten Schlittenbahn von der Welt, mildem Wetter und mit der Gro�stute, die lang und m�chtig ausholt, im Zweipferdel�ngenschritt. Der Wald ist wie fein bepudert, Schneewolken lagern zwischen den Bergen, die Luft daunenstill. — Sie sind rein verzweifelt, alle die „Landesverteidiger“, so oft ich mich r�hre. Sie wollen durchaus mit mir „diskutieren“. Ja, das glaube ich, wenn ich ihnen erst Leute verschafft habe, zu denen sie reden k�nnen, dann wollen sie auch gern reden! Aber daraus wird nichts. — Frits Hansen mu� sich au�erdem erst bei mir entschuldigen, bis ich ihn einer Unterredung, geschweige denn einer Diskussion w�rdige. Ein bi�chen Anst�ndigkeit mu� man beobachten, selbst mir gegen�ber. Ich schreibe gegenw�rtig an etwas, das „Ditmar Mejdell“ hei�t und Dich am�sieren wird, wenn es fertig ist. Ich bin in der vorz�glichsten Laune, wieder ganz auf der H�he nach all dem Skandal, der so kl�glich ablief f�r die Skandalmacher. Mutter hat drau�en im Flur einen Saltomortale �ber „Lord“, den Hund, gemacht, der beiden teuer h�tte zu stehen kommen k�nnen; aber es blieb beim blo�en Schrecken. Der K�ter rannte, hast du nicht gesehen! bis nach B� und lie� sich sp�ter viele Stunden nicht blicken.

Dein Freund Vater.

So sollst Du also schon im M�rz �ffentlich singen? Mir wurde ganz bange; denn ich mag euren Dressur-Gesang nicht, und viel anderes wird es wohl nicht, wenn Du nicht selbst w�hlen darfst. Uff, nun soll ich mich auch damit noch ab�ngstigen! — Aber andererseits beweist es ja, da� Mad. Marchesi Zutrauen zu Dir hat; und kein geringes zu Deiner Zukunft, da sie Dich schon jetzt auftreten l��t.

Hier ist es nur widerlich. Jetzt wollen die Schweden mit K�nig Midas Norwegen bereisen; ist es nicht unglaublich, da� auch meine Freunde das richtig finden? Entweder f�hle ich anders als andere, oder hier mu� eine neue Denkart aufkommen, die jetzt noch nicht die Oberhand hat.

Jetzt will ich mein Drama fertig schreiben (ich habe das andre beiseite gelegt), und sobald ich mir damit ein packendes Bild von unsrer unglaublichen Verantwortungslosigkeit von der Seele geschrieben habe, nehme ich meine Vortr�ge wieder auf und zeige den Leuten im gro�en und kleinen, wie unverantwortlich wir gegeneinander handeln.

Wenn man denkt, da� meine sogenannten „Freunde“ gleichzeitig „Freunde“ sind von Chr. Krohg und von mir, von Gunnar Hejberg und von mir! Und wenn ich tausend Jahr alt werde, ich verstehe das nicht, ich will davon nichts wissen. Aber ich werde dreinfahren!

Du tust mir so leid, immer wenn ich daran denke, wie tief Du Dir zu Herzen nimmst, da� Du Cavlings verlierst. Du mu�t jemand haben, mit dem Du auch Unsinn treiben kannst; deshalb kann Mad. Sansot Dir nicht das werden, was Dir das liebste ist; aber im �brigen ist sie kernecht durch und durch, Bergliot. Und der Mann! Alles Vornehme, Gebildete, was franz�sischer Geist erreichen kann, verk�rpert sich in diesem Manne! Ich kenne wenige M�nner auf der Welt, die ich h�her sch�tze. Ja, meine geliebte Bergliot, Du wirst bald lernen, da� solche Menschen wertvoll sind, weil sie selten sind. Ich glaubte an alle Welt, und nun blutet es in mir aus hundert Wunden — der Entt�uschung.

Ich habe nie die Geschmeidigkeit besessen, mich, wie Du, zwischen so vielen Mitsch�lern bewegen zu k�nnen, und mit keinem Freund oder Feind zu werden. Ich gebe zu, das mag das Beste sein; und da� Du das schon kannst, wird Dich gewi� sehr f�rdern und Dir vieles ersparen. Die allermeisten sind nicht mehr wert, als da� wir Ihnen gegen�ber die h�fliche Umgangsform nicht verletzen. — Ach, Bergliot, ich h�tte nie geglaubt, ich w�rde eines Tages solche Worte niederschreiben. Und ich kann mir nicht helfen, ich f�hle starke Ergriffenheit, nun ich es getan habe. — Wenn ich blo� meine Arbeitsstimmung wieder h�tte!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, ich habe Deinen Brief noch nicht gelesen, nur davon berichten h�ren; aber ich hatte auch so viel zu h�ren, zu lesen und war au�erdem gestern weg zu einem Vortrag. Gro�e Freude, da� Peter und Dikka hier gewesen sind, gro�e Freude! Und nun kommen auch Kiellands! Wir sind also jetzt gl�nzend auf der H�he hier! Es ist, als h�tten wir Paris hier. — Und Du �rmste lebst in der Millionenstadt viel verlassener als wir hier in unserm Winkel. — Nun habe ich Deinen vortrefflichen Brief gelesen, Bergliot. Deine ganze Natur liegt in diesem Brief. Hast Du die Revolutionsgeschichte von Carlyle, die ich f�r dich bestellt habe bei Huseby & Co. in Kristiania, nicht erhalten, so schreibe selbst! Du mu�t sie lesen. Du mu�t das Menschenmeer in Aufruhr sehen und die gewaltige Wogenmasse, wo einer den andern jagt, bis alles eine unendlich wogende Bewegung ist, so da� die, die mitgew�lzt werden, ihren eigenen Willen verlieren und nur dr�ngen, weil alles dr�ngt. Und das wird noch einmal kommen, wenn man nicht beizeiten gerecht ist. Darum eifre ich. Niemand wei� Zeit oder Stunde oder von wannen. Hebt es aber an, dann wei� keiner, ob unsre Arbeiter st�rker sind als andere, ob nicht auch sie mitgerissen werden und niederrei�en. Denn auch hier im Lande ist viel Unrecht. — Gr��e Frau Sansot herzlich; jetzt will ich mich endlich zu einem Brief an sie aufschwingen. Und Runebergs! Ja, ich wei�, das sind Menschen, sie haben mich verstanden, und sie verschleudern nicht, was sie verstehen. —

Ich habe noch andre Briefe zu schreiben und mu� schlie�en.

Dein Freund Vater B. B.

Liebes, s��es M�dchen Du, Sonntagmorgen, scharfer Wind �berm Schnee, das Barometer auf seinem tiefsten Stand, also haben wir Schlimmes zu erwarten; aber im Hause warm; bei offenen T�ren unten und oben kommt die W�rme vom Flur zu uns herein und mischt sich mit der W�rme aller �fen; Karoline geht umher und sieht nach und r�umt auf; unten ein Fr�hst�ckstisch mit ger�uchertem Lachs, kaltem gebratenen Schneehuhn, f�nf Sorten K�se, darunter ein neuer „Storthingsk�se“, und unter all der Herrlichkeit ein wei�es Tischtuch, und blaue Karaffen und Gl�ser. Karoline und ich sind eben von Tisch aufgestanden, jetzt h�ren wir Beate und Alexander Kielland im Fremdenzimmer sich r�hren; das Haus erzittert unter seinen Schritten. Er ist — ich werde ihm das nie vergessen — hierhergekommen, um demonstrativ seinen Protest gegen die Verfolgungen einzulegen, hat den Mj�sen herauf in seinem Breitschlitten wie der Teufel gefroren, wurde in Lillehammer von mir empfangen, fiel mitten in die Geburtstagsgesellschaft bei Lunde, wurde in die Stube gef�hrt, schneebedeckt, sah aus wie Gustav Adolfs Statue an einem Wintertag, so prachtvoll, da� die Leute schrien, und erz�hlte Geschichten, da� ich mich ganz krank lachte. Du h�ttest die Verzweiflung der Lillehammerschen Damen sehen sollen, aber lachen mu�ten sie doch! — Er trank eine Flasche Rotwein, Grog, Schnaps, a� ein Schneehuhn; aber unterhielt uns dabei den ganzen Abend, dampfte unter allgemeinem Gel�chter ab und schlief zwei Stunden darauf. Etwas dicker als fr�her, aber dieselbe unersch�tterliche Verachtung f�r das „Pack“, und voll Gesundheit und Kraft im Kampfe gegen dies Volk. Bei brillanter Bahn und brillantem Wetter hierherauf, ich voran in einem Schmalschlitten mit Kiellands Koffer hintendrauf, sie hinterdrein in einem Breitschlitten, zum Schlu� scharfer Trab, alle Flaggen �ber der Schneelandschaft an den hellen, strahlenden H�usern gehi�t, Feststimmung und Freude beim Empfang seitens Karoline, Karen, Mutter, Inga, Dagny, Anna und Erling, gro�es Diner, wobei er wieder Schneehuhn und Wein f�r zwei oder drei bekam, und ein Gel�chter, da� das Dach dr�hnte. Und den ganzen Tag gestern ein Schwatzen und Lachen und Apfelsinen und Possen bis zehn. Wieder neun bis zehn Stunden Schlaf heute, und jetzt h�re ich die Lachsalven unten vom Fr�hst�ckstisch her; denn dort sind sie nun, nachdem sie mich begr��t und meine Gl�ckw�nsche entgegengenommen haben, weil Babys Geburtstag ist. „Die ist das Beste, was Du je gemacht hast“, sage ich zu Beate. — „Entschuldige, ich habe sie gemacht“, antwortet er und zieht, den Arm um Beates Taille, wie ein Gott stolz von dannen, begleitet vom Gel�chter aller. Er ist in seiner roten „Amtmannsweste“, falls Du Dich ihrer entsinnst. Und als ich ihn fragte, ob er nicht Storthingsabgeordneter werden wollte, antwortete er: „Du meinst als dekorative Figur?“ — Gestern ist kein Brief von Dir gekommen; vermutlich ist in J�tland Schneesturm; wenn nur nicht auch unser Brief an Dich f�r einen Tag oder zwei weggeweht ist. — Hedlund hat an mich geschrieben, er halte es nicht l�nger aus, in Unfrieden mit mir zu leben. Ja, ich renkte es denn wieder ein, soweit ich konnte. Ich habe ja nichts gegen ihn, ich habe ihn sogar gern; aber ich k�nnte z. B. nicht mehr �ber das mit ihm reden, was ich glaube. — Beate Kielland — nun, Du wei�t ja, wie lieb sie mir ist, und sie ist so warm und entz�ckend hier bei uns, und dabei so bek�mmert um ihrer Zukunft willen. Alexander Kielland arbeitet an einem Roman, in dem ein Bauernbursche vom Lande in die Stadt kommt und es bis zum ersten Mann dort bringt, einfach weil er genau alle Schurkenstreiche und Nichtsw�rdigkeiten nachmacht, die die anderen machen, und die von der guten Gesellschaft geheiligt sind. Ist das nicht erg�tzlich? — Jetzt wird Erlings und Annas Haus gedeckt. In der gro�en Welt nichts, was mich im Augenblick fesselt, und auch nichts hier in der Heimat. — Ich habe die gro�e Angst, da� Mad. Marchesi kein Verst�ndnis f�r Dein Naturell hat und Dir eine verkehrte Aufgabe stellt. Du mu�t etwas haben, worin Leidenschaft ist und Phantasie oder Schelmerei. Kannst Du ihr das nicht selber sagen? Ein Hurra dem Tag und Dir und mir und allen miteinander.

Dein Freund Vater.

Alexander Kielland sitzt jetzt hier oben; als er h�rte, da� das Barometer so gewaltig sinkt, sagte er: „Es wird uns gehen, wie es in der Frithjofsaga hei�t: Der Fremde blieb, bis der Fr�hling kam!“

Heut steht der Wald wei�; denn es schneit die ganze Zeit, und etwas Sch�neres als einen wei�en Wald hat die Natur nicht. — Der Schnee liegt auch wei� �ber den Dachsparren des neuen Hauses. Die Maurer setzen jetzt die Schornsteine auf. Alles ist gro� dort, z. B. sollen auch vier — sage: vier — Schornsteine hinkommen! Einmal wird das Haus uns allen doch viel Freude machen, obwohl es verdammt viel kostet jetzt.

Wir haben ein Buch hier, die Selbstbiographie eines D�nen aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, Aerebo hei�t er; das werden wir Dir schicken; Du mu�t doch sehen, wie der Ton damals war; wenn man bedenkt, da� wir noch vor anderthalb Jahrhunderten roher waren als jetzt die Bauern. — Also d�rfen wir heute nicht zu viel voneinander erwarten, d�nkt mich. Wir m��ten solche Selbstbiographien mehrere Meilensteine weit in der Zeit zur�ck haben, dann begriffen wir, wie die Menschen noch heutigen Tags Rei�aus nehmen, wenn es gilt, den Arbeiterinnen zu helfen, und mitten im sch�nsten Frieden Geld sammeln f�r Kanonen. — Dies ist die Bismarck-Woche gewesen; er ist gest�rzt, und vorl�ufig auch sein Sohn! Jetzt sagen alle, wof�r ich dereinst meine Pr�gel bekam, so oft ich es sagte, er sei, nachdem er gewaltsam die Einigung Deutschlands zustande gebracht hatte, im wesentlichen ein Schachspieler, der alle Spiele gewann, dar�ber aber die Zukunft verlor; denn er war ein Mann des Mittelalters, und die moderne Denkart erschien ihm als eine Ausschweifung. Seine schlimmste S�nde, Ru�land gro�zuziehen, aber Frankreich zu beschneiden, — unheilvoll f�r ganz Europa — wird von seinem Erben, dem Kaiser, nicht wieder gut gemacht werden. — Ich f�rchte, wir st�rzen durch den jungen Kaiser in eine ganze Reihe von Fehlgriffen, die die Reaktion zu einer strengeren Tonart beeinflussen, und vielleicht Bismarck oder auf jeden Fall sein System wieder von neuem heraufbeschw�ren werden. Ja, wir gehen einer schweren Zeit entgegen! H�tte ich nur so einigerma�en unsre Zukunft gesichert! — Um unser Volk ist mir nicht bang, nicht im geringsten. Das geht seinen Weg. — Hurra! Bei uns gilt es nur, das Volk zu wecken. Ist es erst wach geworden, so ist mir nicht bang darum. — Gr��’ unsre Freunde! Runebergs und Sansots haben beide ihre Briefe bekommen; aber gr��e sie, gr��e sie! Gratuliere Hejde zum blauen Band! M�ge er erleben, da� es rot wird! — Leb’ wohl!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Du mu�t die Sache endlich sehen, wie sie ist, — wenn es eine Niederlage f�r Dich ist, da� Du nicht bei der Matinee mitsingen darfst. Das ist wohl besonders Madame L�rigs Schuld, die nicht die F�higkeit hatte, Dich weiterzubringen; aber Schuld tr�gt wohl auch der Umstand, da� sich in unserer Familie keine Spur von Virtuosit�t findet, so da� Du also nicht eine ererbte Anlage weiterbilden kannst, sondern mit unendlichem Flei� und mit Ausdauer Dir St�ck f�r St�ck erringen mu�t, — schwerer, langsamer als jeder andere. Da� Du die Triller und alles das „hassest“, darin stimme ich mit Dir �berein; aber als Ausbildung der Fertigkeit, als Weg zu einer biegsamen Stimme, einem selbstsicheren Gef�hl von �berlegenheit �ber das Technische mu�t Du diesen Spie�rutenweg gehen, um „fertig“ zu werden. Gibst Du Dich hierin besiegt oder richtiger: wirst Du hier nicht Meister, so wird stets hinter dem, was Du tust, die Angst stecken vor dem, was Du nicht kannst. �berwinde diesen ganzen d�stern Spuk! Werde ein unerschrockener K�nder des Lichts, des Herzens; r�um’ mit allem auf, was Dich verzagt macht; sondern zwinge es, dem H�heren zu dienen!

Nur eines steht noch be�ngstigend mir vor Augen: da� Du nicht kr�ftig bist! Du schl�fst, Du i�t, Du lebst das geregeltste Leben, und trotzdem ist es, als schw�che Dich etwas? Du arbeitest doch wohl nicht �ber Deine Kraft, ich meine, ohne die Regeln f�r gesunde Arbeit zu befolgen? Das s�he Dir auch nicht �hnlich. Gib Obacht auf Dich selbst, lieber Schatz; ergr�nde, was das ist!

Ich habe jetzt „La b�te humaine“ gelesen, und ich bin im Grunde erschrocken, da� auch Du es gelesen hast. Es hat einige so zwecklos unterstrichene liederliche Stellen. Pfui Teufel! Wahrhaftig, Du bist ein tapferes M�del, da� Du durch den Kot watest, ohne davon beschmutzt zu werden. Tut es Dir nichts, Bergliot? Antworte mir aufrichtig!

Bismarck geht in sein eignes Garn; er hat selbst damals, als er es brauchen konnte, die Alleinherrschaft des Kaisers proklamiert, und er hat selbst bis in den Tod M�nner verfolgt, die wagten, eine andre Meinung zu haben als der Kaiser und er. Und nun ist er der erste, der dem Willen des Kaisers entgegenarbeitet, heimlich und �ffentlich, und dar�ber f�llt er! — — Entweder wird er binnen kurzem wieder das Heft in H�nden haben, oder er beh�lt recht darin, da� es jetzt schief geht. Mit aller Art von Neuerungsideen l��t sich ein Staat nicht leiten, am allerwenigsten einer, der so exponiert liegt wie Deutschland. — Es soll sich nur keiner einbilden, da� hierdurch mehr Freiheit, mehr Licht in die Welt kommt; kein Prinzip des modernen Zeitgeistes hat den Gro�en gef�llt; kein gr��erer Schachspieler hat den gr��ten seiner Zeit matt gesetzt, keine weitschauende Politik die kurzsichtige; denn mit allen seinen Augenblickssiegen war Bismarck doch nur ein kurzsichtiger Mensch, der nicht die Zukunft aufbaute, sondern nur Sieg auf Sieg gewann im Kleinkram der Gegenwart. Nein — wir werden dasselbe mittelalterliche System haben, nur ohne die Siege, ... bis es am Boden liegt. —

Das Haus hat also jetzt einen Schornstein auf dem Dach und eins seiner vier Kreuzd�cher ist mit blauen Ziegeln gedeckt. Ferner sind die Fehlb�den, die unter den eigentlichen Fu�b�den liegen, im untersten Stockwerk fast fertig. Die Tischler und Amund (der Maler und Sattler, Du wei�t) machen sch�ne M�bel und verh�ltnism��ig billig. All mein altes, trocknes Material kommt uns nun gut zustatten.

Geliebter Schatz, Du mu�t bei frischen Kr�ften bleiben. Und Verkehr suchen mit den vielen, die Dich gern haben. Durchaus! Wir haben gedacht, Du k�nntest diesmal auf dem Landweg nach Hause kommen und einige Tage bei Hegel bleiben. Vielleicht ist dann Mutter dort, so da� Ihr zusammen heimkehrt. Mutter hat unter meinen Papieren folgende Strophe aus alten Tagen gefunden:

Im Walde.

Der Wald gibt sausenden sachten Bescheid;

Was immer er sah in den einsamen Stunden,

Was immer er litt, als man doch ihn gefunden,

Das klagt er dem Winde; der tr�gt es weit.

Ist das nicht sch�n? Das m��te sich in Musik setzen lassen. — Heuer geht die Schneeschmelze ohne Hast und Sch�nheit vor sich, recht heimt�ckisch. Drau�en �ber dem niederen Ackerland liegt er kreidewei� und schwindet hin, hier oben ist er ausgezehrt, wie einer, der die Schwindsucht hat; hektische Flecken da und dort. — Sie fahren Holz mit sechs Pferden den ganzen Tag; es fragt sich, ob wir es ins Haus einbringen heuer wegen des schlechten Schnees. — Dagny und Anna haben sich beide das Haar kurz geschnitten, es steht ihnen ausgezeichnet. Leb’ denn wohl, geliebter Schatz, tausend, tausend Gr��e von allen durch

Deinen Freund Vater.

Liebe, S��e Du, wie unterhaltend und klar Du schreibst! Die Briefe allein schon zeigen, da� Du im Wachstumsalter bist. Nicht die Briefe aller zeigen das, selbst wenn sie zwanzig Jahre alt sind; denn es wachsen leider nicht alle. Und es ist etwas wert, da� Du w�chst durch Umgang, Arbeit, B�cher; denn das ist es, was Dir den Gehalt gibt, der sp�ter den Gesang f�llt und f�rbt.

Ich mu� heute mal mit Dir reden �ber Mad. Marchesis bornierte Methode, von allen eine Art des Singens zu verlangen. Das ist nat�rlich verkehrt. Aber eines bedenke: sie hat mehr singen h�ren, als ihr alle miteinander, und darunter die Allergr��ten; denn die Allergr��ten haben zu ihrer Zeit gelebt, und nicht in Eurer. Infolgedessen hat sie (ohne selbst sehr poetisch zu sein) dadurch Musterbeispiele, und als S�ngerin ein solches Ged�chtnis f�r die Behandlung jedes einzelnen St�ckes, da� Ihr, wenn Ihr ihr folgt, immer der besten F�hrte folgt. Aber hier h�rt ihr Recht auf. Denn nicht alle k�nnen so singen, wie die Gr��ten; wenn sie ebenso gro� sind, haben sie ihre eigene bahnbrechende Art, und wenn sie nicht gro� sind, liegt ihr einziges Verdienst darin, da� sie sie selbst sind; haben sie das nicht, dann k�nnen sie sich begraben lassen! Es ist der reine Zufall, wenn jemand dieselbe Natur hat, wie der, der dieselbe Nummer von allen am vollendetsten sang.

Ich habe Garborgs „Bei Mama“ gelesen, das aus unsrer schmutzigen W�sche zusammengest�ckelt ist. Ein hysterisches Weibsbild (Tochter eines sinnlichen Faultiers von Mutter) gezeichnet von einem hysterischen Mannsbild, — das soll „das Weib, wie es ist“, sein! Das Buch besteht, wie alle B�cher Garborgs, aus tausend kleinen Geschichten. Er ist kein Dichter, er ist ein Schriftsteller, der einem Menschen mit kritischen Bemerkungen nachgeht, und die gen�gende Gewandtheit hat, ihnen verschiedenartige Form zu geben; es stimmt uns oft nachdenklich, aber wir sind nie ergriffen. Die hysterische Unruhe, dieses Jagen vom einen ins andre st�rt; ein Bild wird am besten mit ein paar kr�ftigen, sicheren Linien gezeichnet; durch diese tausend Strichelchen wird es wieder verwischt. In „K�nig Midas“ hei�t es, „da� niemand so l�gt, wie die, die herumlaufen und die Wahrheit sagen“. Das pa�t ausgezeichnet auf die Art B�cher, die nur in Geruch und Anblick und Zerkn�lltheit der schmutzigen W�sche leben; die „Wahrheit“ ist derbe L�ge. Die schmutzige W�sche mu� auch sein; aber nicht als das einzige oder das entscheidende f�r unsre Anschauung des menschlichen Lebens. Er ha�t die „Ideale“, weil sie die Menschen verleiten, an sie zu glauben, und — wenn sie sie nicht erreichen k�nnen — mutlos zu werden. Nun ja, das geht gewi� vielen so, besonders so lange die religi�se Verk�ndigung ist wie sie ist: ein Einziges f�r alle. Aber als Lebensziel, d. h. als das, was der einzelne erreichen kann, und was die Generation erreichen soll, sind die Ideale nichts anderes, als die Erfahrung unsrer eignen Natur; dadurch werden wir, und mit uns alles, besser; das haben wir gelernt. Ist das manchem zu viel, nun sch�n, — die kommandieren darum nicht die anderen; es sind niemals die letzten, die kommandieren, sondern die ersten. Diese siegen und ihre Nachkommen siegen nach ihnen; die St�rksten siegen. Wir m�ssen versuchen, den Schwachen zu helfen, namentlich versuchen, immer mehr Menschen auf die Seite des Sieges her�berzuziehen; aber wir k�nnen nichts von den Idealen ablassen, ohne die Richtung des ganzen Menschenzuges zu �ndern, den Zielen untreu zu werden, und zu mi�achten, was wir bisher aus Erfahrung als das Rettende erkannt haben. Dahin kommt es niemals! La� uns die Ausnahmen recht sichtbar ans Licht heben in unserm Leben; jedesmal werden sie uns an eine vergessene Schuld erinnern; aber zu Kommandorufen f�r die ewige Richtung des Zuges d�rfen die Schreie derer, die nicht zu folgen verm�gen, niemals werden; das w�re der Untergang aller, anstatt der einzelnen. Immer weniger und weniger werden ihrer; aber die Zeit kommt kaum je, da� ihrer nicht, was wir auch tun, leider allzu, allzu viele w�ren!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Dein Brief mit seiner Entr�stung, weil ich es eine „Niederlage“ genannt hatte, da� Du nicht in der Matinee sangst, hat uns riesig erg�tzt, und Dein Mut und Deine Lust freuen uns, — obschon wir nat�rlich auf einen zweiten, tief niedergeschlagenen, g�nzlich zerschmetterten Brief gefa�t sind. Diesmal versicherst Du, Du k�nntest Dich nie mehr verlieben; wir sind sicher, da� bereits eine neue Verliebtheit im Anzug ist, Deine hundertzwanzigste! Aber mehr als alles andre hat mich gefreut, da� Du ein Buch wie das Zolas in Dich aufnehmen kannst, ohne von ihm anders gepackt zu werden, als das starke Bild packen mu�.

Wenn Du von Zolas letztem Buch sagst, es sei die lautere Wirklichkeit, so wie kein anderes Buch, das Du gelesen hast, so beruht dies auf einem Irrtum. Dieser Kniff mit der Eisenbahn, mit ihr zu spektakeln, immer wieder und wieder, bis einem ganz schwindlig wird, ist ein alter Kniff von ihm, und an und f�r sich um kein Haar anschaulicher, als wenn Maupassant es in wenigen Zeilen gibt. Zola macht so lange fort, bis es zu hysterischen Vorstellungen wird, bis die Lokomotive zur Naturkraft wird im Geiste des Pers�nlichkeits-Jahrhunderts, zum Dampf-Geist.

Das ist Mystik, sind symbolische Schwindeleien, und nicht Wirklichkeit. Alle Wirklichkeit bei Zola wird verzerrt; er kann nicht einfach etwas so lassen, wie es ist; es wird schlimmer und schlimmer. Vergegenw�rtige Dir einmal die Bilder und Personen, dann siehst Du es selbst. Und dann wei� er nicht richtig Bescheid �ber das, was er aus der medizinischen Wissenschaft bringt. So zum Beispiel hier, wenn er einen Menschen zeichnet, der einzig Wollust am Blut hat. Das ist v�llig richtig; aber — wenn ich bitten darf — nicht zusammen mit sinnlichem Genu�, nein, an Stelle des sinnlichen Genusses. Wie es hier geschildert ist, wird der Mensch v�llig unverst�ndlich. — All der Schmutz, der da ausgegraben wird, all diese Morde und Selbstmorde, und all diese Verruchtheit, ... Du f�hlst doch selbst, da� er da Ausnahmen schildert, ungeheuerliche seltene Ausnahmen, und das Leben nennt. Selbst in der Farbengebung, die sonst seine gro�e St�rke ist, schwelgt er nachgerade so toll, da� es mich abst��t. Herrgott, was solch ein Buch f�r eine ungesunde Lekt�re ist, und so verf�hrerisch durch H�ufung von ungew�hnlichen, grauenvollen sinnaufreizenden Orgien aller Art!

In dieser Woche will Arnoldson aus Schweden hierher kommen; Kristofer Kristofersen und Frau kommen entweder in dieser oder der n�chsten, und Redakteur Holst will auch kommen.

Denke Dir, heute, am 13. April, liegt wieder einviertel Meter hoch Schnee, der Wald gro�artig unter der Last. Keine �berraschung h�tte gr��er sein k�nnen als heute dies Erwachen. — Famoser Brief von Sansot gestern; gr��’ ihn von mir. Ich schreibe bald. Vorl�ufig nur, da� W. Lange in Berlin eine �bersetzung von „Es flaggen ...“ gemacht hat, die ich dem Schweizer zum Lesen anempfehlen kann. Es gibt auch eine deutsche �bersetzung (im Manuskript) vom „K�nig“ von Fr�ulein Klingenfeld, M�nchen, Bayern, Gabelsbergerstra�e 21, die der Schweizer bestimmt geliehen bekommt, wenn er darum schreibt. Mehr wei� ich ihm nicht zu sagen. Die Sansots halten gro�e St�cke auf Dich, und falls ich sie, wie Sansot schreibt, 1891 hier begr��en d�rfte, so w�re das einer meiner gl�cklichsten Tage auf Aulestad. F�r dasselbe Jahr habe ich geplant, mit der ganzen Familie nach Romsdalen zu reisen, und da k�nnten sie sich uns anschlie�en. Das w�rde eine Karawane! Meine geliebte Bergliot, ich habe oft gew�nscht, das erstemal, da� Du in Norwegen �ffentlich s�ngest, sollte es in Romsdalen, in Molde sein. Aber das sei in Dein Belieben gestellt. Dann reisten wir von dort nach N�sset, wo ich als Junge herumsprang, und dort versammle ich die Leute und rede zu ihnen. Ein gro�er Tag soll das werden, wenn das Wetter gut ist. — Wenn doch auch Ejnar mit dabei sein k�nnte! Die Volksversammlung soll an der Stelle stattfinden, wo der Kerl hingerichtet wurde, �ber den ich einst schrieb. — Ich kenne keinen sch�neren Punkt in Norwegen, als den ganzen Bezirk dort. Ach, soll das eine Fahrt und ein Tag werden! Und den ganzen Weg da hinauf habe ich Freunde, also wir werden sehr vergn�gt sein. Und dort uns auf den Fjorddampfern herumtummeln! Die launenvolle Lieblichkeit und ruhige Gr��e des Romsdalfjords geht �ber alle Beschreibung. Oh, wie vergn�gt wir sein werden! — Ja, nun sag’ ich Dir f�r heut Adieu. Ich habe verlockende B�cher zu lesen und mu� mich auch ein bi�chen in meinen gro�en Stoff hineindenken. Es geht gut, geht uns allen vorz�glich, wir sind alle fr�hlich und alle gesund. Hier ist die St�tte, wo gearbeitet wird. — Hast Du „Die franz�sische Revolution“ von Carlyle gelesen? Ich lese den Freiheitskampf der Niederlande von Motley (einem Amerikaner), also �ber meinen Liebling Wilhelm von Oranien. Ein ganzes Leben lang immer unterliegen und dennoch ausharren, nicht nur selber, sondern auch alle anderen zum Ausharren anfeuern — ja, das ist mein Lebensideal! Das ist gr��er, als der gr��te Sieg, denn dazu geh�ren mehr und gr��ere Eigenschaften als zu einem gl�nzenden, im Augenblick alle Kr�fte anspannenden Sieg. — Und das versteht jeder, der wei�, was ausdauernde Arbeit, treuer Sinn und leuchtender Glaube bedeuten.

Dein Freund Vater.

Mein lieber, s��er Schatz, wie sch�n ist es jetzt, einen Brief von Dir zu bekommen, weil Deinem Gem�t eine feste Hoffnung aufd�mmert; Du wirst sicherer und st�rker dadurch. Es ist, als w�re jeder Brief eine Meile n�her dem Ziele geschrieben, es ist, als h�ttest Du jedesmal geloggt und nachgerechnet und die Fahrt f�r gut befunden. Und die Zeugnisse anderer sagen dasselbe. Wir warten und warten auf Dich wie auf die Fr�hlingsschwalbe. M�chtest Du nun auch Gl�ck haben zur Lebensfahrt und nicht wie ich Gegenwind das ganze Leben, — obschon er die Flagge so fr�hlich wehen l��t.

Jetzt sollst Du aber h�ren: ein Franzose, Cr�pieux-Jamin, ist Graphologe (Schriftdeuter), und hat aus D�nemark drei Handschriften zugesandt bekommen: die Mark Twains, der Gr�fin Danner und meine. Ich habe den d�nischen �bersetzer seines Buchs gebeten, Dir ein Exemplar zu schicken, und da kannst Du selbst sehen, was er �ber mich sagt nach der Handschrift. Mutter und ich sind ganz platt. Ja, Du wirst ja sehen!

Wir werden Dir Garborgs neues Buch schicken, oder Du kannst es lesen, wenn Du hierher kommst. „K�nig Midas“ besitzen wir nicht. Wir erwarten heute Kristofersen und vielleicht Lunde. Immer noch liegt Schnee in allen Spalten und am Wald; aber der Tag ist sch�n, der Altan ein Schutzdach gegen frische Brise, und der Bau dr�ben reift im Verein mit den B�umen dem Sommer entgegen. Jetzt haben wir unser Haus wieder f�r uns, die K�che wird renoviert, und es ist still hier. Ein Fr�hlingstag in Norwegen zwischen den Bergen ist reicher als jeder andere, weil die Seele, die wir ihm entgegenbringen, gewaltiger sich sehnt und mehr erhofft, als dies anderen V�lkern in einer andern Natur m�glich ist.

Gestern las ich eine schwedische Kritik �ber mein letztes Buch; ich glaube, ich sende sie Dir. Sie war gl�nzend. Es hei�t dort (nach einem andern schwedischen Kritiker), da� B. B. der am wenigsten blasierte von allen nordischen Schriftstellern ist. Ich glaube selber, da� das wahr ist.

Hier auf dem Hofe laufen f�nf bis sechs Ferkel herum, schneewei� und voller Leben, und ich mu� bei ihnen an Dich denken. Ich glaube, Du w�rst solch ein Kleines, wenn Du ein Tier w�rst. Und dabei noch etwas von einem Vogel, vielleicht einer Schwalbe. Kleines Ferkel und gro�e Schwalbe, eins und das andre, ich mu� lachen. — Mutter hat sich in der letzten Zeit herausgemacht, sie ist „rund un woll“, wie sie hier sagen; aber mit dem Geh�r ist es zu dumm. �brigens steht es ihr gut, so als Sibylle dazusitzen und von dem einen und von dem andern ein Wort hier, ein Wort da zu borgen. Wenn es doch blo� wieder besser w�rde mit ihr! Ich kann und kann die Hoffnung nicht aufgeben. — Ich hatte wirklich Angst, Du k�nntest nicht mehr leben, nachdem Cavlings abgereist waren; aber Gott sei Dank, Du schreibst, als habest Du die Absicht, auch ferner am Leben zu bleiben. — Ich m�chte gern wissen, ob Du einmal „La l�gende des si�cles“ von Victor Hugo auftreiben k�nntest; eine billige Ausgabe. In diesem Falle m�chte ich es haben. Und vergi� nicht, mir den Namen des Bildhauers zu schreiben, so, da� ich ihn lesen kann; Donnerwetter ja, dies ewige Elend mit den Namen! — Brief von Hejde und Frau Hejde; es geht ihnen brillant. — Dagny hat sicher gro�e Begabung f�r Musik; aber keinen Flei�, obwohl ich allm�hlich glaube, wenn sie eine gute Lehrerin h�tte, k�me der auch. Sie ist ja im ganzen sehr fl�chtig; aber so lieb und so begabt! Sie ist jetzt im Alter des Romanlesens und der ewigen Freundschaften. Marie Hansen ist das H�chste auf Erden. Das hei�t, vielleicht da� Dagny nun doch anf�ngt, auch an ihr Kritik zu �ben; damit ist sie sonst rasch bei der Hand. Anna ist wirklich reizend; so lebhaft und klug; und so wohl wie sie sich bei uns f�hlt! — Meine liebe Bergliot, Dank f�r alle Deine Briefe und f�r alle guten Nachrichten! Bewahre Dir Deinen Humor, h�rte Dich ab gegen Kritik und Widrigkeiten, werde stark! Und gr��e Deine gute Wirtin! Du wirst wohl auch n�chstes Jahr dort wohnen? Hast Du in letzter Zeit Deine Freundin besucht, das M�dchen bei Deinem alten Hausdrachen? Hast Du Gouzien vorgesungen? Bist Du bei Sansots gewesen? Voil�! Leb’ wohl! In Fr�hling und Arbeit, in schmucken Kleidern und Sonnenschein, in guter Gesellschaft und Vergn�gen, bei guter Lekt�re und gesunden Gedanken!

Dein Freund Vater.

Liebes Kind, Du mu�t das alles selbst entscheiden, Du steckst in Deiner eigenen Haut und in Deinen eigenen Kleidern, Du allein kannst wissen, wie m�de Du bist, und was Deiner Gesundheit neben Deinem Gesang, oder vielleicht gerade um dessentwillen nottut.

Du mu�t sofort Mad. Marchesi sagen, wof�r Du Dich entschlossen hast. In jedem Fall: bleib nicht so lange wie gew�hnlich, komm nicht so elend nach Hause, da� Du abreisen mu�t, eh Du wieder Bergliot geworden bist. — M�chtest Du bis zum 1. Juni bleiben, dann meine ich, solltest Du schon am 15. Mai bis zum 1. Juni bezahlen. Dann wirst Du ja h�ren. Aber bezahle lieber voll, als Streit anzufangen. — Entschlie�est Du Dich, schon am 15. Mai aufzuh�ren, so vergi� nicht, da� zwischen der Witterung im Norden und in Frankreich ein Unterschied ist, der Dich nicht zu Dummheiten verleiten darf. Du mu�t Dich jedenfalls danach anziehen. Den einen Tag ist es hier ganz warm, den andern halber Winter bis Mitte Juni; besonders aber im Mai. Dein Arbeitsplan w�re nicht so schwierig, wie er Dir scheint, wenn nicht diese verteufelten Reisen w�ren. Aber Paris ist ja ohne Eisenbahnen. Richte Dich f�r die Reise hierher beizeiten ein. Und verlobe Dich nicht unterwegs! Komm heim und sei Bergliot toute enti�re et toute seule. — Diese „K�benhavn“ ist wirklich ein grausiges, ganz grausames Blatt. Ich mu� dabei an das Gr�ne denken, das in den Windeln der S�uglinge liegt. Mich d�nkt, da� „K.havn“ �berhaupt nicht just das im Norden repr�sentiert, was gesund und stark ist; sondern das �berfeinerte und Frivole. — In den Zeitungen und Zeichnungen, die Du aus Paris heimschickst, ist ein ganz andrer Zug. Da wird das Kleine nie gro�, das Gleichg�ltige nie wichtig; wir haben keinen gesunden Ma�stab. Octave Feuillets letztes Buch solltest Du aufzutreiben suchen, ebenso Maupassants; ich sehe, man lobt sie beide sehr. Du mu�t es billiger kaufen k�nnen als f�r den Ladenpreis. �brigens kannst Du es auch lassen. — Keines von uns sehnt sich mehr nach dem Sommer als ich. Ich kann nicht arbeiten, es sei denn, es wird besseres Wetter, und am liebsten bei offenen Fenstern. Bringst Du das gute Wetter mit? Hier ist es scheu�lich jetzt.

Wir sind ein bi�chen in Sorge um Erling, es k�nnte ihm schaden, da� er so ohne Arbeit in verm�gende Verh�ltnisse gekommen ist. Besonders Mutter ist besorgt. Aber es kann ja gut gehen, auch wenn er noch nicht wei�, wie er im Sattel sitzen soll. Ich halte mich von ihm zur�ck; ich habe ja kein einziges Interesse mit ihm gemeinsam; denn bei dem einzigen, das ich haben k�nnte, dem Betrieb auf dem Hof und dem Bau, fragt er nie um Rat und erz�hlt nie davon. Er ist vollkommen, er ist Selbstherrscher. Nun, Du wirst ja selber sehen! — Hier ist es �de. Diese Zeit ist schrecklich. Graue Erde, grauer Laubwald, unheimlich finsterer Tannenwald, Schnee auf den H�hen und in den Spalten, kalter Regen, kalte gr�ne Ans�tze hie und da. Nirgends ein Mensch. Die B�cher gleichfalls kalt. Kalte Kritiken in den Zeitungen, unerfreuliche Politik daheim und drau�en, Unfruchtbarkeit und Mutlosigkeit der Mittelm��igkeit �berall. Ich langweile mich. Komm Du heim mit Sommer, mit Mut, mit Gesang, mit Zukunft! Dann bin ich in guter Laune, wie einer, der in einen dichterischen Zauberkreis gebannt wird, wo es nichts Graues gibt.

Dein Freund Vater.

Liebes Kind, Dank f�r Deinen langen Brief! Ja, jetzt ist er gekommen — in wenigen Tagen — voller, voller Sommer, alle Fenster und T�ren auf, Sonne �ber dem Altan, H�hnekr�hen und Vogelsang den lieben langen Tag, und Glocken und Hammerschlag und der Klang der Egge an den kleinen Steinen.

Also vermissen wir auf Aulestad jetzt nur noch eines, und das ist unser Pariser Singvogel. Das beherrscht in dem Grade meine Stimmung, da� ich nur mit der gr��ten �berwindung an Dich schreiben kann. Du bist nicht dort, sondern hier. Und die Briefe sterben aus Sehnsucht nach dem Menschen.

Ich habe eben ein Buch bekommen: „Pepitas Hochzeit“ von Heidenstam (einem Schweden), das v�llig �bereinstimmt mit meinem Aufsatz „Die neue Kunst“. Ich m�chte wissen, was z. B. von Garborg �brigbliebe, wenn die poetische Kraft, mit der hier geschildert wird, ausschlaggebend w�rde? Da w�rden nicht viele von diesen Matt in Matt-Kopien bestehen k�nnen. — Ich bin durchaus einverstanden, wenn geschrieben wird, da� jeder, was die Kunstform anlangt, seine eigene Art haben d�rfe; — seine poetische F�lle, das Wesen und der Reichtum seiner Pers�nlichkeit seien es, die �ber den Eindruck entscheiden. Bin ganz einverstanden — nur nicht mit der Leichtfertigkeit. Man darf nicht um den Augenblick die Zukunft verkaufen. Ich verstehe auch die nicht, die, um fr�hlich zu sein, absolut Punsch brauchen. Ich antworte immer: ich kann genau so fr�hlich sein wie ihr, ohne da� ich Punsch trinke. Auch verstehe ich nicht, da� nicht zwei Verschiedengeartete fr�hlich sein und sich aneinander freuen k�nnen, ohne da� sie sich sofort in die Haare geraten m�ssen. Wird nicht gerade durch die Kraft der Selbstbeherrschung die Freude etwas, das unser Leben bereichert, das Wesen der Pers�nlichkeit st�rkt und die Selbstachtung und die Achtung anderer in eins verwandelt? Gib Dich hin da, wo Dein Herz Heimat und Zukunft gew�hlt hat; sei fr�hlich ohne diese letzte Hingebung �berall da, wo Menschen f�r dasselbe leben wie Du. — �brigens sind das Dinge, �ber die man nicht zu streiten braucht, das Blut entscheidet hier; die Starken (weil sie selbstbeherrschend gewesen sind) erzeugen Starke, die Schwachen (weil sie Schweine gewesen sind) erzeugen Schwache. Und die Welt geh�rt den Starken.

Hier ist das allerherrlichste Wetter, Du! Aber wirst Du Dich auch hier wohl f�hlen k�nnen ohne irgendwelche Abwechslung vier Monate im Jahr? Ich h�tte an Sansots schreiben sollen; na, ich hol’ es nach. Sag’ ihnen, da� Ernest Tissot mir soeben ein Buch geschickt, das er herausgegeben hat: „Les �volutions de la critique fran�aise“. Es ist ausgezeichnet. Die Librairie acad�mique Didier hat es herausgegeben. Das ist der Tissot, �ber den ich Sansots geschrieben habe, weil er an mich schrieb; er w�nschte eine Studie �ber meine Werke zu schreiben. Ich sagte ihm zu, schien es.

Meine geliebte Bergliot, wir sehnen uns zu h�ren, was Du beschlossen hast. Du freust Dich selbst so sehr, da� auch wir unsre Freude auf das Wiedersehen aussprechen d�rfen.

Dein Freund Vater.

Sonntag, nachdem ich vormittags an Dich geschrieben hatte, fuhren wir zu Amtmann Nielsens. Frits Hansens Kinder sollten den ganzen Tag dort sein. Aber w�hrend wir gerade gem�tlich bei Nielsens sa�en, kamen pl�tzlich Frits Hansen, Ingeborg Hansen und der Hauslehrer! Sie wu�ten, da� wir da waren. Ich ging sofort in den Garten, der Amtmann hinterdrein, und nun waren also zwei Parteien, eine im Garten und eine drinnen, Amtmanns v�llig verzweifelt. Und nun alle Menschen (und Mutter nicht als letzte) auf Frits Hansen los, der sagte, er w�re einzig gekommen, um es wieder gut zu machen. Aber erst m�sse er mich um Entschuldigung bitten. Und so kam er denn heraus in den Garten und machte es sehr nett, indem er immer wieder und wieder versicherte, es sei niemals seine Meinung gewesen, ich w�re ein weniger ehrenwerter Mann, als irgend einer von ihnen. Und er war �berhaupt so �berstr�mend liebensw�rdig, da� ich mit Herz, Seele und Sinn mich ergab; und am andern Tag kam er hierher, den Tag darauf waren sie beide hier zu Annas Geburtstag und gestern wir bei ihnen oben zusammen mit allen Vonhejmsleuten. Es ist ein altes Wort: alte Liebe rostet nicht, und das hat sich wieder auf beiden Seiten bewahrheitet. — Wir sind sehr froh dar�ber allerseits, sehr, sehr froh.

Kristofer Kristofersen und Frau sind hier; sie sind so sehr gem�tlich, besonders er. Schlicht, klar, warm. Sie lassen Dich herzlich gr��en. Sie wollen den Sommer �ber auf Solhejm wohnen. �berhaupt werden eine Menge pr�chtige Menschen hier sein im Sommer. Und ich will im Sommer nur Gedichte machen. Jeder Mensch mu� zugeben, ich bin so jung an Kraft und Saft, als w�re ich (aufs Haar) knapp �ber 40. Wenn das so fort geht, dann mu� ich ja ein sehr alter Knabe werden. — Denk Dir, heute wollen wir nach S�nstevold, um zu beschlie�en, da� in Gausdal Telephon gelegt wird! Telephon in Gausdal! Telephon bis in unsern Flur, und da stehen und mit Kristiania sprechen, so wird es enden!

Ob Du heute einen Brief von Mutter bekommst? Jedenfalls ist sie bei Dir mit allen ihren Gedanken. Ich war so erf�llt von der Frage, wann Du nach Hause kommen w�rdest, und sie nicht minder, da� ich nun voll Betr�bnis Deinen Brief ihr zugehen lasse, zugleich mit diesem.

Wir wollen alle hin�ber zu Peter Sletterud, deshalb beeile ich mich so. Sie warten alle auf mich. Wenn Du es blo� lesen kannst!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, Du h�ttest in Norwegen sein sollen und dies Winterauftauen sehen! Es erscheint mir gar nicht anders m�glich, als da� in einem Volk, das unter diesen allj�hrlichen Eindr�cken lebt, der Glaube wachsen mu�, auch die schlimmsten Hindernisse und Schwierigkeiten m��ten weichen vor einem frischen Fr�hlingswillen in uns selbst. Der Schnee ging den Leuten bis unter die Arme, sobald sie au�erhalb der gebahnten Wege gingen; und die Wege vereist, um sich Arme und Beine zu brechen. Entsetzlich kalt manche Tage, ziemlich warm an anderen, niemals gleich, immer unsicher.

Und dann eines Tags ganz unvorhergesehene W�rmegrade; anfangs ein Tr�pfeln von den D�chern, Rinnsale auf den Wegen, Ballen unter den Pferdehufen; aber dann Schneest�rze von den D�chern, da� die H�user erbeben, B�che durch die Geh�fte und Wege, der Schnee geht scheffelweise jeden Tag, Schlamm und Eis ein Brei, und alles Wasser schwarz. Wo Du gehst, ein Murmeln von B�chen, Funkeln in der Luft, blauer D�mmer im Schnee und unter den V�geln eine Lustigkeit — die H�hner kommen heraus, die H�hne kr�hen, die Schweine laufen wie wahnsinnig; die bisher noch nie drau�en gewesen sind, stehen ganz still, die K�pfe aneinander gedr�ngt und getrauen sich keinen Fu� zu r�hren; die Pferde w�lzen sich und sausen vor�ber in rasendem Trab, und die Menschen mit Hacken, Spaten, Schaufeln, Beilen, um die Wasserstr�me zu regulieren und ihnen Wege zu graben, da� sie nicht den ganzen Hof mit sich fortfegen. Die Luft so stark, da� einem schwach wird, wenn man zu lang darin bleibt.

Und nun mu� ich ein Lied f�r Dich abschreiben:

Wann wird es wirklich Morgen?

Wenn goldner Strahlenglanz

�ber Firnen h�pft im Tanz,

Tief in den Abgrund dringend,

Beschwingend

Den zum Lichte kletternden Stengel,

Da� er sich tr�umt als seligen Engel.

Dann ist es Morgen,

Wirklich, wirklich Morgen.

Doch wenn’s wettert und spr�ht

Und krank mein Gem�t,

Kann das Morgen sein?

Nein.

Wohl ist es wirklich Morgen,

Wenn Bl�mlein im Fr�hlicht blinken,

Und V�glein Tautropfen trinken

Und zwitschernd dem Baume zum Lohne

Eine Krone

Von jungfrischem Gr�n versprechen,

Vom Meere erz�hlen den sehnenden B�chen.

Dann ist es Morgen,

Wirklich, wirklich Morgen.

Doch wenn’s wettert und spr�ht

Und krank mein Gem�t,

Kann das Morgen sein?

Nein.

Wann wird es wirklich Morgen?

Wenn die Kraft, die das Leid durchdringt,

Sonne der Seele bringt,

Wenn in Deinen Armen

Erwarmen

Alle die Menschen, gro� und klein,

Dann gegen alle nur gut zu sein.

Dann ist es Morgen,

Wirklich, wirklich Morgen.

Die gef�hrliche Kraft,

Die das H�chste schafft,

Ist sie’s, die Dir nah?

Ja.

Gr��e Griegs vielmals von uns und geh gleich zu ihnen.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, ich sitze hier bei Lundes, Sonntag, den 18. Mai, und schreibe ein paar Worte, damit Du nicht vergessen sein sollst. Wir fuhren gestern im herrlichsten Wetter hierher, der Wagen mit gr�nem Birkenlaub geschm�ckt, so da� wir in einem Zelt sa�en, Erling auf dem Bock, Anna, Kristofersen und ich drinnen. Unsre seidne Flagge voran. Kein Mucks, weil ich dasa� und �ber meine Rede sann; aber alle, denen wir begegneten, wurden froher Laune, und in der Stadt gro�e Freude. Auf dem Markt ein paar Tausend Menschen und die Stimmung gut. Am ersten Pfingsttag kommen die Rindalsleute, Gustums und einer von Svartum zu uns. Um Johanni soll ich hinunter nach Sarpsborg und dort im liberalen Verein des Sm�lener Bezirks reden. Vielleicht k�nnen wir uns dann auf Tor� bei Frau M�ller treffen. Du kommst ja diesmal auf dem Landweg und bleibst ein paar Tage bei Hegels? — Mutter will nicht vor dem Herbste hin, sie reist dann mit Dir. Ich wollte, der Teufel holte die Matinee in der Salle Erard! Deinen Brief mit den Montmartre-Schilderungen schicke ich Mutter. Dann ist ein lieber Brief von Ragna Kristensen eingetroffen, die Dagnys Lehrerin werden sollte und am liebsten sofort gekommen w�re; aber nun hat Jenny eine Stellung f�r sie gefunden als Gesellschaftsdame bei einem reichen Herrn, Dr. Rohde, der eine kranke Frau hat und ein Kind, mit denen er nach Paris will. Kennst Du Ragna? Ihr werdet sehr gute Freunde werden!

Dr. Georg Brandes ist in Kristiania. Sein Zweck ist lediglich, indirekt und direkt mich unm�glich zu machen. Thommessen sein getreuer Helfer. Aber seine Zeit ist vorbei.

Mein guter, lieber Schatz, Dein letzter Brief atmete Zuversicht und Freude, und es tat mir wohl, das zu lesen. W�rst Du nur bald bei uns! Ach, wie sch�n es jetzt hier ist! Nach einem starken Regen hat alles starke Fortschritte gemacht; ein Duft gestern von Vogelkirsche und Birke ohne Unterla�, und die Sturzb�che dampften. Aller Fr�hling ist ein Bild des Starken. Ich schlo� meine Rede gestern mit einem Bild von zwei Staren, die an der S�decke unsres Hauses sich ihr Nest gebaut haben. Das M�nnchen sitzt auf dem Knauf der Flaggenstange und singt ihr vor und spielt und unterh�lt sie, w�hrend sie sitzt und br�tet. Und sein Spielen und Singen deute ich als die Festtage zwischen den Arbeitstagen; sie sangen und spielten auf f�r die Fr�hlingsarbeit im Land. — Aber komm nun auch Du und singe und spiele auf f�r die Fr�hlingsarbeit, die Zukunftssaat — erst in Deinem Vaterhaus und sp�ter f�r das ganze Land. So alt wir sind, wir haben den Glauben, da� es der Fr�hling ist, dem wir dienen, und die Arbeit ihr neues Lied verdient.

Dein Freund Vater.

Du Liebe, Liebe, um 11 Uhr gestern abend (denk Dir, erst um 11!) kamen Frau Karoline Bj�rnson und John Lund (die sich unerwartet getroffen hatten) hier an, am Pfingstabend also, und heute, am Pfingstsonntag, habe ich die sch�ne Zeit verplaudert; vollst�ndig vergessen, da� wir eine Bergliot in Paris haben; also dieser Brief wird nichts als eine Wurst sein. Aber fressen mu�t Du sie doch, von einem Zipfel zum andern.

Du Liebe, S��e, wie h�bsch Dein letzter Brief zu lesen war! Wenn Du Dich nur nicht in zu viel Geselligkeit verzettelst! Aber Du hast den Leuten gegen�ber ja keine Verpflichtungen; Du kannst in Gesellschaft gehen und es lassen. Enfin! So wenig davon wie m�glich. Und zugleich viel Freude und Vergn�gen dazu! — Kein Mensch auf der Welt br�chte mich dazu, in einer Matinee oder sonst wo etwas anderes zu singen, als was mir selber pa�te. Kein Mensch! Ich w�rde diese Bedingung stellen und mich um keinen, keinen Preis davon abbringen lassen. — Hier ist das allerwundersamste Fr�hlingswetter, ein paar Tage lauter Sonnenschein, den n�chsten Tag Regen, und das abwechselnd Wochen hindurch. Dieses Jahr mu�, falls es lange so anh�lt, gro�artig werden. Gestern lie�en wir die K�he heraus. Einen so schmucken Viehbestand, wie unserer jetzt ist, haben wir noch nie gehabt. Es war ein sch�ner Anblick. Hansens und Kristofersens teilten ihn. Gestern badete ich auch zum erstenmal im Freien. Pr�chtig! — Mutter ist recht m�de. Die �rzte in Kopenhagen sind einstimmig der Ansicht, da� ihre Taubheit von Nervosit�t herr�hrt, und da� sie nur dann abnehmen oder wenigstens nicht weiterschreiten k�nnte, wenn ihre Nerven sich besserten.

Ich glaube, das ist anders; ich glaube, die Heilkunde mu� hierin erst Fortschritte machen. Der Hypnotismus spielt unter anderm da eine gro�e Rolle. Ferner m�ssen Instrumente erfunden werden, vermittelst derer schwache Ohren h�ren, wie vermittelst der Brillen schwache Augen sehen.

Lund und Mutter kommen mit den widerlichsten Erz�hlungen �ber die Boh�merei heim, und ich mu� schon sagen, solche Kerle sind nicht gef�hrlich.

Heute habe ich 13 — sage: dreizehn — Bauern zu Tisch und Mutter und John Lund als Extrag�ste. Karen ist rein aus dem H�uschen. Frau Hansen hat uns Fisch geschickt, so da� wir wohl �ber das Schlimmste wegkommen. — Gestern war ich oben und sah mir ein Fohlen von „Spellet“ an; Erling kaufte es auf dem Fleck, so entz�ckend war es. Nun warten wir auf „Musm�rra“, auch bei ihr ist es bestimmt sehr bald soweit. In diesen warmen Tagen haben wir voll Mitleid an Dich gedacht; ich glaub’ es noch nicht recht, wenn Du sagst, Du seist gesund; es kann ein Umschlag kommen. — Das Haus ist nun fertig in M�dchenkammer und K�che und Speisekammer; alles andre mehr oder weniger unfertig, und dann fehlt die Holzverkleidung au�en. Die Leute hatten mit der Fr�hjahrsbestellung zu tun, deshalb geht es so langsam mit dem Bau. — Sch�n wird es, wenn es fertig ist, und einen gro�en, flotten Hofraum gibt es rundum! — Anna ist ein pr�chtiges M�dchen; nie etwas Unangenehmes los mit ihr; sie hat es eigentlich fr�her nie in ihrem Leben recht gut gehabt, bis jetzt; das tr�gt auch dazu bei, da� sie so fr�hlich ist. — Mutter erz�hlt, „Das neue System“ werde in Kopenhagen best�ndig vor vollen H�usern gegeben. „K�nig Midas“ dagegen ist unwiderruflich abgetan. „Das neue System“ bezahlt ein gut Teil f�r Dich.

Sonst nichts zu berichten. Ich freue mich, da� Thaulows (und nicht Tauwlows) freundlich zu Dir sind. Ich halte gro�e St�cke auf ihn; aber in einigen wesentlichen Punkten ist er nicht so, wie ich ihn haben m�chte. Ich gehe indessen davon aus, da� eine solche Naturkraft so sein mu�, wie er ist. Im Verh�ltnis zu mir fordere ich Treue, und die, denke ich, hat er. Ich meinte, er sei ein Freund von Chr. Krohg; aber seitdem ich h�rte, da� er das nicht ist, ist alles andre mir gleichg�ltig, z. B. da� er mich Ramseth genannt hatte. Er ist ja ein gro�es Schwatzmaul. — John Lund sitzt hier und wartet auf mich, ich mu� schlie�en.

Dein Freund Vater.

Ich meine, Du solltest �ber Kopenhagen fahren, um Hegel zu danken, der so gut gegen Dich ist. Dort haben wir gute Freunde, und die soll man festhalten. „Auf dem Wege zu Deinem Freund soll kein Gras wachsen.“

S��e Bergliot, die Sache mit dem Gelde mu�t Du nicht so tragisch nehmen. Du kannst Dir doch denken, da� Mutter und ich immer genug zum Leben haben werden, und k�nnt Ihr uns etwas wiedergeben, so ist es gut; k�nnt Ihr nicht, so ist es auch gut. Daf�r leben wir doch nicht. Und am allerwenigsten ich, der den gr��ten Teil seines Lebens f�r andere gelebt hat. Das ist ja die einzige Freude, die ich habe.

Deine Stimme l��t Dich noch immer bisweilen im Stich; — ich bin sicher, sie wird Dir eine Lebensfreude werden, wie sie in ihren guten Stunden die unsre ist. Wenige Menschen k�nnen so hell ins Leben schauen wie Du, die zweifellos gro�en Aufgaben und mancher sch�nen Tat entgegengeht.

Wir m�ssen unsern Lebensmut h�ten, er ist unser h�chster Schatz. Gut essen, gut schlafen, das Rechte tun, gute Menschen in unser Herz schlie�en und die Zerst�rungslust der anderen hindern, das erh�lt den Mut in uns. So ausger�stet und begabt und geliebt, wie Du bist, — — Bergliot!

Du kannst �berzeugt sein, ich leuchte Jonas Lie heim; denn ich habe Briefe gefunden, die alles best�tigen, was ich gesagt habe. Ich glaube nicht einmal, da� er es selbst erlebt haben kann; dazu war der Konflikt in Rom wegen der gleichen Angelegenheit zu heftig.

Gr��’ Ingeborg, an die ich niemals wieder schreiben darf, und Bj�rn, der bereits seine Sommergage erhoben hat — wozu? Hier ist alles wohl; meine Herzbeschwerden g�nzlich vor�ber.

Dein Freund Vater.

Ihr solltet uns in Schwaz treffen und mit uns weiter gehen nach Italien. — Ihr werdet nie Italien sehen, wenn Ihr es nicht jetzt seht. Das „nie“ meine ich nicht so bitter ernst; denn sicher kommt Ihr einmal hin. Aber nicht jetzt, nicht in Eurer Jugend, nicht zusammen mit so vielen guten Freunden, wie die, die wir hier um Euch versammeln, und dann zusammen mit Ejnar und uns; denn Ejnar kommt zum Herbst heim, wir hatten k�rzlich einen Brief! Ihr solltet das unbedingt tun! Erst nach Tirol, dann nach Rom; — was sollten das f�r Tage werden! Und wie Ihr Euch nach einer Ver�nderung sehnen m��t! Selbst die alten Ibsens m�ssen Eure Sehnsucht verstehen — und auch unser Recht, Euch und den kleinen Buben einmal zu genie�en. Und der Gedanke, den Du verlauten lie�est, �ber Dagnys Gesang die F�hrung zu �bernehmen, hat sich in mir festgesetzt. Sie hat Anlage f�r Musik; ich sehe das an ihren Fortschritten auf dem Klavier, obwohl sie kaum spielt. Und dann bedarf sie eines Anhalts. Sie zerflie�t reineweg in blo�er Konversation. Ihre schwache Gesundheit hat bisher jede Regel und Anstrengung unm�glich gemacht; aber jetzt ist das anders; sie wird kr�ftiger. Sie macht hier gro�es Gl�ck und ist selbst gl�cklich. Sie ist auch in allen St�cken ein braves, kluges Ding, und h�bsch. Aber sie mu� nun ein festes Interesse haben. Ich denke, es ist keinerlei Opfer f�r Euch, ihr dieses zu verschaffen; aber selbst wenn es das w�re, so ist sie es wohl wert. —

Der Maler Ross ist uns ein guter Freund. Er hat sich zu einem gutartigen (obwohl etwas scharfz�ngigen) Weltmann entwickelt, ohne jede Spur von Unarten oder Snobismus; er geh�rt zu den angenehmsten und gef�lligsten Bekanntschaften, die man haben kann; — und uns ist er au�erdem, und ist es stets gewesen, der beste Freund. Ihr werdet beide Eure helle Freude an ihm haben. Seine Freunde hier sind auch die meinen, und edlere, nat�rlichere, gebildetere M�nner und Damen hat das europ�ische Gesellschaftsleben nicht aufzuweisen — au�er etwa in Kreisen, die ich nicht kenne. — Wir erfuhren gestern zu unserer �berraschung, da� „Die Neuverm�hlten“ am Montag, den 23. im Valle-Theater aufgef�hrt werden sollen! Man fragte mich, ob ich nicht der Generalprobe beiwohnen wolle, morgen — Sonntag —! Die genieren sich nicht. „Ein Fallissement“ geht �ber ganz Italien und hat gro�artigen Erfolg. Nun sollen auch „Die Neuverm�hlten“ und „Geographie und Liebe“ folgen. Aber ich bekomme nicht einen Schilling. Das einzige, was ich davon habe, ist die Freundschaft des �bersetzers, eines vortrefflichen, liebensw�rdigen Mannes. Ich habe auch in Rum�nien einen liebensw�rdigen �bersetzer gefunden; aber, wie gesagt, ihre Liebensw�rdigkeit ist der ganze Gewinn. Ich hatte jetzt Gelegenheit, meine neue kleine Erz�hlung (sie ist in den Zeitungen angek�ndigt worden) ins Deutsche, Franz�sische, Englische, Russische, Italienische, Ungarische, Rum�nische, Tschechische, Littauische und Kroatische �bersetzen zu lassen!! Ich habe laut aufgelacht �ber alle die Nein, die ich in die Welt hinaussenden mu�te (au�er an den Engl�nder), weil Hegel das ganze Buch, in dem die Erz�hlung stehen sollte, vertr�delt hat! Er hat es seit November, und hat jetzt vier — sage: vier — Bogen fertig gedruckt. — Mir ist solche Gesch�ftsordnung unbegreiflich.

Wir sind alle bei vorz�glicher Laune. Meine Krankheit unterbrach sie eine Weile; aber wir sind dar�ber weg, seitdem wir die n�tige Vorsicht gelernt haben. Ich habe Schwindelanf�lle, und ich vertrage nicht viel, ohne da� ich m�de werde. Aber es geht gut vorw�rts. Im �brigen stecke ich mitten in der gr��ten Arbeit, die ich je vorhatte, und bin ungeduldig. Mutter sieht vorz�glich aus und erregt gro�es Aufsehen in den Gesellschaften, so h�bsch ist sie; sie ist ungemein munter — au�er wenn sie Briefe schreibt.

Entwirf nun einen klugen Kriegsplan, wonach Ihr ein Jahr lang mit uns hier unten zusammen sein k�nnt! Oder wenn es nur ein Besuch wird, bis Sigurd nach Hause berufen wird ... Er und Du habt dann auf alle F�lle den Sommer in Tirol und den Oktober in Rom, die sch�nste Zeit f�r Italien! K�sse den kleinen Tankred, gr�ss’ Deinen Herzensmann und die alten Ibsens und andre Freunde von

Deinem Freund Vater.

Besonders S�rensens!

Bitte S�rensen, da� er mir noch eins von Utheims B�chern schickt, ich habe das erste zu Agitationszwecken weggegeben. Er verschickt sie wohl an Zeitungen und Reichstagsabgeordnete in Schweden?

Ich w�re ihm sehr dankbar, wenn er Sars’ Abhandlung und Utheims Buch an Prof. Fridtjof Holmgren in Upsala senden wollte. Er war neulich hier (auf dem �rztekongre�), und ihm fehlten die Beweise f�r das Recht unsrer Sache. Einem Mann wie ihm d�rfen sie nicht fehlen.

Dein Freund Vater.

Wie ich den Brief zusammenfalten will, erhalte ich folgendes Telegramm von L’Arronge, Direktor des „Deutschen Theaters“: „Au�erordentlich beif�llige Aufnahme. Habe mehrmals f�r Sie danken k�nnen. Alle gro�en Zeitungen voll Lob. Gru�, Gl�ckw�nsche. L’Arronge!“ Hurra, hurra; das bedeutet n�mlich ganz Deutschland! Und f�r mich folglich ein ganzes Kapital.

Liebe Bergliot, Du kannst Dir denken, wie uns Deine Schilderung des 17. Mai erg�tzt hat! Und da� ich einen Vertreter von meinem Fleisch und Blut und Temperament hatte, machte mir nicht am wenigsten Spa�.

Hierher kam an dem Tage — ohne an den Tag zu denken! — Z. mit Frau. Wir tranken „V�slauer Schaumwein“, und vielleicht waren es Zeit und Ort und Stimmung, die es bewirkten; aber der beste Champagner behagt mir nicht so wie dieser. Es ist ein s��es Singen darin, ein Preislied auf Tirol an einem klaren Tag und das Echo dazu. Ihr m��t ihn, falls er aufzutreiben ist, kosten und ihn auf den Tiroler Sommer trinken, obwohl er ein St�ck weit von Tirol geboren und gewachsen ist, aber doch in derselben Art Natur, wie man sagt. Z. war v�llig der Alte, nur fand ich ihn noch h��licher, schiefbeinig, buckelr�ckig, langarmig, und die fette Zunge immer vorne zwischen den Z�hnen. Aber wie klug und anh�nglich und treu er ist! Seine Frau hat ihn vom Vegetarianismus abgebracht; sie hat die Hosen an. Aber sie ist eine brave Person und so innig anh�nglich an ihn, wie blo� eine erl�ste Gouvernante es sein kann. Sie ist h�bsch, „besonders wenn sie einen Schleier um hat“, f�gen Dagny und Mutter hinzu. F�r die, die besser sehen als ich, soll sie etwas Angejahrtes haben, wenn sie ihn heruntertut. Sie ist gro�, schlank, dunkelhaarig, mit sch�nen Augen. Nun habe ich es so weit gebracht, da� ich franz�sisch (mangelhaft) sprechen kann �ber Gott wei� was alles, und bis ich wieder nach Italien zur�ckkomme, werde ich es ebensoweit im Italienischen gebracht haben. In Rom mu�te ich eine ganze Menge der neuesten Belletristik lesen, um mein Urteil abzugeben. Die italienische Jugend ist so naiv, frisch, poetisch, es ist eine Freude, mit ihr zu verkehren. Ich begreife vorl�ufig nicht, was der Grund ist, da� ihre sozialen und politischen Verh�ltnisse so bedauerlich im R�ckstand sind. Da� kein gro�er Reformator ersteht. Ich glaube, Italien gibt zum drittenmal der Welt einen neuen Anfang, oder vielleicht besser: zum vierten Male, wenn das Papsttum ebenfalls als solcher gerechnet wird. Die R�merherrschaft, das Papsttum, die Renaissance. Kein andres Volk hat solchen Reichtum besessen, und wenn ich unter der Jugend bin, so habe ich den Eindruck, als sei er noch immer da.

Du mu�t Sigurd erz�hlen, da� sein ganzer Vergleich zwischen Leo dem Dreizehnten und Gladstone in die „Review of Reviews“ aufgenommen ist. Aber sage ihm auch, da� ich nicht gemeint habe, er m�sse in einer Berliner Zeitung dem entgegentreten, was sie �ber mich oder den Kampf in Norwegen gesagt haben; ich schere mich den Teufel um ihre Niedertracht; nein, eine kurze Darstellung dessen geben, um was es sich handelte; denn dar�ber herrschen nachgerade irrige Anschauungen. Die Schweden sind sehr flei�ig gewesen. So schlecht, wie es mit dem Parlamentarismus steht in Europa, und so fest, wie sich der Satz eingeb�rgert hat, da� die Norweger Wirrk�pfe sind, ein Haufen Abnormer — ist die Lage nicht ohne Gefahr.

Die Mutter ist von einem Magen�bel geplagt, wozu mitunter starke R�ckenschmerzen kommen. Gegen diese gebraucht sie Salicyl, und mit gutem Erfolg, aber die Magenbeschwerden kommen h�ufig wieder. Heute weint sie vor Schmerzen. Bis dato ist es nichts Ernsteres; Malthe untersuchte sie in Rom; aber es mu� ja ernst werden, wenn nichts daf�r getan wird. Dann ist es wieder acht bis vierzehn Tage gut, aber kaum l�nger. Das schl�gt auf die Stimmung. Es w�re eigentlich ganz gut, wenn Du eines Tages zu Malthe hingingst. — Bitte Sigurd, mir zu sagen, was er �ber die Wahlen denkt. Jetzt ist also die Zeit gekommen, da, wie ich erwartete, das Ministerium Steen Kopf oder Schrift spielen w�rde mit dem schwedischen K�nig, der gleichzeitig der unsre sein soll. Jetzt h�tten die Bewilligungen f�r Konsuln und Diplomaten, die schon in der vorigen Session vorbereitet und angek�ndigt wurden, abgelehnt werden m�ssen. Und die Regierung m��te vor die Alternative gestellt sein, entweder zu gehen oder die Wahlen �ber am Ruder zu bleiben. Dann h�tten wir unser Ministerium bis jetzt gehabt und st�nden zehnmal besser da in den Wahlen.

Dagny spielt wirklich recht gut. Sie macht im ganzen gro�e Fortschritte.

Peter hat uns alten K�se geschickt, Dikka ger�ucherten Lachs, wir sind jeden Tag „auf den Fischbr�cken des Westlands“ und im Vorratshaus und haben ein so echtes Konterfei von Norwegen, wie kein Gedicht es st�rker oder wahrer geben kann. Siehst Du Peter, so umarme ihn, Dikka ebenfalls! —

Erz�hl’ auch von Cato! Wir m�ssen doch von Cato h�ren! Ihr d�rft Cato niemals weggeben, finde ich. Er war Euer erster Hausgenosse, und Zuschauer von Anbeginn des Anbeginns und Zuh�rer von Tankreds erstem endlosen Gepl�rre. Wenn Dagny davon erz�hlt mit dazupassenden Bildern von Sigurds mannhaftem Zorn, Deiner Verzweiflung und Catos Verzweiflung am ganzen Leben, lachen wir, da� wir uns den Bauch halten.

Mit meiner Arbeit geht es gut jetzt. Bj�rns und Ingeborgs Triumphe in Kopenhagen haben uns furchtbar gefreut. Gr��e Sigurd und Tankred, Peters und die alten Ibsens vielmals von

Deinem Freund Vater.

Liebe Bergliot, Mutter soll nach Innsbruck; wir warten nur auf Geld. Dort ist ein Arzt, der ber�hmt ist wegen seiner Kuren f�r Magengeschichten. Es kommen viele von weither zu ihm.

Es freute mich, da� Du kein Hase warst. „Absalons Haar“ ist das St�rkste, was ich geschrieben habe, weil es die teuerste Erfahrung meines Lebens ist. Wer Dichter ist, und das auf meine Weise ist, und etwas so F�rchterliches erlebt, und dann nicht das Seine tut, um zu warnen und die Wiederholung im gro�en und kleinen zu verhindern, der wird seiner Aufgabe untreu. R�cksichten wie: dann sagen die Leute das, und dann denken sie so von Dir, nehme ich nicht. Ich gehe drauf los, und daf�r sollten alle einstimmig mir danken und mich ehren. So habe ich ja mein ganzes Leben lang gehandelt, und das wollen die Leute nie sehen, und es mir nie lohnen. Denn Aufopferung wird ihren Lohn und ihren Ruhm haben, wenn die Zeit gekommen ist. Sie ist n�mlich ein Vorschu�, den starke und gesunde Menschen auf das Ganze nehmen.

Rache? — Nicht ein Wort der Rache, nicht ein Wort der Bosheit findet sich in der Schilderung, um die es sich hier handelt. Derartiges verdunstet mir, wenn ich vor dem Ernst der Aufgabe stehe. Ja, mehr noch: ich wehre mich dagegen, ganz entschieden. Um sicher zu gehen, lasse ich mindestens ein Drittel von dem, was das Bild verschlimmern k�nnte, weg und r�cke den Rest in das Licht des Verstehens vom psychologischen Gesichtspunkte aus. Ihr, die Ihr das Modell kennt, wi�t alle, da� ich auch diesmal so verfahren bin. Ich werde sp�ter dar�ber �ffentlich etwas schreiben, falls kein anderer es kann oder will.

Tausend Gr��e an Euch alle!

Euer Freund Vater.

Liebe Bergliot, was ist denn das f�r ein Unsinn, da� Du uns etwas von dem Gelde, das wir f�r Deinen Gesang ausgelegt haben, zur�ckbezahlen willst! Das ist doch Deine Mitgift. Es wird sich mit der Zeit schon zeigen, da� diese Mitgift sehr bedeutend ist. Es freut uns sehr, da� Du glaubst, diese Zeit sei bereits gekommen.

Ich freue mich �ber die Drontheimer Wahl; aber wenn ich das Wachsen der Rechten in Akershus und im Westland sehe, dann merke ich wohl, da� die Wahlen im ganzen nicht nach Wunsch ausfallen. Leider! Eine falsche Taktik wird von den besten Reden nicht aufgewogen. Es sieht ja aus, als k�nnten wir in einem ganzen Menschenalter diese Bezirke nicht gewinnen. — Das ganze Ausland ist gegen uns. Ich glaube auch nicht, da� wir dem Ausland das Verst�ndnis beibringen k�nnen, ehe wir unserer Unabh�ngigkeit ein Ziel stellen, das alle fassen. Dieses kann einzig sein: Schiedsgerichte f�r alle vorkommenden F�lle, und ein Ansuchen deswegen in allererster Linie bei Ru�land. Wenn das Ausland einsieht, da� es das ist, dem die Schweden sich widersetzen, werden ihm die Augen aufgehen. Wie lange soll ich diese Weise herleiern, ehe ich die Leute mitkriege?

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, schon jetzt kann ich aus den Wahlen sehen, da� die Rechte sich behauptet. Die Linke bringt es zu keiner Zweidrittel-Majorit�t; und dann begreife ich nicht, was Ihr daheim wollt, besonders wenn auch Ibsens reisen. Ich werde die Reise nach dem S�den f�r Euch bezahlen, falls sie jetzt stattfindet, d. h. diesen Herbst. — Nimm Dich in acht vor Arlbergs allzu offnen Vokalen; im �brigen hat er selbst eine brillante Gesangsmethode gehabt. Ob er irgendeinen hervorragenden Sch�ler hat, wei� ich nicht. Ich glaube, das einzige, was Deiner Stimme fehlte, w�re mehr Kraft in den Stimmb�ndern, und die k�me durch Elektrisieren und bei gr��erer k�rperlicher Gesundheit. — Aber Ihr versteht das ja besser, weil Ihr kundige Leute zu Rate ziehen k�nnt.

Ich stimme im wesentlichen mit Sigurd in der Beurteilung Bismarcks �berein. Nur schw�rme ich nicht, wie er, f�r das Gro�e, blo� weil es gro�, f�r das Interessante, blo� weil es interessant ist. Daf�r bezahle ich einmal Entree oder zweimal und bin fertig damit. Napoleon ist f�r mich um vieles bedeutsamer geworden, seit seine Psychologie so offenkundig vor allen liegt, da� wir den tiefen menschlichen Zusammenhang sehen, den Zusammenhang des Herzens, des Charakters mit den g�renden, schaffenden M�chten der Zeit nach allen Seiten hin. Etwas �hnliches ist es mit Bismarck; das ist es, was ihm immer Bewunderung sichern wird.

Dein B. B.

Liebe Bergliot! Ich schrieb gerade an Graf Prozor: da� der Phantast Lugn�-Po� und die ganze franz�sische Kom�die mit norwegischen St�cken zu uns kommen, ist eigentlich zum Lachen. Ich ahnte, da� sie nicht einmal gut spielen. — Eine Affektation ist das, die mir so zuwider ist, da� ich mich einfach abwende. Und nun folgt eine Reaktion, da� es in allen Fugen kracht. — Aber das �rgerlichste ist, da� wir eine Rolle dabei spielen sollen; das m��te schon eine ganz andere sein! Nun ja, ich will nicht weiter dar�ber reden; es wird genug geredet. Ich verfolge das in allen Literaturen und sehe den Umschlag kommen. Die Gesch�ftigkeit der Juden und ihre Begeisterung bei all dem h�tte uns mi�trauisch machen m�ssen. Nun — die Abrechnung wird schon kommen. —

Wir ziehen also s�dw�rts — zum letztenmal. Noch einmal mag ich nicht. Aber solange wollen wir drau�en leben, als die Verh�ltnisse daheim keine Gefahr bergen, oder klar sind. Es w�rde mich nur st�ren; ich habe Hemmungen genug. Mit meiner Arbeit geht es gut.

Unsere innigsten Gl�ckw�nsche zu Eurem Hochzeitstage! M�ge es Euch alles in allem so wohl ergehen, wie es doch Summa Summarum uns gegangen ist! Es ist eine fruchtbare Lebensreise, die hinter uns liegt; etwas lebt nach uns — und mehr wird noch kommen.

Ja, das ist wahr, immer habe ich vergessen, von dem Ringe zu erz�hlen. Ich entdeckte ihn durch einen Zufall unter Mutters merkw�rdigem Krimskrams und war ganz erschrocken, da� sie ihn mitgenommen hatte. Denn ein solcher Gegenstand war zu verlockend zum Stehlen; ich bat sie, entweder ihn nach Hause zu schicken oder ihn zu tragen. Sie wollte beides nicht, und so nahm ich ihn an mich, lediglich, um ihn aufzubewahren. Freude hatte ich keine daran; ich kann ja nicht sehen, da� er leuchtet; das k�nnen blo� die anderen. Allm�hlich ist er mir vertraut geworden einfach dadurch, da� ich morgens und abends an ihn denke, so da� er ein Teil meines t�glichen Lebens geworden ist. Aber Du kannst ihn wiederhaben, sobald Du willst. Es ist buchst�blich nur Verge�lichkeit, da� ich nicht eher davon geschrieben habe. — Mildes, herrliches Herbstwetter, wie der Sp�tsommer bei uns daheim. Gr��e S�rensen!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, so oft schon wollte ich Dir von Deinem alten Freund Dr. N. N. erz�hlen.

�u�erlich g�nzlich unver�ndert. Nur kann man jetzt �berhaupt nicht mehr mit ihm reden, ohne da� er wie zuf�llig hinwirft, er sei neulich nach S.... zur K�nigin berufen worden, die ihn nicht habe wieder weglassen wollen; er mu�te den Vorwand gebrauchen, da� er nach London zu einer Konsultation m�sse, und merkw�rdig genug, als er abreisen wollte, bekam er wirklich ein Telegramm von Lord Dufferin. Dieser Lord Dufferin segelte mit ihm den Sommer �ber im Golf von Neapel; aber N. N. mu�te ihn auf Capri absetzen, weil er zur F�rstin Ruspoli nach Rom berufen wurde. Als ich wieder einmal mit N. N. sprach, war gerade einer von Amerikas jungen Milliard�rs�hnen zum erstenmal nach Rom gekommen, lediglich, um Dr. N. N. zu konsultieren; er litt an Trunksucht und wollte keinem andern folgen als Dr. N. N., und jetzt folgt er sogar seiner Mutter, weil Dr. N. N. ihm das befohlen hat; N. N. erwartet 10000 Dollars Honorar.

Er wohnt an der spanischen Treppe „in der Wohnung, in der der englische Dichter Keats starb; obendr�ber wohnte Shelley“. Wenn man zu N. N. kommt, liegen Keats und Shelleys Gedichte ganz zuf�llig aufgeschlagen da; beides Prachtb�nde von h�chster Eleganz. Eine ungeheure Schale mit Visitenkarten begr��t einen im Vorzimmer; zu oberst die Gladstones, — man sollte glauben, er sei erst gestern bei N. N. gewesen. Dr. N. N. f�hrt entweder mit zwei Staatspferden oder mit zwei Ponys aus. Neben ihm sitzen entweder die Kronprinzessin von X. oder seine zwei Hunde, ein kleiner und ein gro�er von Englands edelstem Blut, der kleine auf dem R�cksitz, der gro�e auf dem Vordersitz. Ein Groom sitzt auf dem Bock beim Kutscher, beide in Livree. N. N. selbst dagegen so einfach gekleidet wie Napoleon. Nie sieht man ihn einen Orden tragen, selten Handschuhe. Ganz zuf�llig, man kann sagen unversehens, erw�hnt er, was er der K�nigin, der Kronprinzessin, der F�rstin Ruspoli, dem amerikanischen Milliard�rsohn gewesen ist, oder er streift die Konsultation, die dem Tode des englischen Gesandten voriges Jahr hier vorausging, bei der Dr. N. N. Recht behielt und alle die anderen im Unrecht waren. So was kommt eben ganz ungewollt heraus, wie wir mitunter etwa erz�hlen, da� wir schon Mittag gegessen oder schon Kaffee getrunken haben. F�r einen Besuch erh�lt er 50-100 Lire oder mehr. Das Geld liegt im ganzen Zimmer herum, zum Teil zusammengekn�llt. Oft nimmt er auch kein Honorar. Was hat er denn weiter getan als seine Pflicht?! —

Er hat drei M�dchen, die alle einer Familie in A. angeh�ren, deren s�mtliche Mitglieder er gerettet hat. Der �brige Teil der Familie wohnt jetzt in seiner Villa dort. In A. kennt man nur einen Namen, und das ist der seine. (Neulich war ein Norweger dort und konnte niemand finden, der wu�te, wo Dr. N. N.s Villa l�ge.) —

Ich bin einmal — sage: einmal bei N. N. gewesen; somit hat er nun auch meine Visitenkarte in seiner Schale; sp�ter hatte er keine Verwendung mehr f�r mich und ich auch keine f�r ihn.

Lebe wohl, liebe Bergliot. Gott beh�te Dich!

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, ich meine, Du solltest jetzt die Bekanntschaft einer Dame suchen, die Dich begleiten und mit Dir hierher kommen k�nnte und �berhaupt sich an Dich und uns so anschl�sse, da� sich daraus eine Tournee entwickeln lie�e, wenn die Zeit kommt. Am liebsten m�chte ich ja, sie w�re einigerma�en h�bsch, da� ich mich so ein bi�chen in sie verlieben k�nnte, denn das ist zu nett; aber da solche Damen meistens h��lich sind, mu�t Du wenigstens daf�r sorgen, da� sie in dieser Hinsicht nicht geradezu den ersten Preis verdient. Ihr Spiel mu� Seele haben, sonst taugt es nichts; aber sie selber mu� diskret und umg�nglich sein, sonst ist sie nichts f�r uns, wei�t Du. Wenn Du es darauf anlegst, mu�t Du schon eine finden k�nnen.

Liebe Bergliot, ich soll von Tankred gr��en. Ich machte ihn auf der Herreise f�r den Mj�sen verantwortlich. Jedesmal, wenn er verschwand, war das Tankreds Schuld, und er bekam Pr�gel daf�r, und jedesmal, wenn der Flu� wieder zum Vorschein kam, war er nur schnell um den Wald herumgelaufen, um ihn vor den Pr�geln zu retten. Tankred wurde nat�rlich dieses Spiels nicht m�de. Besonders spannend war es jedesmal, wenn die B�ume anfingen, die Aussicht aufs Wasser zu versperren, und ganz entsetzlich wurden die Pr�gel, wenn wir durch einen Tunnel kamen; dann hatte er den Mj�sen n�mlich weggeworfen. Kaum waren wir in Aulestad, so war Tankred auch bereits verschwunden. Um halb 10 kam er wieder herein — wir hatten ihn n�mlich total vergessen, wir hatten so vielerlei zu ordnen — und da war ihm schlecht und er war sehr bla�. So m�de war er! Heute um 6 Uhr h�rte ich, wie ein Rouleaux in die H�he gezogen wurde. Was meinst Du wohl? Das war er! Um 8 Uhr gelang es uns endlich, ihn zum Fr�hst�ck einzufangen. Aber er hatte nur gerade Zeit, einen Bissen zu essen! Die K�he sollen auf die Alm, und Gott wei�, was alles ihn jetzt in Anspruch nimmt. Wir denken so: er mag den ersten Rausch austoben. J�rgen und Else traben mit. Er freute sich, als er Arne in Jungenskleidern sah und gab sich eine Weile mit ihm ab. Aber weil Arne glaubte, Tankreds Ball sei lebendig und deshalb sich nicht mitzuspielen getraute, war Tankred dieses zu dummen Verwandten bald �berdr�ssig.

Ja, weiter w�re nichts zu berichten. Gr��e Sigurd!

Liebe Bergliot, Dank f�r neulich; — ich habe oft Deines Mannes Gewissenhaftigkeit bewundert, aber niemals wie jetzt, da ich sehe, da� die Verhandlungen, die ihn verhinderten, am 6. mit Dir hierher zu kommen, erst am 15. er�ffnet werden sollten.

Hier sitze ich und beantworte die allern�tigsten Briefe; sie sind (bis auf einen, von den Professoren an der Hochschule in G�teborg) alle aus Kristiania. Telegramme sind es 727, sagt Mutter; ich m�chte wissen, wie viele darunter von Gesellschaften und Vereinen. Die Briefe sind Legion; ich mu� ja einmal daran.

Vorl�ufig arbeite ich f�r Alexander Kielland. Die 40000 geerbt haben pro Kopf, sind seine Geschwisterkinder, und die haben ein paar Verwandten zu helfen, die h�chst bed�rftig sind. Alexander Kielland hat in allen diesen Jahren mit einem Einkommen von 4000 Kronen dagesessen und hat davon bis zu 600 Kronen Steuern zahlen m�ssen. Ich glaube nicht, da� er so sehr zu tadeln ist. Er h�tte wohl etwas tun sollen, ehe die Schulden bis 10000 angewachsen waren. Aber nun sind sie es, und wir m�ssen helfen.

Ich habe eine Bitte an Dich: geh zum Gro�kaufmann S�rensen. Der biedere Mann wird mir vielleicht helfen, wenn er h�rt, da� ich nicht vom Flecke komme, bis ich die 10000 beieinander habe, die in diesen Zeiten sehr schwer aufzutreiben sind — auch aus dem Grunde, weil wir mit einer gewissen Diskretion vorgehen m�ssen. Ich wende mich am liebsten an reiche Norweger au�erhalb Norwegens. Leg’ ihm ans Herz, da� Alexander Kiellands Konkurs jetzt ihn um seine Stellung bringen w�rde und eine Schande f�r das ganze Land w�re. Daf�r arbeite und arbeite ich. Sag’ ihm, da� ich ein gewisses Recht habe, andere um Hilfe zu bitten, weil ich selbst Kielland mehrere Male geholfen habe; so zahlte ich ihm damals, als er seinen Dichtersold verlor, diesen Betrag das erste Jahr ganz allein aus.

Uns geht es gut nach der Reise. Hier ist es herrlich! Aber ganz Gausdal und ganz Gudbrandsdal sind ohne Wasser. Unter dem Blachfrost sind alle Quellen ausgegangen. Die Gausa ist fast wasserleer; die Fabrik steht still. Unsere Wasserleitungen auf dem Hofe laufen auch bald nicht mehr; blo� das Wasser, das wir aufgespeichert haben, der Neversee, gibt noch was her. W�re nicht im Herbst in den Damm ein Loch gekommen (durch eine tiefe Sandader, die durchbrach), so h�tten wir bis zum April Wasser gehabt. Jetzt haben wir kaum bis Mitte Januar. Wir haben eine schwedische M�hle, die Tag und Nacht geht; im ganzen Kirchspiel ist nur die eine. Wenn das Wasser ausgeht, bringen wir den Motor an, also mahlen wir den ganzen Winter f�r andere. Wenn doch die M�hlen erst fertig w�ren; jetzt meinen alle, wir m��ten versuchen, sie aufzustellen, was h�chstens 5000 Kronen kosten k�nnte. Aber die habe ich eben nicht.

Das n�tige Wasser f�r Haus, Viehstall und Pferdestall mu� den ganzen Winter �ber angefahren werden! Eine herrliche Aussicht! Wahrscheinlich aus dem Flu�, — falls �berhaupt so viel da ist, wenn die Zeit kommt! Gr��’ Sigurd und Deine Kinder von uns.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, in diesem Augenblick schickt Midling in Hudiksvall (ein Mann, den Treschow t�richterweise verabschiedet hat, und der nun Million�r ist) 1000 Kronen f�r Alexander Kielland. Ich darf hoffen, ich habe in diesem Augenblick 9000 Kronen. Auf jeden Fall habe ich 7000.

Und ich finde, Ihr beide, Du und S�rensen, m��tet elende Patrioten und Waschlappen sein, wenn Ihr mich nicht mit einer gleichen Summe �berrascht. Midling sandte das Geld in einem Schein. Konsul Fredrik Hansen ist Kassierer, aber Ihr m��t den Schein an mich schicken. Ich mu� ihn in der Hand halten, weil er f�r Alexander Kielland ist, den ich liebe.

Also: Tankred war zu Ball; dort verliebte er sich. Er sah „sie“ tanzen; er lie� sie nicht aus den Augen, er legte seinen Kopf in Lizzies Scho� und fl�sterte: „Ist sie nicht entz�ckend?“ Gleich darauf f�gte er hinzu: „Jetzt will ich auch tanzen lernen.“ Als sie ihn mit nach Hause nehmen wollten, w�hrend sie noch dablieb, weinte er. Erling, der sehr erfahren ist in Liebessachen und deshalb Mitleid hatte, nahm sich seiner an, und er durfte bleiben. Als ihn Erling sp�ter in seinen Pelz wickelte und ihn so mit ins Hotel nahm, war er so m�de, da� man ihn ausziehen mu�te, und er flehte, man m�ge ihm das Waschen erlassen, was Erling — immer voll Mitleid — auch bewilligte, zum tugendsamen Entsetzen der beiden Dienstm�dchen, seiner Vorm�nder.

Ach so, — also die Unionssache sollte zuerst am achten behandelt werden und wurde dann auf den f�nfzehnten verschoben. Verzeihung!

Dagny hat ihren Koffer bekommen.

Euer Freund Vater.

Du V�glein, wenn der Lenz begann,

Mit all den Deinen pflegst du dann

Zum alten Hof zu eilen

Und schwelgst in anmutvollem Sang,

Voll Jugend und voll Jubelklang,

Hier wieder zu verweilen.

Verleih’ das Gl�ck dir Heil und Kraft,

Da� sich zum Himmel unerschlafft

Die hohen T�ne schwingen,

Die deinem �berflu� entspr�hn

Als Zeugen, da� du grad so k�hn

Im Handeln wie im Singen.

Bj�rnstjerne Bj�rnson.

Ich befinde mich so wohl in Rom, da�, wenn blo� auch die Arbeit sich in das Klima und die Natur schicken will, man mich nicht wieder nach Hause kriegt.

Herrgott, wie schmutzig mir von hier aus die norwegische Politik vorkommt, wie ich das stolze herrische Wort im Storthing vermisse! Ich fange an, mich nach gr��eren Staatswesen zu sehnen.

Dieser Brief ist eben so sehr f�r Dagny wie f�r Dich. Ich sehne mich so nach ihrem klaren, offenen Charakter, dem alles Kleine klein ist. Und so schrecklich nach ihren Jungens. Ich habe die feste �berzeugung, da� wir uns bald sehen werden. Aber es freut mich, da� die Jungens Aulestad wieder lieb gewonnen haben dank ihrem Winteraufenthalt. Es wird ihnen unverge�lich bleiben, was sie jetzt erlebt haben.

Eine gro�e, schwere Arbeit habe ich jetzt vor. Gelingt sie, dann wird sie einem gro�en Gedanken, einem gewaltigen Gegensatz Geh�r schaffen. Aber ich kann nicht sagen, da� es schnell vorw�rts geht. — Mutter ist hier ganz flott und frisch geworden; gedeiht und schl�ft und schwatzt, als w�re sie wieder jung. Wir haben viele gute Freunde, und mir ist sogar der Rom-Geruch lieb wie Wein. Bald ist die Luft so mild, da� wir in ganzen Karawanen in die Kneipen vor die Stadt ziehen, Speckeierkuchen und Artischocken essen und Landwein trinken. Marias Makkaroni duften aus der K�che. Wir wollen essen.

Euer Freund Vater.

Liebe Bergliot, mit dem Buche habe ich Euch nicht vergessen, sondern die Sache verhielt sich so: Collin und Naerup, besonders der erstere, teilweise auch Bj�rn, wollten nicht, da� ich es herausgeben solle, „ehe es fertig sei“. So war es zu schlecht. Besonders Collin war rein verzweifelt. Nun wu�te ich ja, da� sie falsch sahen; aber ich bekam es doch so satt, da� ich es lange Zeit niemandem schickte. Auch habe ich nicht ein einziges Wort in einer Zeitung dar�ber gelesen. So ist es zugegangen.

Nach und nach habe ich dann so viele Telegramme und Briefe dar�ber bekommen, da� ich meine gute Laune wiedergewonnen habe; aber ganz �berwunden habe ich es noch nicht. Ich habe seitdem nicht wieder an Collin schreiben k�nnen, und bringe es gewi� auch noch lange nicht fertig. In diesem Augenblick sind 9000 Exemplare von dem Buche verkauft. Bis zu Weihnachten werde ich also �ber 10000 verkauft haben, und damit ist unsre ganze Reise nach Italien bezahlt.

Wir sorgen uns so um Irenes Operation, ja wir sorgen uns so seit Deinem heutigen Brief, der die Nachricht brachte, so da� ich nicht arbeiten kann. Schreib, schreib!

Du unsre liebe Bergliot, niemals hast Du uns einen Brief geschrieben, der uns weher getan hat. Es ist ja zu dumm, denn jetzt ist es vor�ber. Aber der Gedanke, wie f�rchterlich es gewesen ist, reibt uns ganz auf. Wir sind eben alt geworden, und wir haben nicht mehr die Spannkraft, die uns nach diesem Eindruck wieder aufrichtet. Wir konnten nicht davon los. Oh, wie grauenvoll ist das gewesen! Ich erlebe das Ganze immer wieder von neuem. Ich komme nicht wieder heraus aus diesem Zimmer. Und der Tag im Bett und die Nacht, und die n�chste: ja, Du bist schwer gepr�ft, bei all Deiner Jugend. Du, die eigentlich immer fr�hlich sein m��te! Gr��e und k�sse Irene von uns! —

Was Du von Bostr�m erz�hlst, kam �beraus unerwartet. In dem Brief von Michelsen, den ich k�rzlich erhielt, war eine Andeutung; aber ich ahnte nicht, da� sie auf Bostr�m ging.

Ist denn kein schwedischer Mann da von Ansehen, der uns das Wort redete? Der sich einsetzte f�r ein gutes Verh�ltnis? Haben wir immer noch kein Verst�ndnis gefunden bei den leitenden M�chten! Ich glaubte, das sei jetzt vorbei.

Aber Irene, die kleine Irene, sie jagt alle diese K�mmernisse in den Wind. Sie nimmt sie alle in Anspruch im Verein mit Dir.

Dein Freund Vater.

Liebe Bergliot, ich denke so viel an Euch. Sigurd seinerseits und Du Deinerseits, m�ht Euch so schrecklich ab. Und die Kinder halten Euch so in Atem.

Ich bitte um etwas flei�igere Nachrichten. Es bedarf nicht vieler Worte; aber ein bi�chen �fter, so lange diese Spannung andauert. Auch die politische.

�ber Bostr�m sagte ich zu Blehr, er sei wie Frau Wolf. Er weint vor R�hrung, und im n�chsten Augenblick ist es vergessen. Er ist zwei verschiedene Menschen in einer und derselben Stunde. Der Charakter und Staatsmann ist Lagerheim. Jetzt, da er geht, wird dies gewi� allgemeiner verstanden. Das merke ich an Tor Hedberg, der hier ist.

Um eins m�chte ich Dich bitten, und zwar recht herzlich. Ich habe Sigurd Ibsen nicht dazu bringen k�nnen, Adolf Hedin zu besuchen. Ich finde das politisch unrichtig, ich finde es anst��ig. Keiner ist f�r Norwegen so eingetreten wie er, und zwar seit seiner fr�hsten Jugend. Ich bin sicher, Sigurd w�rde nach einer halbst�ndigen Unterredung mit ihm sagen: das ist der begabteste und interessanteste Mensch in Schweden.

Aber Adolf Hedin hat unter seinen menschlichen Eigenschaften auch die, da� er mein �ltester und bester Freund in Schweden ist. Deshalb sollst Du zu ihm gehen, Bergliot. Du hast Deinen eignen Kopf und Dein eignes Herz, und beide sind ein bi�chen verwandt mit meinen. Geh Du zu ihm und plaudre eine halbe Stunde mit ihm. Nimm etwas Obst mit oder ein paar Blumen und gr��e ihn von mir, wenn Du ein liebes M�del sein willst.

Ich habe viel �rger und gro�en Zeitverlust gehabt durch die Finnl�nder: sie haben L’Europ�en zu einer Tageszeitung umschaffen wollen!!! Da der Redakteur keine Bestimmung in den Statuten durchsetzen konnte, die diese Art �berraschungen verhinderte, stiftete er einen neuen L’Europ�en. Mir will sein Vorgehen nicht gefallen; aber zwei L’Europ�en sind schlimmer als gar keiner, deshalb h�tten die Finnl�nder einen Ausgleich suchen m�ssen. Nein, die wollen Kampf und Sieg —! Und verlieren dabei so ungeheuer viel. Ich kann sie nicht soweit bringen, das einzusehen. Sie stehen von vornherein nicht gut in der �ffentlichen Meinung; nunmehr wird das noch schlimmer. Je eher dieser Zwist aus der Welt kommt, desto besser. Ja, ja, nichts als Spektakel und Rechthaberei! Gr��e Tankred und Irene.

Dein B. B.

Liebe Bergliot, Mutters Geburtstag; sie liegt noch im Bett mit einer gro�en goldenen Kette um den Hals und eine Uhr daran. Mein Geschenk.

Wir sind beide so ungl�cklich �ber die kleine Irene. Das einzige, was ich mir zum Troste sagen kann, ist, da� bei einem energischen und begabten Menschen ein Sch�nheitsfehler die Folge haben kann, da� sein Wille st�rker und sein D�nkel geringer wird. Vielleicht ist es eine Gabe f�r ihre Zukunft — und ein Schutz. Einer vollendeten und bewu�ten Sch�nheit drohen viele Gefahren, vor allem in ihrem eigenen Seelenleben; ich sitze gerade �ber der Schilderung einer solchen. Denkt dar�ber nach, Ihr beide.

Dein Freund Vater.

Mein lieber, lieber Singvogel, am elften September kommen alle Kinder hierher, auch Bj�rn. Aber nicht Du, die mehr Fest mitbringt, als alle die anderen zusammen.

Hier ist es so wundervoll jetzt, da� ich mich einer �hnlichen Fruchtbarkeit nicht entsinnen kann, oder einer Reihe von so gleichm��igen, leuchtenden Tagen. Hier ist neu gestrichen und aufgefrischt au�en und innen. Es mag ein Selbstbetrug sein, aber nirgends findet sich herzlichere, traulichere Gem�tlichkeit. Unten bei Thekla ist auch alles wie neu, und jedem, der dort eintritt jetzt, macht der Besuch reiche Freude. Sie ist so fr�hlich, gleichm��ig, gut, klug, da� Erling imstande ist, der Mann zu werden, den das Beste in ihm ahnen lie�, ohne da� er fr�her vermocht h�tte, es zu entwickeln.

Dann Dagny! In ihrem Salon mu�te ich mich sofort hinsetzen und schreiben; ich habe nie �hnliches gesehen. Entworfen von dem gro�en Maler Ingres zu Beginn des vorigen Jahrhunderts und eingerichtet mit Dagnys M�beln und mit ihrem Farbensinn. Ein Balkon die ganze Front entlang, auf den Hauptweg auf Longchamps zu, mit seinen baumreichen Alleen, und die Festungsw�lle und das Boulogner W�ldchen ganz nahe, so da� sie eigentlich in einem Walde wohnt und auf dem Lande. — Bei Th�res in Hamburg hatten wir es gro�artig. So gesunde, klare Menschen in �ppigen Verh�ltnissen. (Vier Automobile!) Hegels waren ganz besonders liebensw�rdig. Wir waren ihre G�ste im Hotel. Am letzten Tag Schriftstellerdiner bei Vilh. Andersen. Alle auf dem Bahnhof mit Hurra. Dasselbe Hurrawesen mit Musik dazu in Fredriksstad. Dort hielt ich eine meiner besten Reden, gut aufgelegt und vorbereitet. Bei Dikka diesmal �ber alle Ma�en herzlich und warm, und das Zusammensein mit der Verwandtschaft das denkbar Beste f�r uns beide. Die Rede auf sie wurde mit einer Dankbarkeit aufgenommen, die echt war. Sie war auch selbst echt, innig und scherzhaft, so da� wir alle durcheinander weinten und lachten. Ejnars Kinder sind hier. Prachtkinder. Gott, wie ist es hier sch�n und beseligend! Karoline schl�ft und kommandiert und legt Patiencen, aber i�t kein Fleisch. Heute abend Doktors und die B�leute.

Dein Freund Vater.

Also wer seine werbung dahinpacken will jetzt ist noch zeit

Im gleichen Verlag ist erschienen:
Bj�rnstjerne Bj�rnson
Gesammelte Werke
in f�nf B�nden.

Herausgegeben und eingeleitet von Julius Elias. Mit dem Bilde des Dichters. Gebunden 15 Mark.

1. Bd. GEDICHTE. ERZ�HLUNGEN: Thrond / Die gef�hrliche Freite / Synn�ve Solbakken / Arne / Der fr�hliche Bursch / Der Vater / Das Fischerm�del.

2. Bd. ERZ�HLUNGEN UND ROMANE: Der Falbe / Ein Lebensr�tsel / Staub / Ein schauriges Erlebnis / Mutters H�nde / Es flaggen Stadt und Hafen.

3. Bd. ROMANE UND ERZ�HLUNGEN: Auf Gottes Wegen / Mary.

4. Bd. DRAMEN: Zwischen den Schlachten / Sigurd der Schlimme / Die Neuverm�hlten / Ein Bankrott / Der K�nig / Leonarda.

5. Bd. DRAMEN UND BRIEFE: �ber die Kraft, erster Teil / �ber die Kraft, zweiter Teil / Geographie und Liebe / Paul Lange und Tora Parsberg / Laboremus / Wenn der neue Wein bl�ht / Briefe aus Aulestad an seine Tochter Bergliot Ibsen / Nachwort.

Spamersche Buchdruckerei in Leipzig

Anmerkungen zur Transkription

Der Originaltext ist in Fraktur gesetzt. Im Original g e s p e r r t hervorgehobener Text wurde in einem anderen Schriftstil markiert.

Die Schreibweise und Grammatik des Originals und auch die Verwendung der im Deutschen gebr�uchlichen Umlaute � und � anstatt der im Norwgischen verwendeten � und � in Eigennamen wurden weitgehend beibehalten. Lediglich offensichtliche Druckfehler wurden, teilweise unter Verwendung des norwegischen Originaltextes, korrigiert wie hier aufgef�hrt (vorher/nachher):